Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
auf mich wenig überzeugend.
Ich lachte heiser. "Was soll schon anders daran sein? Soviel habe ich begriffen: Am Ende ist jemand tot." Ich schüttelte den Kopf. "Das ist nichts für mich!"
"Aber Sie könnten es!"
"Ich habe das Töten gelernt. Leider so ziemlich das einzige, was ich gut kann." Ich zuckte die Schultern und verzog das Gesicht zu einem sehr dünnen Lächeln. "Im Zivilleben nicht sehr gefragt, würde ich sagen."
"Haben Sie eine Ahnung!"
"Aber Sie wissen Bescheid, ja?"
Er lächelte seltsam. Ganz kurz nur. Es war das erste Mal, dass so etwas wie eine Regung auf seinem Gesicht erschien.
"Für jeden ist es irgendwann das erste Mal, oder irre ich mich?"
Ich fragte kühl zurück: "Halten Sie mich für so verkommen?"
"Ja." Er war sich seiner Sache sehr sicher und schien nicht den geringsten Zweifel daran zu haben, dass ich genau der richtige Mann für ihn war.
"Tut mir leid", sagte ich. "Ich schätze, Sie müssen sich jemand anderen suchen, um die Schweinerei auszuführen, die Sie durchziehen wollen." Seine blassblauen Augen musterten mich kühl. Er dachte nicht im Traum daran, mich von der Angel zu lassen. So einfach nicht.
"Sie sind ziemlich abgebrannt, nicht wahr?", stellte er fest. "Finanziell meine ich."
"Um das Frühstück hier zu bezahlen reicht es gerade noch!", gab ich gallig zurück. Ich fragte mich, woher er soviel über mich wusste. Er war wirklich gut informiert, das musste der Neid ihm lassen. Er griff in die Innentasche seines dunkelblauen Jacketts und nahm einen offenbar vorbereiteten Umschlag hervor. Dann schob er ihn mir über den Tisch.
"Bitte, nehmen Sie es."
"Was ist das?", fragte ich.
"Das sind fünftausend Mark."
Die Sache wurde immer verrückter.
"Wofür?", fragte ich. "Glauben Sie, Sie können sich für fünftausend Mark einen Killer kaufen? Ich glaube, bei Ihnen tickt es nicht richtig!"
"Das bekommen Sie dafür, dass Sie sich etwas durch den Kopf gehen lassen."
"Wäre das erste Mal, dass mich jemand fürs Denken bezahlt!"
"Dann strengen Sie sich mal schön an und stellen Sie sich eine halbe Million vor."
"D-Mark oder Lire?"
"Schweizer Franken."
Ich brauchte eine Sekunde, um das zu verdauen. Dann fragte ich: "Und dafür soll ich einen Mann umbringen?"
"Einen, der es verdient hat."
"Fragt sich nur, ob er das auch so sieht."
"Wer?"
"Der Mann."
Der Graue erhob sich. "Überlegen Sie es sich einfach. Ich werde wieder Kontakt mit Ihnen aufnehmen."
Er wollte gehen.
Ich rief: "Warten Sie!"
Er blieb stehen, kam zwei Schritte zurück. "Was ist noch?"
"Es ist eine wirklich große Sache, nicht wahr?"
"Das wissen Sie selber. Bei dem Preis."
"Warum nehmen Sie keinen Profi?"
"Ich will Sie!"
"Und warum keinen aus der Szene? Einen Erfahrenen. Wenn ich Sie wäre, würde ich das tun. Das Risiko ist doch viel geringer. Ich meine, ich bin sozusagen Anfänger. Ich könnte es verbocken."
"Das glaube ich nicht."
"Eine Antwort auf meine Frage ist das aber trotzdem nicht."
"Gewöhnen Sie sich die Fragerei ab. Hat man Ihnen das bei der Legion nicht beigebracht?"
Damit drehte er sich um und war weg. Ich stand ebenfalls auf und ging zum Fenster. In der Hand hielt ich noch den Umschlag mit den fünftausend Mäusen. Draußen sah ich den Kerl indessen in ein Taxi steigen.
Ich muss mir ins Ohr kneifen, dachte ich. Ich kniff. Aber geträumt hatte ich nicht.
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Später, in Tinas Wohnung, saß ich eine ganze Weile einfach da und dachte über diesen grauen Mann mit der dicken Brille nach. Aber so sehr ich meine Gehirnzellen auch anstrengte, es war ziemlich aussichtslos, dass ich darauf kam, wer er war. Ein Gangsterboss? Der Abgesandte eines Bosses? Der Abgesandte eines Abgesandten?
Nein, dachte ich. Die Sache war größer. Vorausgesetzt, er hatte es wirklich ernst gemeint, was er da von einer halben Million Franken gesagt hatte. Aber er schien es ernst zu meinen. Ich fühlte unwillkürlich an die Brust, wo ich den verdammten Umschlag mit den fünftausend Mäusen trug. Meine Gedanken bewegten sich im Kreis. Und im Zentrum dieses verfluchten Kreises war die halbe Million. Hier wollte nicht irgendein mittelschwerer Drogenbaron die Konkurrenz beseitigen. Also kam der Graue wahrscheinlich auch aus einem ganz anderen Milieu. Ich hatte es schon von Anfang an vermutet.
Instinktiv, sozusagen. Der Graue hatte etwas sehr Korrektes.
Etwas Beamtenhaftes, sozusagen. Und vielleicht war er das ja auch. Ein Beamter. Ein Geheimdienstler, der jemanden brauchte, der ihm die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holte.
Und warum ich? Die Frage hämmerte mindestens zum fünfhundertsten Mal in meinem Schädel. Warum ich und nicht ein ausgekochter Spitzenprofi? Der Graue musste noch Gesichtspunkte in seiner Rechnung haben, die ich nicht kannte.
Ich fühlte wieder den Umschlag.
Die fünftausend Mäuse verpflichten dich zu nichts, dachte ich. Also nimm sie und brauch' sie auf. Nachgedacht hast du ja. Damit ist dein Teil des Jobs erledigt. Dachte ich.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Sache so einfach gewesen wäre, aber natürlich wusste ich, dass dem nicht so war. Es hing ganz davon ab, mit wem ich es da zu tun hatte.
Vielleicht würden sie mir ebenfalls einen Todesengel vorbeischicken, wenn meine Antwort endgültig negativ ausfiel. Das konnte niemand ausschließen. Und die andere Sache waren die fünfhunderttausend Franken. Das war schon was. Damit konnte man neu anfangen. Andererseits musste derjenige, der diesen Job machte, das sicher auch. Aber ich hätte nichts dagegen gehabt. Nichts gegen die halbe Million und nichts gegen das Neu-Anfangen. Wäre mir auch ziemlich egal gewesen wo. Australien oder Südamerika, es hätte alles keine Rolle gespielt.
Später, als Tina nach Hause kam, saß ich noch immer ziemlich gedankenverloren da.
"Was