Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences. Dieter Brockmann

Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences - Dieter Brockmann


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Laborutensilien geschmückt, die einerseits an das durchgeführte Forschungsprojekt erinnern sollen und andererseits lustige (Alltags-)Begebenheiten repräsentieren, die sich während der Promotionsphase ereignet haben.

      1.3Dissertation, Disputation und Rigorosum

      Heute unvorstellbar, aber wahr: In der frühen Neuzeit (16. Jahrhundert) konnte die Promotionsschrift, die Dissertation, vom Promovenden (bzw. Respondent) oder seinem Doktorvater, dem Präses, verfasst werden (Wollgast 2001). Der Präses leitete zudem die Verteidigung des Kandidaten. Ebenso verwunderlich ist, dass es besonders geeigneten Kandidaten oder Kandidaten aus dem Stand der Adeligen erlaubt war, sine praeses zu verteidigen. Die Dissertation musste publiziert werden, aber lange Zeit wurden sie nicht unter dem Namen des Promovenden, sondern unter dem Namen des Praeses publiziert, der dadurch eine hohe akademische Anerkennung erhielt.

      Diese Vorgehensweise hatte einen kommerziellen Hintergrund. Druckkosten für wissenschaftliche Publikationen waren hoch und einen Geldgewinn konnte man durch deren Verkauf kaum erzielen. Somit bot sich die einfache Lösung an, die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien in eine Dissertation zu verpacken und einen Respondenten zu suchen, der bereit war, einerseits über die Schrift des Präses zu disputieren und andererseits die Druckkosten zu tragen. Auf diese Art und Weise konnten von einem Präses z. T. Dutzende an Promotionen veröffentlicht werden.

      Abgeschlossen wurde das Studium durch ein mündliches Examen, das Rigorosum oder Disputation genannt wurde. Beides findet auch heute noch Anwendung. Im Examen rigorosum können neben dem eigentlichen Promotionsthema angrenzende Fachgebiete geprüft werden. Die Disputation ist hingegen ein wissenschaftliches Streitgespräch, in dem der Promovend (der Respondent) die Arbeit kritisch diskutieren und gegenüber seinen Prüfern verteidigen muss. Ein Sonderfall ist hierunter die Prüfungsform des Kolloquiums. Dieses teilt sich meistens in zwei Abschnitte. Der erste Abschnitt ist identisch mit der klassischen Disputation, in der die Ergebnisse der Dissertation kritisch diskutiert, von den Prüfern hinterfragt und vom Promovenden verteidigt werden müssen. Im zweiten Teil der Prüfung muss der Promovend heute eine biomedizinische oder molekularbiologische Hypothese vorstellen und sie gegen den Prüfungsausschuss verteidigen. Die Art der Abschlussprüfung variiert von Universität zu Universität und von Fachbereich zu Fachbereich. Länge und Art der Prüfung sind in der jeweiligen Prüfungsordnung bindend festgelegt.

      1.4Promotionsregeln und Promotionsordnung

      Wie das bisherige Kapitel zeigt, werden Promotionen seit Anbeginn nach bestimmten strengen Regeln durchgeführt, auch wenn diese aus heutiger Sicht nicht immer nachvollziehbar sind. Sehr seltsam mutet z. B. der Eid an, den die Promovenden im Mittelalter zur Promotion ablegen mussten: „Im Falle einer Abweisung durften sich die Kandidaten nicht an den Prüfern rächen.“ Er durfte körperlich nicht abnorm erscheinen und nicht unehelicher Geburt sein (Wollgast 2001). Andererseits hat sich zumindest eine der Vorgaben des Mittelalters bis in die heutigen Tage gehalten: Dem Promovend musste ein guter Leumund eigen und sein moralischer Wandel einwandfrei sein. Diese Voraussetzung spiegelt sich in dem polizeilichen Führungszeugnis wider, dass auch heute noch für eine Promotion notwendig ist.

      Die erste den Autoren bekannte Promotionsordnung stammt aus dem Jahr 1219 von der Universität Bologna. Die älteste bekannte ausgefertigte Promotionsurkunde zur Verleihung des akademischen Grads eines Doktors an der damaligen deutschen Universität Prag ist auf den 12. Juni 1359 datiert und wurde für einen Theologen ausgefertigt (Blecher 2006). Bologna gilt als die älteste Universität Europas und gibt auf ihrer Homepage als Gründungsjahr 1088 an (http://www.eng.unibo.it, Stand: 06.02.2014). Ende des 11. Jahrhunderts gab es nachweislich eine Rechtsschule, aus der sich schrittweise eine Universität nach heutigen Maßstäben mit einem breiten Fächerspek­trum entwickelte. Alle Universitätsgründungen bedurften damals einer Gründungsurkunde des Papstes oder Kaisers, den Vertretern der geistlichen beziehungsweise weltlichen Herrschaft. Die Promotionsordnung erhielt Bologna folgerichtig durch eine Dekretale des Papstes Honorius III (Wollgast 2001) an den Archidiakon (Erzdiakon; Archidiakonat = kirchliche Verwaltungseinheit, die mehrere Dekanate umfassen konnte) des Domstiftes von Bologna. Eine Dekretale ist eine in Urkundenform veröffentlichte Antwort des Papstes auf eine Rechtsanfrage oder eine Entscheidung im Rahmen der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt, die in kirchenrechtliche Sammlungen aufgenommen und dadurch als allgemeine Norm wahrgenommen bzw. verstanden wurde. In seiner Dekretale verfügte Honorius III, das „künftig niemandem das Doktorat verliehen werden dürfe, der nicht zuvor sorgfältig geprüft und durch den Archidiakon mit der Licencia docendi ausgestattet worden war“ (Wollgast 2001). Bis zu diesem Zeitpunkt stand das Recht zur Erteilung der Lehrlizenz und des Doktorgrads dem Doktorandenkollegium ohne zusätzliche externe Qualitätskontrolle zu. Da dies zu einer Abnahme der Qualität der Promotion führte, erhoffte man sich durch die Mitwirkung des Archidiakons an der Erteilung der Lehrlizenz eine qualitativen Verbesserung des Lehrkörpers. Dies zeigt, dass man sich auch zu damaliger Zeit schon über das Qualitätsmanagement im Promotionsprozess Gedanken machte.

