Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
aus der Wohnung holen. Das ist der Grund dafür, dass ich hier bin.“
„Um ein Polizeisiegel zu brechen, ist das trotzdem eine ziemlich dünne Erklärung“, meinte Jürgen.
„Ach wirklich?“
„Sie sehen ja, was jetzt passiert ist.“
„Ich sitze in Handschellen hier.“
„Sie haben uns mit einer Waffe bedroht.“
„Eigentlich wollte ich in diese Sache nicht hineingezogen werden.“
„Nach der großen Liebe hört sich das mit Ihnen und Rademacher ja nicht an“, sagte Olli.
„Ach – und Sie können das beurteilen?“, fauchte sie.
Olli sah sie an. „Es scheint Ihnen ziemlich gleichgültig zu sein, wer Ihren Freund umgebracht hat.“
„Stattdessen war es Ihnen nur wichtig, ein paar persönliche Dinge aus Herrn Rademachers Wohnung verschwinden zu lassen“, ergänzte Jürgen.
Olli sagte: „Ich muss sagen, bei diesem hohen Grad an gegenseitiger Verbundenheit kommen mir schon fast die Tränen. Scheint ein richtiger Glückspilz gewesen zu sein, der Herr Rademacher. Ich meine, dass er Sie kennengelernt hat...“
„Manche Frauen sollen ja emotional sehr stark klammern“, meinte Jürgen. „Wie gut, dass Herr Rademacher bei Ihnen dieses Problem nicht gehabt haben dürfte. Jemand, der so eiskalt ist, wie Sie, hat als Partnerin für einen Polizisten doch auch ein paar Vorteile... Er konnte sich dadurch sicherlich auch voll in seine Einsätze stürzen, da er genau wusste, dass der keine trauernde Witwe hinterließ...“
„...sondern eine Frau, die nach seinem Tod auch noch die Wohnung aufräumt“, ergänzte Olli sarkastisch.
„Wollen Sie mich jetzt verarschen?“, fragte Christine Wistanow.
„Sinn für Ironie hat sie jedenfalls nicht“, sagte Jürgen.
„Nee, hat sie nicht“, bestätigte Olli.
„Sonst würde sie so eine Frage nicht stellen, Olli.“
„Würde sie nicht“, meinte Jürgen Carnavaro.
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Wenig später trafen Annemarie O'Hara und Fred LaRocca ein. Etwa zeitgleich war auch das Team der Ermittlungsgruppe Erkennungsdienst am Tatort.
Annemarie führte eine gründliche Durchsuchung bei Christine Wistanow durch.
Außerdem wurden Fingerabdrücke genommen.
Christine Wistanow protestierte dagegen zwar ziemlich lautstark, aber das war zwecklos. Als Kommissarin Annemarie O’Hara Christine gegenüber klarmachte, dass die erkennungsdienstliche Behandlung auch im Präsidium durchgeführt werden könnte, ließ diese ihren Protest verstummen.
„Juristisch gesehen war das, was Sie getan haben, ein Einbruch und ein bewaffneter Angriff auf zwei BKA-Kommissare. Hinzu kommt noch ein Verstoß gegen das Waffengesetz“, erklärte Annemarie.
„Ich habe den .22er, um mich verteidigen zu können!“
„Die Gesetze sind für alle gleich und verbieten den Besitz von Schusswaffen, es sei denn Sie haben dafür eine Erlaubnis. Und von der haben wir bislang nichts gesehen. Ich fürchte, wir werden da auch wohl nichts mehr zu sehen bekommen...!“
„Sie können mich mal!“
„Sie werden sich auf einigen Ärger einstellen müssen und kümmern sich am besten schon mal um einen Anwalt. Aber vielleicht unterstützen Sie uns ja auch noch ein bisschen bei der Suche nach dem Mörder des Mannes, den Sie als Freund bezeichnet haben.“
„Vielleicht werden Sie und Ihre Kollegen für diese unrechtmäßige Festnahme sich auch noch vor einem Richter verantworten müssen!“, fauchte sie.
„Es steht Ihnen jederzeit frei, sich zu beschweren oder rechtliche Schritte einzuleiten. Aber ich empfehle Ihnen dringend, sich vorher juristisch beraten zu lassen“, lautete Annemaries ausgesprochen kühle Erwiderung.
Fred LaRocca führte in einem Nebenraum mit seinem Laptop eine Online-Abfrage durch.
Jürgen Carnavaro sah ihm dabei über die Schulter.
Annemarie kam herein, ging zu den beiden Kommissaren hin und fragte: „Was machen wir jetzt mit ihr?“
„Irgendetwas stimmt nicht mit ihr“, meinte Jürgen. „Unser System zeigt uns mehrere Verurteilungen wegen Beischlafdiebstahl an. Einmal hat sie einen Freier ausgeraubt und dafür auch eine Weile gesessen... Eine Prostituierte, die sich den Akten nach auch schon als Erpresserin zu betätigen versucht hat...“
„Es könnte sein, dass Habgier bei diesem Einbruch das Motiv war“, glaubte Fred LaRocca.
„Aber ich habe nichts bei ihr gefunden, das darauf hindeutet“, wandte Annemarie ein. „Also ich meine: Diebesgut. Die Beute eben.“
„Dann sind wir ihr eben zuvor gekommen“, entgegnete Jürgen. „Sie kommt mit auf das Präsidium. Die Waffe wird beschlagnahmt und ballistisch überprüft. Durch das, was wir bei ihr an Vorstrafen haben, ist ihre Version, wonach sie Rademachers liebende Gefährtin war, wohl ziemlich zweifelhaft.“
„Spätestens morgen ist sie gegen Kaution wieder draußen“, gab Annemarie zu bedenken.
„Ja, aber bis dahin haben wir vielleicht ein paar Punkte geklärt.“
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