Qualitative Medienforschung. Группа авторов

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diese sozialen Hintergründe geschlossen werden kann.

      Hermeneutische Ansätze (z. B. Hitzler/Honer 1997) gehen demgegenüber davon aus, dass es darauf ankommt, den subjektiven, mit Handlung bzw. Kommunikation verbundenen sozialen Sinn herauszuarbeiten, um soziales Geschehen wissenschaftlich zu erforschen (→ Reichertz, S. 66 ff., → Hagedorn, S. 580 ff.). Sie konzentrieren sich deshalb mehr auf das Problem des Verstehens dieses subjektiven, aber objektiv feststellbaren Sinns, der sich im Handeln und Kommunizieren ausdrückt. Dieser Sinn kann in einem beschreibbaren Verfahren mehr oder weniger intersubjektiv unabhängig festgestellt werden, wobei unterschiedliche Vorgehensweisen zum Einsatz kommen können (Oevermann 1983; Reichertz 1997). Derartige Untersuchungen können allerdings ausgesprochen aufwändig sein, etwa wenn ein Verfahren so angelegt ist, dass zunächst alle möglichen subjektiven Sinndeutungen ermittelt und dann durch Textanalysen die nicht zutreffenden eliminiert werden.

      3. Cultural Studies

      Als weiterer handlungstheoretischer Ansatz dieses Typs müssen die Cultural Studies Erwähnung finden (→ Winter, S. 86 ff.). Sie werden auf der Basis ihres semiotischen Grundverständnisses der sozialen und kulturellen Welt zu den Handlungstheorien gerechnet, die für die Kommunikationswissenschaft relevant sind. Zwar zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie theoretisch auch auf unterschiedliche Theorien ganz anderer Art Bezug nehmen: insbesondere auf einen modifizierten Marxismus, der am Konzept der Hegemonie von Gramsci ansetzt, auf eine semiotisch begründete Psychoanalyse in Anlehnung an Lacan sowie auf Foucault und den (Post-) Strukturalismus (vgl. z. B. Storey 1998). Jedoch liegt in der darin angelegten Verweigerung einer monolithisch abgeschlossenen Theorie die These verborgen, dass alles Soziale und Kulturelle konkret ist, was sich besonders in der Rezeptionsvorstellung des »Texts are made by the readers« ausdrückt und erkenntlich macht, dass Realität durch das konkrete Individuum in der Gesellschaft hergestellt wird. Im Hinblick auf die empirische Forschung im Rahmen der Cultural Studies werden zwar ganz unterschiedliche Verfahren verwendet, um multimethodisch die Dinge von verschiedenen Seiten her zu beleuchten; dazu zählen auch quantitative Verfahren. Doch kann man sagen, dass ethnographische Forschungsdesigns zusammen mit textanalysierenden Verfahren wie der Diskursanalyse zum Kernbestand der Forschungsmethoden der Cultural Studies gehören und andere Verfahren eine bloß ergänzende Rolle spielen.

      4. Strukturelle Anthropologie

      Im Anschluss daran ist auf einen mittelbar handlungstheoretischen Ansatz zu verweisen, der durch seine Orientierung an ethnographischen Vorgehensweisen als eine Art strukturale Anthropologie menschlicher Kommunikation verstanden werden kann – dieser Ansatz erschließt sich als eigenständig nur mittelbar, indem man beachtet, wie hier Handeln und Kommunizieren untersucht werden. Der Ethnograph lässt sich auf die Welt ein, insofern er einerseits alltäglich an ihr Teil hat, in ihr handelt und damit den Anspruch aufstellt, Kultur und Gesellschaft durch sein praktisches Handeln mitzugestalten, weil er sich dadurch die Kultur aneignet (Hirschauer/Amann 1997). Andererseits versucht er, Gastkultur und Gastgesellschaft systematisch zu durchdringen und in ihren Sinnzusammenhängen rekonstruktiv zu beschreiben, also die eigene Praxis zu reflektieren. Ethnographie beschäftigt sich dementsprechend mit einer »Vielfalt komplexer, oft übereinander gelagerter oder ineinander verwobener Vorstellungsstrukturen, die fremdartig und zugleich ungeordnet und verborgen sind und die er zunächst einmal irgendwie fassen muss. […] Ethnographie betreiben gleicht dem Versuch, ein Manuskript zu lesen (im Sinne von ›eine Lesart entwickeln‹) […]« (Geertz 1991, S. 15).

      Sie ist auf Beobachtung beruhende Interpretation praktischen Geschehens, sodass »dichte Beschreibungen« von Kultur und Gesellschaft entstehen (→ Eichner, S. 112 ff., → Mikos, S. 362 ff., → Winter, S. 588 ff.). Dabei wird »dicht« als etwas verstanden, das im Gegensatz zu der abstrakten Blässe mathematischer oder funktionaler Zusammenhänge steht, mit denen sich quantitative Empirie häufig begnügt. Die basale Unterstellung der Ethnographie ist damit die fundamentale Bedeutsamkeit des alltagspraktischen Handelns für Kultur und Gesellschaft.

