Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences. Dieter Brockmann

Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences - Dieter Brockmann


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meistens nur dann, wenn man auch am Wochenende bereit ist, Zellen zu splitten oder Zebrafische so zu verpaaren, dass man auch montags Laich zur Verfügung hat. Auch sollte man sich bereits vor der Promotion darüber im Klaren sein, dass Forschung auch immer das Betreten von Neuland bedeutet. Das Ergebnis von Experimenten ist im Vorfeld nicht bekannt, allenfalls vage vorhersagbar. Viele Hypothesen müssen im Laufe der Arbeit als falsch verworfen und neue aufgestellt werden. Auch muss man wissen, dass im Labor häufig Methoden neu etabliert werden müssen und dass auch dies ein steiniger Weg sein kann. Eine Promotion in den Lebenswissenschaften erfordert somit ein außergewöhnliches Maß an Begeisterungsfähigkeit, Belastbarkeit und Frustrationstoleranz. Gerade der letzte Punkt ist wichtig. Man muss die vielen Negativerlebnisse verkraften können, mit denen man konfrontiert wird, wenn man in den Lebenswissenschaften erfolgreich sein will. Dies leitet zwangsläufig zu der Frage nach der persönlichen Motivation zur Durchführung eines Promotionsvorhabens über.

      Grundsätzlich können wir bei der Frage der Motivation zu einem Vorhaben zwischen intrinsischen und extrinsischen Faktoren unterscheiden. Unter der intrinsischen Motivation verstehen wir zunächst einmal das Interesse an der Sache an sich, z. B. einem Gewinn an Erkenntnis. Auch das Glücksgefühl beim Lösen einer gestellten Aufgabe ist an dieser Stelle zu nennen, genauso wie die positiven Belohnungssysteme und das daraus resultierende Selbstbewusstsein durch z. B. die Akzeptanz einer eingereichten Publikation oder Erfolg bei der Drittmitteleinwerbung. Ein hohes Maß an intrinsischer Motivation verhilft zu einer hohen Frustrationstoleranz und ist Grundlage eines außergewöhnlichen Engagements. Zu den extrinsischen Motivationsfaktoren gehören das Lob und die Anerkennung durch andere für die gute Arbeit, die Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft oder gar wissenschaftliche Preise. Wie bei der intrinsischen Motivation sind hier auch der Publikationserfolg und der Erfolg beim Einwerben von Drittmitteln zu nennen. Auch diese extrinsischen Faktoren sind in der Wissenschaft von erheblicher Bedeutung. Eine mangelnde Motivation bezüglich der eigenen Arbeit ist von Dauer

      der Arbeit nicht zuträglich und kann letztlich auch zu ihrem Abbruch führen.

      Persönliche Grundlagen für eine erfolgreiche Promotion:

      Das „WINNER-Prinzip“

      Eine Promotion wird durch bestimmte persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, die ein Kandidat aufweisen sollte, sehr begünstigt. Hierzu zählen die Motivation, Begeisterungsfähigkeit, Neugierde, Fähigkeit zur Selbstkritik, Ausdauer/Beharrlichkeit und eine hohe Frustrationstoleranz. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten kann man zum „Winner-Prinzip“ zusammenfassen:

      Motivation (Willingness to perform): Bin ich intrinsisch motiviert oder überwiegt die extrinsische Motivation?

      Begeisterungsfähigkeit (Intellectual enthusiasm): Kann ich mich für meine Forschung begeistern?

      Neugierde (Nosiness): Kann ich mich für wissenschaftliche Fragestellungen begeistern? Bin ich daran interessiert, Neuland zu betreten?

      Fähigkeit zur Selbstkritik (Necessity for self-criticism): Bin ich in der Lage, eigene Ergebnisse zu hinterfragen? Wann bin ich mit einem experimentellen Ergebnis zufrieden?

      Ausdauer (Endurance): Kann ich an einem Problem oder einer Fragestellung längere Zeit arbeiten, ohne das Interesse zu verlieren? Bin ich bereit, immer und immer wieder das gleiche Experiment durchzuführen oder langweilt mich das irgendwann?

      Frustrationstoleranz (Resistent to frustration): Wie gehe ich mit Frustration um? Bin ich darauf vorbereitet, wenn (zeitaufwendige) Experimente nicht klappen, oder das Ergebnis genau das Gegenteil davon ist, was ich erwartet habe?

      1.2Der Begriff Promotion und seine ­geschichtliche Entwicklung

      Der Begriff „Promotion“ leitet sich vom lateinischen Wort promotio ab und bedeutet Beförderung (zu einer Ehrenstelle), Erhöhung, Förderung. Obwohl der Begriff Promotion heute eng an eine wissenschaftliche Leistung geknüpft ist, hat er im Laufe der Jahrhunderte mehrere inhaltliche Wandungen durchlaufen. Für eine Promotion wird der akademische Grad eines Doktors (aus dem Lateinischen docere = lehren bzw. doctus = gelehrt) verliehen. Dabei war dieser Begriff in der römischen Antike eine Art Berufsbezeichnung und bedeutete soviel wie Lehrmeister oder Gelehrter. So wurde ein Fechtmeister, der die Gladiatoren im Fechten unterrichtete, als doctor gladiatorum, der Ausbilder der römischen Netzkämpfer als doctor retiariorum und derjenige, der die schwerbewaffneten Gegenspieler der Netzkämpfer trainierte, als doctor secutorum bezeichnet. Die Bedeutung dieses Wortstamms hat sich beispielsweise im Italienischen bis heute erhalten und findet sich wieder im Wort docente, dem Lehrer. Im Deutschen ist der Begriff des Dozenten auch heute noch gebräuchlich.

