Handbuch E-Learning. Patricia Arnold
den Einsteigern auch entsprechende Unterstützungen zur Nutzung der Lernplattform angeboten werden. Entsprechende Apps der Hochschulen für mobile Endgeräte, die Auskunft über Dienstleistungen, Veranstaltungsübersichten, Sprechzeiten, wichtige Medien usw. geben, wirken unterstützend. Darüber hinaus können mittels geeigneter Informationstechnik und unter Einsatz von E-Learning die Qualität von (Massen-)Lehrveranstaltungen, die Zufriedenheit der Studierenden erhöht und ggf. Kosten für den Bildungsträger gesenkt werden. Im Laufe des Studiums kann die Selbstorganisation der Studierenden gestärkt und die Studienzeit sowie die Lehrorganisation dem Lernen angepasst werden. Die Mobilität der Lerner wird unterstützt, neue Lernendengruppen (z. B. berufsbegleitend Studierende) können angesprochen oder die Abbrecherquoten verringert werden. Nach Abschluss des Studiums hält das System über die technische Infrastruktur Weiterbildungsangebote oder Instrumente zur Unterstützung der Netzwerkarbeit für die Alumni bereit. Auch die hochschulübergreifende Nutzung von Studienmaterialien ist insbesondere für Studiengänge mit geringeren Studierendenzahlen ein Grund, ein solches System aufzubauen (Schulmeister 2007).
Es wird deutlich, welche Vorteile die technische Infrastruktur des E-Learning für die Gestaltung des Studentischen Lebenskreises bieten kann. Jedoch ist hierfür ein homogenes Angebot hilfreich, in das der virtuelle Bildungsraum eingebettet ist. Einzellösungen bergen u. a. die Gefahr, dass Lernende desorientiert zwischen verschiedenen virtuellen Bildungsräumen pendeln oder Fehler aufgrund nicht funktionierender Schnittstellen zwischen Bildungsraum und weiteren technischen Systemen entstehen, die nicht nur aufseiten der Lernenden für Missmut und Demotivation sorgen dürften. Daher empfiehlt es sich gerade in größeren E-Learning-Projekten, die Einzellösungen in ein Komplettsystem zu integrieren oder im Umkehrschluss ein System bereitzustellen, das individuell konfigurierbar ist und den jeweiligen Bedürfnissen gerecht wird.
3.7 Nutzung der Lernplattform
Neue Erfahrungen für Lernende und Lehrende
Eine technisch erfolgreich implementierte Lernplattform und deren Integration in den virtuellen Bildungsraum wird nicht schon deswegen (sinnvoll) genutzt, weil die Funktionen zur Verfügung stehen. Für die Akzeptanz ist es wichtig, dass Lernende und Lehrende verstehen, wie durch diese Funktionen Lern- und Lehrprozesse gestaltet und gefördert werden können und sie auf geeignete Unterstützungs- und Beratungsstrukturen, z. B. in E-Learning-Kompetenzzentren, zurückgreifen können. Einführungen zu Beginn der Nutzung des virtuellen Bildungsraums, vor allem der eingesetzten Lernplattform, sollten deshalb nicht nur die Funktionen erläutern, sondern auch darauf eingehen, wie diese Funktionen effektiv genutzt werden können. Dies betrifft sowohl Hinweise darauf, wie das System an einer Bildungseinrichtung oder in einem Projekt genutzt wird, als auch darauf, wie es kursspezifisch eingesetzt werden kann und welche Möglichkeiten es gibt, ggf. je nach Lerninhalt oder bevorzugter Arbeitsmethode auch individuelle Einstellungen vorzunehmen. Problematischer kann es werden, wenn Lernplattformen durch Einbindung externer Ressourcen durch die Lernenden erweitert und individualisiert werden, da hier nicht unbedingt technische und organisatorische Unterstützung angeboten werden kann. Lernende binden meist nur die Ressourcen zusätzlich ein, mit denen sie zu arbeiten gewohnt sind und die ihren Handlungsweisen entsprechen.
Erst durch die Beiträge der Lernenden wird eine Lernplattform lebendig und motiviert dazu, die verschiedenen Bereiche zu besuchen und sich an der Kommunikation zu beteiligen. Auch wenn die Nutzung des Internets und insbesondere der Austausch in sozialen Medien mittlerweile zum Alltag gehört, sollte nicht unterschätzt werden, dass es Lernenden fremdartig sein kann, sich insbesondere auf der Lernplattform in formalen Bildungsangeboten durch Beiträge in schriftlicher (z. B. in einem Diskussionsforum), auditiver (z. B. durch einen Podcast) oder visueller (z. B. durch ein Video) Form am Lernprozess aktiv zu beteiligen.