      Das Verfahren verlief so, dass ein Kandidat, der die erforderliche Zeit studiert hatte, von einem Doktor dem Archidiakon präsentiert wurde. Dieser lud offiziell zum Examen ein, wobei die eigentliche Prüfung vom Doktorkollegium abgenommen wurde und der Archidiakon lediglich die Überwachung der Prüfung übernahm. Bestand der Kandidat die Prüfung, erteilte der Archidiakon die formelle Erlaubnis zur Verleihung des Grades. Die Promotion selbst wurde daraufhin durch die Überreichung der Insignien vom präsentierenden Doktor vorgenommen. Auch in diesem Verfahren gibt es durchaus Parallelen mit den heutigen Promotionsverfahren. So leitet der Vorsitzende des Promotionsausschusses oder einer seiner Vertreter das Promotionsverfahren, kontrolliert die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens und lässt – gleich dem Archidiakon – Fragen zu oder lehnt sie ab.

      1.5Der Inhalt der Promotion im Wandel der Zeit

      Die heutige Promotion in der Biomedizin ist der Nachweis der eigenverantwortlichen und selbstständigen Forschung auf einem definierten Themengebiet. Dies war nicht immer so. An der mittelalterlichen Universität stand das Lernen und Aneignen von Wissen im Vordergrund und nicht das Forschen. Mit dem Doktorgrad erwarb man die unbeschränkte Lehrbefähigung an hohen Schulen. Erst im 18. Jahrhundert bildeten sich die Universitäten aus reinen Lehrstätten auch in Forschungseinrichtungen um. Damit hat sich der Ausbildungsweg von Akademikern deutlich gewandelt. Strebt man heute eine universitäre Karriere an, erbringt man über die Promotion zunächst den Nachweis der Forschungsbefähigung. Erst danach erwirbt man die Lehrbefugnis, die Venia legendi (lateinisch = Erlaubnis zu lesen), die man im Zuge einer Habilitation erhält. Die Habilitation ist der Nachweis, dass der Kandidat sein Fach in voller Breite in Forschung und Lehre vertreten kann. Die Habilitation schließt sich der Promotion an, dauert in der Regel mehrere Jahre und ist an bestimmte Leistungen geknüpft wie Anzahl und Güte von Veröffentlichungen in einem Forschungsgebiet sowie Lehrleistungen in Form von regelmäßigen Vorlesungen und Praktikumsbetreuungen. An einigen Fakultäten wird nach erfolgreichem Abschluss des Habilitationsverfahrens die akademische Bezeichnung Privatdozent (PD oder Priv.-Doz.) verliehen. Alternativ verleihen zahlreiche Fakultäten zusätzlich den akademischen Grad eines habilitierten Doktors (Doctor habilitatus, kurz: Dr. habil.). Die Habilitation war bis vor kurzem der einzige Zugang in Deutschland, um auf eine Professur berufen werden zu können. Heute gibt es hierzu alternative Karrieretracks, wie z. B. die Juniorprofessur (siehe auch Seite 124).

      1.6Akademische Grade in den Lebenswissenschaften heute

      Der akademische Grad, der in den Lebenswissenschaften für Kandidaten mit naturwissenschaftlichen Studium in Deutschland heute am häufigsten vergeben wird, ist der Doktor der Naturwissenschaften Dr. rer. nat. (doctor rerum naturalium). Er wird für erfolgreiche Promotionen in den Fächern Biologie, Biomedizin, Molekulare Medizin, (Bio-)Chemie, (Bio-)Physik, Mathematik und (Bio-)Informatik vergeben. Einige wenige Universitäten haben zudem das Promotionsrecht zur Vergabe des angelsächsischen Äquivalents zum Dr. rer. nat., dem Doctor of Philosophy (PhD). Die Leistungen, die zum Erbringen beider Grade notwendig sind, sind vielfach identisch und einige Universitäten bieten ihren Promovierenden die Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Graden für ihre Promotion an. Zudem ist es


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