Kreativitätstechniken. Egon Freitag
mit anderen Personen. Jedoch kann auch beides verknüpft werden, indem die individuell ausgearbeiteten Lösungsvorschläge und Resultate in eine Gruppendiskussion eingebracht werden, oder wenn die schriftlichen Ideenausarbeitungen jedes Teilnehmers in der Gruppe zirkulieren und durch diese ergänzt bzw. Vorschläge miteinander kombiniert werden.
Von dieser Kreativitätstechnik gibt es mehrere Varianten, wie → Brainwriting-Pool, → Collective Notebook, → Crawford Slip Method, Creative writing, → Delphi-Methode, → Galerie-Methode, → Idea engineering, → Kartenumlauftechnik, → Methode 6-3-5, → SIL-Methode.
Lit.: Casterton, J.: Creative writing. The Macmillan Press. Basingstroke 1986; Hornung, A.: Kreativitätstechniken. Köln 1996; Friedrich, M.: Kreatives Brainwriting mit Brain-Maps. Wissenschaftliche Fundierung eines innovativen Konzeptes (Wirtschafts- und Berufspädagogische Schriften, hg. von W. Stratenwerth, B. Schurer und H.-J. Albers, Bd. 13). Bergisch Gladbach 1994; Hartschen, M./Scherer, J./Brügger, Ch.: Innovationsmanagement: Die 6 Phasen von der Idee zur Umsetzung. Offenbach 22012; Preiser, S./Buchholz, N.: Kreativitätstraining. Das 7-Stufen-Programm für Alltag, Studium und Beruf. Augsburg 1997; Dies.: Kreativität. Ein Trainingsprogramm für Alltag und Beruf. Heidelberg 32008; Rohrbach, B.: Kreativ nach Regeln: Methode 635 – eine neue Technik zum Lösen von Problemen. In: Absatzwirtschaft, H. 10, Oktober 1969, S. 73–76; Ders.: Techniken des Lösens von Innovationsproblemen (Schriften für Unternehmensführung, Bd. 15). Wiesbaden 1972; Schlicksupp, H.: Innovation, Kreativität und Ideenfindung, Würzburg 31989; Sharples, M.: Cognition, computers, and creative writing. Chichester 1985.
Brainwriting-Pool: auch Ideen-Pool genannt; eine Variante der schriftlichen Ideenausarbeitung, bei dem die Teilnehmer völlig frei ihre Aufzeichnungen gegen andere, in der Tischmitte (dem Ideen-Pool) liegende, austauschen können. Diese Technik wurde von dem Kreativitätsforscher Helmut Schlicksupp (1943–2010) entwickelt und bedeutet eine Weiterentwicklung der → Methode 6-3-5. Schlicksupp hat damit deren Nachteile aufgehoben, dass sechs Personen jeweils drei Ideen innerhalb von fünf Minuten notieren sollen (daher die Bezeichnung 6-3-5), denn diese Zeitvorgabe erweist sich mitunter als kreativitätshemmend. Beim Brainwriting-Pool hingegen kann jeder Teilnehmer die Ideenproduktion seinen Möglichkeiten bzw. seinem persönlichen Arbeitsrhythmus anpassen. Es ist auch kein besonderes Formular nötig, sondern es genügt ein formloses Blatt.
Durchführung:
Jeder Teilnehmer notiert – ohne Zeitvorgabe – zum betreffenden Problem seine Lösungsvorschläge. Fällt einem Teilnehmer kein neuer Gedanke ein, tauscht er sein beschriebenes Blatt gegen eines aus der Tischmitte, also aus dem Brainwriting-Pool bzw. aus dem Ideen-Pool. Die darauf notierten Empfehlungen sollen ihn zu weiteren Lösungsvorschlägen oder -varianten anregen, die er auf dem jetzt vorliegenden Zettel hinzufügt. Dies kann beliebig oft geschehen, so dass am Schluss der Sitzung zahlreiche Lösungsmodelle zur Auswahl stehen. Durch häufigen Austausch der Aufzeichnungen kann jeder Beteiligte die Lösungsvorschläge der anderen Mitwirkenden erfahren. Die Dauer der Ideenberatung lässt sich flexibel gestalten (gewöhnlich etwa 20 bis 40 Minuten).
1 Bereits vor Beginn der Ideenberatung wird eine Karte mit Lösungsansätzen auf die Mitte des Tisches gelegt.
2 Die Teilnehmer notieren ihre Ideen auf einer Karteikarte (oder auf einem Blatt). Wenn ihnen nichts mehr einfällt, tauschen sie ihre Karte gegen eine auf dem Tisch liegende aus und lassen sich dadurch anregen.
3 Danach reicht jeder Teilnehmer seine Karte mit den notierten Vorschlägen an den Nachbarn weiter und nimmt sich eine neue Karte von der Tischmitte.
4 Darauf wird eine neue Idee notiert, die wieder an den Tischnachbarn weitergegeben wird.
5 Erhält man seine eigene Karte zurück und möchte diese nicht weiter ergänzen, kommt sie auf einen zweiten Stapel in die Mitte des Tisches. Das ist der Ideen-Pool.
