Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
Unser Kollege Max Herter kam herein.
„Ich habe über Heinrichs zusammengetragen, was sich auf die Schnelle finden ließ“, erklärte er. „Kurt Heinrichs, 42 Jahre alt, wurde seinerzeit im Zusammenhang mit der Schießerei im Club ‚El Abraxas’ nur als Zeuge vernommen. Er gilt als ein Mann von Benny Farkas. Bisher ist er nur wegen Drogenhandels, Körperverletzung und dergleichen verurteilt worden. Dass er mit Waffen dealt ist neu.“
„Adresse?“, fragte Kriminaldirektor Bock.
„Eveline Brenner Straße Nr. 443. Die Angabe ist drei Jahre alt. Seitdem hat er sich nicht mehr erwischen lassen. Ich habe versucht, den zur Adresse gehörenden Festnetzanschluss anzurufen, aber da meldet sich nur eine Frauenstimme, die ausschließlich Russisch sprach.“
„Wir könnten Heinrichs’ Bild mal herumzeigen, wenn wir den Club ‚El Abraxas’ besuchen!“, schlug Rudi vor.
„Es gibt übrigens noch ein paar Neuigkeiten zu Rademacher“, erklärte Max Herter. „Bei der Hausdurchsuchung wurden seine Kontoauszüge sichergestellt, die keinerlei Auffälligkeiten verrieten. Aber laut Auskunft seiner Bank besaß er ein Guthaben auf den Cayman Islands von mehreren Millionen Euro. Dazu gehört auch eine auf seinen Namen eingetragene Immobilie.“
„Soll das bedeuten, dass sich Rademacher darauf vorbereitet hat, auf die Cayman Islands überzusiedeln und dort einen sonnigen Lebensabend zu verbringen?“, fragte Jürgen.
„Ja, wobei natürlich die Frage ist, für wann das geplant war“, nickte Max. „Es sind bis kurz vor seinem Tod regelmäßig Bar-Überweisungen dorthin gemacht worden. Immer nur Beträge, die nicht gemeldet werden müssen – aber dafür regelmäßig.“
„Das könnte bedeuten, dass er sein Erpresser-Geschäft weiter betrieben hat“, vermutete ich.
„Dafür spricht auch die Auswertung der Anruflisten seines Apparates auf seiner Dienstelle“, ergänzte Max. „Er hatte intensiven Telefonkontakt zu mehreren Prepaid-Handys, die sich nicht weiterverfolgen lassen. Außerdem sprach er häufig mit seinen Kollegen Maybaum und Subotitsch. Mit ihnen hielt er offenbar auch über die Versetzung hinaus regen Kontakt. Zuletzt übrigens in der Mordnacht.“
„Mit beiden?“, wunderte ich mich.
„Ja. Kurz bevor er das Revier verließ, wurde er vom Anschluss einer gewissen Ludmilla Gerighauser aus Berlin angerufen.“
„Eine Verwandte von Ede Gerighauser?“, fragte Kriminaldirektor Bock.
Max zuckte mit den Schultern. „Sie ist in unseren Dateien nicht als eine seiner Angehörigen aufgelistet.“
„Bevor wir uns heute Abend im Club ‚El Abraxas’ umsehen, könnten wir das doch abklären“, schlug ich vor. „Liegt doch ohnehin auf dem Weg.“
„Wenn Sie und Rudi das übernehmen wollen – gerne“, sagte Kriminaldirektor Bock.
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„Der letzte Fleck auf Tannous' Weste ist der Ausraster auf dem Parkplatz vor drei Jahren. Ansonsten ist da leider nichts, Rudi! Und gleichzeitig gilt er als einer der Aufsteiger in Farkas’ Organisation! Wie kann das sein?“
„Wäre doch nicht das erste Mal, dass jemand, der innerhalb des organisierten Verbrechens aufsteigt, sich nicht mehr selbst die Hände schmutzig macht, Harry!“
„Und das im wahrsten Sinn des Worts, denn der Schmauchspurentest war ja negativ...“
„Er könnte natürlich die Waffe irgendwo anders als in seiner Wohnung deponiert und Latexhandschuhe beim Schuss getragen haben – aber das ist doch alles recht weit hergeholt, Harry. Reza Tannous mag ein Gangster sein, aber ich glaube, mit dem Mord an Rademacher hat er nichts zu tun.“
„Das einzige, was ihn im Moment noch mit dem Fall in Verbindung bringt ist Christin Wistanow und die Herkunft ihrer Waffe. Die Rolle, die diese Frau in dem Fall spielt, durchschaue ich ehrlich gesagt noch nicht so recht.“
„Vielleicht sehen wir klarer, wenn wir den Mann auftreiben, der ihr nach Tannous’ Aussage die Waffe verkauft hat.“
„Dann sehen wir auch, wie glaubwürdig Reza Tannous ist!“, meinte ich.
Rudi zuckte mit den Schultern. „Nicht unbedingt! Dieser Kurt Heinrichs wird doch alles abstreiten und es wird schwer sein, ihm irgendetwas zu beweisen.“
„Konzentrieren wir uns auf Gerighauser.“
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Wir erreichten die im sechsten Stock gelegene Mietwohnung von Ludmilla Gerighauser.
Eine Frau in den Dreißigern öffnete uns. Zwei Jungs im Alter von sieben oder acht Jahren tobten auf dem Flur herum. Die Mittdreißigerin rief ihnen etwa auf Russisch zu, woraufhin sie uns zunächst scheu ansahen und anschließend in einem Nebenraum verschwanden.
„Harry Kubinke, BKA. Dies ist mein Kollege Rudi Meier.“
„BKA?“
„Bundeskriminalamt. Polizei.“
„Ich habe nichts verbrochen! Was wollen Sie hier? Meine Jungs sind noch Kinder und...“
„Einen Moment, wir sind nicht hier, um Sie zu beschuldigen“, versicherte