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Kommunikator-/Journalismusforschung

      Bezogen auf öffentliche Kommunikation versteht man unter dem Kommunikator eine Person, eine Gruppe von Personen oder eine Institution, die originärpublizistisch oder über ein Massenmedium Aussagen an eine (im Prinzip) unbegrenzte Zahl von Rezipienten mitteilt. Es ist dies ein sehr weit gefasstes Verständnis vom Kommunikator, das z. B. sich an die Öffentlichkeit wendende Politiker, Wirtschaftskapitäne und Gewerkschaftsfunktionäre ebenso einschließt wie predigende Priester, [110]Public Relations-Referenten, Werbeagenten, Autoren, Journalisten, Onlinepublizisten u. a. m. Bezogen auf Prozesse der Massenkommunikation, und darum geht es hier im Wesentlichen, stellt der Begriff Kommunikator eine Sammelbezeichnung für alle Personen dar, die – in welcher Form auch immer – an der Produktion und Publikation von Medieninhalten beteiligt sind. Die Kommunikatorforschung bezieht in ihr Untersuchungsfeld daher Personen ein, die durch Vorarbeiten, durch Auswahl, Schreiben und Redigieren, durch Gestalten und Präsentieren, aber auch durch Einwirken auf die technische Herstellung sowie nicht zuletzt durch Organisation und Kontrolle an der Entstehung und Verbreitung publizistischer Aussagen mitwirken.

      Solche Personen sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber um wenigstens einige Beispiele zu nennen – bei Zeitung, Zeitschrift, Hörfunk und Fernsehen, Onlinemedien sowie in Nachrichtenagenturen und Mediendiensten:

      • bei den Vorarbeiten: Rechercheure, Archivare, Dokumentatoren, Programm- und Sendungsplaner etc.;

      • bei Auswahl, Schreiben und Redigieren: Reporter, Fotoreporter, Redakteure, Hörspiel- oder Drehbuchautoren sowie Literaten etc.;

      • beim Gestalten und Präsentieren: Layouter, Grafiker, Producer, Moderatoren und Präsentatoren etc.;

      • bei der Einwirkung auf die technische Herstellung: Texterfasser, Drucker, Cutter, Bild- und Toningenieure, Kameraleute etc.;

      • bei Organisation und Kontrolle: Chefredakteure, Ressortleiter, Chefs vom Dienst, Herausgeber, Verleger, Programmdirektoren, Intendanten etc.

      Kommunikatoren sind zudem alle jene ›elektronischen Publizisten‹, die bei Multimedia, bei Onlinemedien bzw. in der Onlinekommunikation professionell mit der Produktion von ›Content‹ befasst sind wie Onlineredakteure, Multimedia-Autoren, -Konzepter, -Producer, Webmaster und -designer, Videoreporter, Information-Broker u. a. m. Zu Kommunikatoren zählen z. B. aber auch Bürgerjournalisten, Leserreporter, Videojournalisten, Blogger und weitere Akteure, die sich der Onlinemedien oder ihrer Möglichkeiten bedienen, um Aussagen in die Öffentlichkeit oder in Teilöffentlichkeiten zu transportieren. Vor allem Blogger sind (von Ausnahmen abgesehen) meist keine professionellen Kommunikatoren, für die professionelle Regeln der Recherche, Produktion und Publikation sowie ethische Standards und Mindestvoraussetzungen an Kompetenz gelten (vgl. Donsbach 2009, S. 120). Zur Gruppe der Kommunikatoren zählen z. B. jedoch auch Personen, die als Texter oder Gestalter in der Werbung, als Public-Relations-Manager in der Öffentlichkeitsarbeit oder als Medienreferenten in der Organisationskommunikation tätig sind.