Frustrierende Erfahrungen zu Beginn lassen sich meist nur schwer ausgleichen, ebenso wie einmal etablierte Arbeitsroutinen im Umgang mit einer Lernplattform oft nur mühsam geändert werden können, auch wenn sie umständlicher oder zeitaufwendiger sind als andere Arbeitsweisen. Aus diesem Grund wird in den folgenden Abschnitten die Nutzung der Lernplattform aus den Perspektiven der unterschiedlichen Akteure betrachtet. Dies ist natürlich – je nach technisch eingesetzter Infrastruktur und Projekt – zu modifizieren. Dabei geht es an dieser Stelle nicht vorrangig darum, inwiefern sich z. B. die Betreuung, die Kommunikation usw. in virtuellen Lernszenarien ändert und was dabei zu beachten ist – dies wird in Kap. 6 ausführlich behandelt –, sondern um die Bedeutung der Funktionen der Lernplattform und deren Nutzung in virtuellen Lernszenarien.
3.7.1 Die Perspektive der Lernenden
Themen und Formen der Einführung in die Lernplattform
Lernplattformen stellen üblicherweise den Ausgangspunkt für die Gestaltung und Durchführung von E-Learning-Angeboten dar und sind damit erste Anlaufstelle für die Nutzenden. Mit dem ersten Besuch einer Lernplattform treten die Lernenden in eine neue (Lern-)Welt ein. Für diejenigen Lernenden, die noch keine Erfahrungen mit E-Learning haben, stellt die Arbeit auf einer Lernplattform eine Herausforderung dar. Bisher gewohnte Arbeitsprozesse wie z. B. das Auffinden von Informationen, der Umgang mit Arbeitsmaterialien, die Kommunikation und Zusammenarbeit in virtuellen Lerngruppen verlaufen anders. Auf alle diese Bereiche muss in einführenden Veranstaltungen – vergleichbar einer Einführungsveranstaltung für Studienanfänger an einer Präsenzhochschule – eingegangen werden. Idealerweise beschränken sich die grundlegenden Arbeiten der Lernenden auf Aktionen innerhalb der Lernplattform, da diese eine klare Rahmung für die Arbeitsbereiche bietet, an der sich Lernende orientieren können. Die Einführungen in die Arbeit mit einer Lernplattform können z. B. während einer Präsenzveranstaltung stattfinden, die natürlich auch weitere Themen (z. B. die Vergabe von Arbeitsaufträgen, die Besprechung der Lerngegenstände etc.) beinhalten darf, in die sich Praxisübungen integrieren lassen. Möglich ist auch eine Einführung als Online-Kurs, ggf. mit Möglichkeiten zum Üben und Ausprobieren. Begleitende schriftliche Unterlagen mit Abbildungen bzw. Screenshots können hilfreich sein.
Erklärt werden müssen alle Abteilungen der Lernplattform (Kap. 3.3) und die vorhandenen Funktionen und Instrumente sowie deren Nutzung im Lernprozess. Technische Aspekte der Instrumente wie die Unterstützung von Dateiformaten, Down- und Upload-Prozeduren, die Arbeit im eigenen Speicherbereich usw. müssen erläutert werden. Sofern vorhanden, sollte auf die Hilfefunktion des Systems oder die Unterstützung durch die Tutoren im Lernprozess hingewiesen werden. Dies ist notwendig, um Probleme bei der zukünftigen Erstellung, Sicherung oder Präsentation der Arbeitsergebnisse zu vermeiden. Die Lernenden müssen sich mit den Funktionsweisen des Systems auseinandersetzen und dabei im Laufe der Nutzung eigene, effiziente Arbeitsstrategien entwickeln. Aber auch weitere, aus dem virtuellen Bildungsraum in die Lernplattform aufgenommene Elemente (z. B. Einbindung von OER, externe Editoren usw.) müssen bzgl. der Nutzung vorgestellt werden.
Auch eine Einweisung in die Nutzung der Kommunikations- und Kooperationsinstrumente ist notwendig, z. B. in das Versenden von E-Mails über einen Verteiler oder notwendige technische Zusatzsoftware für die Nutzung geteilter Anwendungen wie z. B. einem Whiteboard. Für alle Funktionen gilt, dass das Lernen damit zunächst ungewohnt sein kann und erst eingeübt werden muss; so müssen z. B. virtuelle Gruppenarbeiten wegen des damit verbundenen Koordinationsaufwandes langfristiger angelegt werden, die Gruppenarbeiten in Präsenzgruppen und die gruppeninterne Kommunikation müssen auf die jeweiligen gemeinsamen Arbeitsphasen abgestimmt werden (siehe dazu ausführlich Kap. 6).
Alle Hilfefunktionen erläutern
Wie bereits beschrieben, sollen bei der Einführung in die Lernplattform alle Hilfefunktionen vorgestellt werden, d. h. sowohl Hilfestellungen des Systems als auch Frequently Asked Questions (FAQ), Online-Hilfen, Newsgroups usw., damit die Lernenden auch zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit haben, spezielle Fragen zu klären und sich weiter in die Lernplattform einzuarbeiten. Nicht zu unterschätzen ist hierbei die gegenseitige Hilfe durch die Lerngruppe, zu der von Anfang an angeregt werden sollte. Dazu können die FAQ für die Lerner editierbar sein, Linklisten mit Hinweisen zur Lösung von z. B. technischen Problemen im Internet gepflegt und erweitert werden oder über Kommunikationsformen