      Die historische Entwicklung der Promotion und des Doktorgrades sind sehr interessant und sollen nachfolgend beispielhaft skizziert werden. Eine ausführlichere Übersicht über die Geschichte der Promotion liefert beispielsweise Wollgast (2001), auf den wir uns in den folgenden Abschnitten überwiegend beziehen. Die Gründungen der ersten europäischen Universitäten Bologna, Paris, Oxford, Cambridge und Montpellier datieren auf die Jahre 1088 bis 1220. Die älteste Universität der heutigen Bundesrepublik ist Heidelberg mit dem Gründungsjahr 1386. Die Anzahl der Fakultäten war gering: die drei oberen Fakultäten Theologie, Jura und Medizin sowie im Rang darunter die Artistenfakultät (facultas artium). Das Studium an der Artistenfakultät mit seinen Fächergruppen Grammatik, Rhetorik, Dialektik sowie Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik diente häufig als Grundlage zu einem Studium an einer der höheren Fakultäten (Wollgast 2001). Aus der Artistenfakultät entwickelte sich später die Philosophische Fakultät, die – je nach Fach – ihrerseits Grundbaustein für die heutigen geisteswissenschaftlichen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten waren.

      Auch im Mittelalter mussten die Kandidaten schon bestimmte Ausbildungsschritte durchlaufen, bevor sie den Doktorgrad erwerben konnten. Die Erlangung der Doktorwürde war recht mühsam, die zu erbringenden Leistungen abhängig von der jeweiligen Fakultät, aber für den jeweiligen Kandidaten auf jeden Fall mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Einige der damaligen Sitten und Gebräuche findet man auch heute noch bei den modernen Promotionen wieder. Beispielhaft sei hier kurz der Werdegang zur Promotion in Paris im Mittelalter skizziert (Wollgast 2001). Nach Erlangung des Grades Bakkalaureus muss der Kandidat noch einige Jahre Lehrerfahrung sammeln und die Fähigkeit zur Lehre zum Teil in einem förmlichen Examen vor Lehrern nachweisen. Vorgeschrieben war ein Streitgespräch (Disputation). Nach erfolgreichem Bestehen des Streitgesprächs wurde dem Bakkalaureus der Grad Lizentiat verliehen, der mit einer prinzipiellen Lehrbefugnis für alle Universitäten verbunden war. Zum Erhalt der vollen Lehrbefähigung und damit dem Grad Magister oder Doktor waren einige weitere Jahre der Lehre notwendig und eine feierliche Aufnahme der Korporation, also in die Gruppe der Gelehrten. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Promotion ursprünglich eher die Lehrbefugnis widerspiegelte, was heute durch die Habilitation abgedeckt ist.

      Die Kosten, die mit einer Promotion verbunden waren, waren sehr hoch und abhängig von der jeweiligen Universität bzw. Fakultät. Nach Wollgast (2001) lagen die Gebühren für eine theologische Promotion in Deutschland im 17. Jahrhundert im Durchschnitt bei 100 Talern. Hinzu kamen die indirekten Kosten wie der essenzielle Doktorschmaus. Hierzu wird berichtet, dass auf einer Feier der Theologischen Fakultät der Leipziger Universität im April 1666 folgendes Essen und Getränke auf Kosten des frischen Doktors angeboten wurden: „1 Reh, 19 Hasen und 3 andere Stück Wild, 9 Wildenten, 15 Trut- und 3 Auerhähne, 5 Wasserhühner sowie 52 Junghühner. Hinzu kamen Aale, Lachse und Hechte, 12 Kannen italienischen Weins, 3 Faß Bier, für 205 Thaler gewöhnlicher Tischwein sowie für 124 Thaler Konfekt, Marzipan und Mandeltorte.“ (Wollgast 2001)

      Als äußeres Zeichen der Erlangung der Doktorwürde trugen die Promovierten den Doktorhut (Barett), einen Mantel (Talar) und einen Ring, die zum Teil nach erfolgreicher Prüfung feierlich übergeben wurden. Durch diese Markenzeichen unterschieden sich die Lehrenden von den Lernenden und waren zudem äußerlich gut erkennbar. Diese Tradition hat sich bis heute teilweise erhalten; die Übergabe des Doktorhutes nach bestandener mündlicher Prüfung wird nach wie vor zelebriert. Nur ist dies nicht mehr ein formaler Akt, der vom Dekan durchgeführt wird, sondern vielmehr ein Brauch, bei dem Mitglieder der Arbeitsgruppe diesen Doktorhut


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