6 Teilnehmern, denen keine neue Idee einfällt, können sich aus diesem Pool eine Karte nehmen, diese ergänzen und die Karte wieder in Umlauf bringen.
7 Nach einigen Runden, wenn niemandem mehr neue Ideen einfallen, wird die Sitzung beendet. Die Karten mit den gefundenen Ideen und Lösungsansätzen werden an einer Pinnwand befestigt und ausgewertet.
Vorteile:
Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass jeder Teilnehmer die Ideenproduktion seinen Möglichkeiten bzw. seinem Arbeitsrhythmus anpasst. Durch häufigen Austausch der Aufzeichnungen kann jeder Beteiligte die Lösungsvorschläge der anderen Mitwirkenden erfahren. Die Dauer der Ideenberatung kann flexibel gestaltet werden (gewöhnlich ca. 20 bis 40 Minuten). Es sind keine besonderen Formulare erforderlich und jeder Vorschlag kann ohne Zeitdruck ausgearbeitet werden. Im Verlauf der Sitzung sammeln sich immer mehr Ideen im Pool an. (vgl. Schlicksupp, 1989, S. 118)
Nachteile:
Jeder Teilnehmer soll eigene Ideen entwickeln, notieren und außerdem die Vorschläge der anderen Gruppenmitglieder lesen und ergänzen. Deshalb kann es vorkommen, dass sich bei einem Mitarbeiter schon mehrere Karten der Tischnachbarn angesammelt haben, während er noch seine eigene Karte bearbeitet. In diesem Falle können Sie z. B. die von links kommenden Karten ungelesen an den rechten Nachbarn weitergeben oder Sie legen einige Karten in den Ideen-Pool auf den Tisch, weil sonst ihr Ideenfluss unterbrochen wird. Der erforderliche hohe Zeitaufwand kann von Nachteil sein. Auf die Ideenkarte eines anderen Teilnehmers darf keine Bewertung und keine Kritik notiert werden, sondern nur eine weiterführende Idee. (vgl. Weidenmann, 2010, S. 58 f.)
Einsatzmöglichkeiten:
Diese Kreativitätstechnik wird in der Entwicklung und Planung eingesetzt, bei der Produktgestaltung sowie im Marketingbereich. Sie ist geeignet, um die Ideen und Lösungsvorschläge der anderen Teilnehmer weiterzuentwickeln. Diese Kreativitätstechnik eignet sich besonders für die Teamarbeit.
Lit.: Bugdahl, V.: Kreatives Problemlösen (Reihe Management). Würzburg 1991; Schlicksupp, H.: Innovation, Kreativität und Ideenfindung (Management-Wissen). Würzburg 31989; Ders.: Führung zu kreativer Leistung. So fördert man die schöpferischen Fähigkeiten seiner Mitarbeiter (Praxiswissen Wirtschaft; 20), Renningen-Malmsheim 1995; Ders.: 30 Minuten für mehr Kreativität. Offenbach 1999; Schröder, M.: Heureka, ich hab’s gefunden! Kreativitätstechniken, Problemlösung und Ideenfindung. Herdecke/Bochum 2005; Weidenmann, B.: Handbuch Kreativität. Ein guter Einfall ist kein Zufall! Weinheim/Basel 2010.
Breakthrough thinking™: „bahnbrechendes Durchbruchsdenken“ (Schröder, 2005, S. 17); ein zielorientiertes Denken, mit deren Hilfe man Schwierigkeiten und Hindernisse überwindet und den Durchbruch schafft (breakthrough: Durchbruch). Dabei wird das verfügbare Wissen systematisch angewandt. Es ist eine Lösungsstrategie, die zwischen dem verfügbaren Wissen und dessen systematischer Anwendung vermittelt. Der früheste Beleg für diesen Begriff findet sich 1981 bei dem schweizerischen Betriebswirtschaftler Werner Hürlimann (*1924). Bei ihm wird dieses Prinzip als »Breakthrough-Denktechnik« bezeichnet. Nach Hürlimann beinhaltet diese Methode, eine gefundene Idee selbst in Frage zu stellen, die Gegenargumente in einer hitch-list (Problemliste) zu verzeichnen, und anschließend zu versuchen, diese zu überwinden. Diese Methode ist gewissermaßen „ein Solo-Dialog“ (Hürlimann, 1981, S. 65). Die Weiterentwicklung als »Breakthrough thinking™« erfolgte durch den US-amerikanischen Professor für Engineering Management Gerald Nadler (*1924) und den japanischen Professor für Planung und Design Shozo Hibino (*1940). Für dieses Denken entwickelten sie sieben Lösungsprinzipien:
1 Einmaligkeit
2 zielgerichtetes Vorgehen
3 Vorausschau
4 Systemansatz
5 Maßhalten beim Sammeln von Informationen
6 Einbeziehung der Betroffenen
7 kontinuierliche Verbesserung der gefundenen Lösung
Nadler und Hibino weisen aber auch auf sieben Mythen der Problemlösung hin:
1 Altruismus.