      5. Weitere handlungstheoretische Ansätze

      Schließlich ist auf weitere handlungstheoretische Ansätze zu verweisen, die in der Regel qualitative Forschungsmethoden verlangen: Die Psychoanalyse hat als naturwissenschaftliche Theorie begonnen, beinhaltet aber in vielen späteren Versionen eine eigenständige, qualitativ konnotierte Handlungstheorie, etwa in der auf die Sozialwissenschaften gerichteten Konzeption von Alfred Lorenzer (1972). Lorenzer rückt ein Konzept von szenischem Handeln in den Mittelpunkt, das jenseits von Rationalitäts- und Bewusstheitsannahmen über den Prozess des szenischen Verstehens kommuniziert wird und darüber auch methodisch kontrolliert rekonstruiert werden kann (wenn auch nicht von jedermann zu jeder Zeit). Erwähnenswert sind weiter der an Mead und Moreno anknüpfende Versuch von Hans Joas, deren rollenbezogene Handlungskonzepte zu erweitern, insofern Handeln auch als kreativer Akt deutlich wird (Joas 1989), in dem sich der Mensch realisiert, oder an den Entwurf einer prozessual gedachten Verbindung von Handlungs- und Systemtheorien von Jürgen Habermas (1987) – um nur einige weitere theoretische Konzeptionen zu nennen.

      Allen diesen Ansätzen und generell allen handlungstheoretischen Ansätzen gemeinsam ist das Problem, dass es bisher schwer fällt, vom Handeln der Menschen ausgehend die Existenz übergreifender, objektiviert erlebter Strukturen und Phänomene wie die Existenz einer Gesellschaft oder einer Kultur herzuleiten, auch wenn Kultur und Gesellschaft als Handlungsbedingungen beschrieben werden können.

      Vom Handlungsbegriff zu handlungstheoretischen Konzepten

      Natürlich bleiben Handlungstheorien nicht dabei stehen, den Begriff des Handelns zu diskutieren. Vielmehr versuchen sie, ihre Handlungsorientierung zu begründen und darauf unter Verwendung geeigneter Begriffe komplexere Theorien aufzubauen. Dazu entwickeln sie ein Instrumentarium von mehr oder weniger kodifizierten und empirisch fruchtbaren Konzepten, die sich als Bedingungen und Konsequenzen von Handeln begreifen lassen. Dies soll hier exemplarisch am Beispiel des Symbolischen Interaktionismus skizziert werden (vgl. auch Charon 1979; Krotz 2001a)

      • Zunächst hängt jedes Handeln und Erleben ab vom (symbolischen) Standpunkt des Individuums und damit von der Perspektive, von der aus erlebt und gehandelt wird. Perspektive ist dabei eine spezifische Strukturierung der Wahrnehmung, in der nicht alles gleichberechtigt ist, sondern die einen Ausschnitt als relevant definiert und diesen ordnet.

      • Damit hängt eng der Begriff der Situation zusammen, in der Menschen in Bezug zueinander handeln (Goffman 1980; Markowitz 1979). Dabei meint »Situation« die je aktuelle Interaktionsgrundlage, die alle Beteiligten von ihrer Eingangsdefinition aus fortlaufend aushandeln. Situation ist damit einerseits ein prozessuales Konzept, andererseits der stets notwendige Rahmen, mittels dessen abgegrenzt wird, was zu einer Situation gehört und was nicht, was in ihr möglich ist und was nicht. Hier ist auf das so genannte Thomas-Theorem hinzuweisen, nach dem eine Situation nicht objektiv geprüft werden kann (Thomas/Thomas 1973). Vielmehr gilt, dass Menschen auf der Basis ihrer Definition der Situation handeln, die sie für wahr und wirklich halten – Situationen beinhalten dementsprechend objektive Elemente, sind aber immer Subjekt gedeutete Entitäten, weil sie nur dadurch ihre Kraft entfalten.

      • Weiter ist auf den Begriff der Rolle hinzuweisen, durch die die Menschen in einer Situation präsent sind, ein Konzept, das auf die Metapher vom sozialen Geschehen als Theater verweist (Goffman 1997). Ebenso wie in jeder Situation beispielsweise Perspektive und Standpunkt das Erleben der beteiligten Individuen einerseits strukturieren, andererseits einschränken, ist auch der Mensch in keiner Situation als abstraktes Ganzes mit seiner gesamten Biographie und Erfahrung, mit seinem »Wesen« präsent. Vielmehr präsentiert er sich immer in einer situativ bezogenen intentionalen Form, einer Rolle, in der ihn die anderen erleben. Deshalb sind Rollen auch nicht nur gespielt, sondern müssen theoretisch und empirisch als situativer Ausdruck von Identität und Person verstanden werden.


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