      Die Kommunikatorforschung widmet sich also allen Personen oder Gruppen, die im Zentrum oder an der Peripherie publizistischer Aussagenproduktion wirken. Die deutschsprachige Kommunikationswissenschaft hat sich im Bereich der Kommunikatorforschung lange Zeit in starkem Maße auf den Bereich des (Informations-)Journalismus in Zeitung, Zeitschrift, Hörfunk und Fernsehen konzentriert. Auskunft darüber gibt für den Zeitraum von 1945 bis 1990 Frank Böckelmann in der 1993 erschienenen Publikation »Journalismus als Beruf«. Sie enthält eine Bilanz der Kommunikatorforschung, in der sämtliche Studien und Publikationen aus dieser Zeitspanne systematisch – medienübergreifende sowie nach Mediengattungen geordnete Journalistenstudien – verzeichnet und kommentiert sind (Böckelmann 1993). Auch von Donsbach (1999a, 1999b) und Pürer (1997) gibt es Überblicksbeiträge. Neben vielen anderen (kleineren oder größeren) empirischen Arbeiten sind für die beiden zurückliegenden Jahrzehnte – 1990 bis 2010 – (oft) repräsentative quantitative Studien über Journalisten in Deutschland erschienen wie Weischenberg et al.: Journalismus in Deutschland, 1993 und 1994; Schneider et al.: Sozialenquete über die Journalisten in der Bundesrepublik Deutschland [111](1993, 1994a und 1994b); Weischenberg et al.: Die Souffleure der Mediengesellschaft (2006a und 2006b) sowie Studien z. B. über Journalisten/-Journalismus in den Ressorts Politik (Lünenborg/Berghofer 2010), Lokales (Grimme 1990), Sport (Görner 1995; Schaffrath 2006, 2007, 2010), Wissenschaft (Hömberg 1989; Lublinski 2004), Medien (Ruß-Mohl/Fengler 2000; Malik 2004; Beuthner/Weichert 2005) und auch Sensationsjournalismus (Dulinski 2003). Dem Thema »Journalismus und Unterhaltung« ist ein von Armin Scholl et al. (2007) herausgegebener Sammelband gewidmet. Auch wird Frauen im Journalismus zunehmend Aufmerksamkeit zuteil (u. a. Fröhlich/Holtz-Bacha 1995; Lünenborg 1997; Schwenk 2006; Koch 2007). Ebenso liegen über deutsche Auslandskorrespondenten Arbeiten vor (u. a. Hahn et al. 2008). Über den Onlinejournalismus gibt es ebenfalls zahlreiche empirische Studien, darunter z. B. die Arbeiten von Löffelholz et al. (2003), Meyer (2005), Quandt (2005), Neuberger et al. (2009). Mit crossmedialem Journalismus befasste sich u. a. Meier (2007, 2010), mit mobilem Journalismus Wolf/Hohlfeld (2010) und Wolf (2010). Dem Image der Journalisten sind u. a. Lieske (2008) und Donsbach et al. (2009) auf den Grund gegangen, ein Vergleich des Journalistenbildes in literarischen Bestsellern mit Befunden der empirischen Kommunikatorforschung, »Journalismus in Fiktion und Wirklichkeit«, so der Titel, stammt von Evelin Engesser (2005). Von Meyen/Riesmeyer (2009) gibt es eine bundesweit durchgeführte qualitative Studie über Journalisten in Deutschland, von Meyen/Springer (2009) eine über freie Journalisten. International vergleichende Journalismusforschung stammt u. a. von Hanitzsch/Seethaler (2009) und Hanitzsch (2013), der Thematik ist auch der Sonderband von Medien und Kommunikationswissenschaft »Grenzüberschreitende Medienkommunikation« (Wessler/Averbeck-Lietz 2012) gewidmet. Eine Erkenntnistheorie der Journalistik legte 2006 Bernhard Pörksen mit der Publikation »Die Beobachtung des Beobachters« vor (Pörksen 2006). Journalistischem Handeln zwischen kommunikativer Vernunft und mediensystemischem Zwang ist Carsten Brosdas »Diskursiver Journalismus« gewidmet (Brosda 2008). Einen Sammelband zu aktuellem Stand und Perspektiven der Journalismusforschung mit zahlreichen Beiträgen haben Anfang 2013 Klaus Meier und Christoph Neuberger (2013) vorgelegt. Das Thema »Objektivität im Journalismus» mit Beiträgen von Ulrich Saxer (2012), Philomen Schönhagen (2012), Detlef Schröter (2012) und Hans Wagner (2012b) ist Gegenstand eines von Hans Wagner herausgegebenen Sammelbandes (Wagner 2012a). Einem bislang wenig bekannten Kommunikationsberuf, den Lektoren – den ›Gatekeepern‹ der Buchverlage – ist Walter Hömberg in einer für Deutschland repräsentativen Studie auf den Grund gegangen (Hömberg 2010). Mit »Büchermenschen«, d. h. mit der beruflichen Situation und den Bedingungen beruflicher Karrieren im Deutschen Buchhandel, hat sich Romy Fröhlich befasst (Fröhlich 2011). Auf mehrere der hier erwähnten Studien wird im Laufe des Kapitels noch näher eingegangen.

      Kommunikatorforschung ist, bezogen auf die Massenmedien, weitgehend also immer noch Journalismusforschung. Kommunikatoren z. B., die im weiten Feld der Unterhaltungsmedien tätig sind wie Talk- und Showmaster in Hörfunk und Fernsehen, Präsentatoren von Radio- und TV-Sendungen etc. oder Personen, die in eher künstlerischer und bildnerischer Weise in Presse und Rundfunk wirken, fanden durch die deutsche Kommunikationswissenschaft bislang nur wenig Beachtung. Verweisen kann man u. a. z. B. auf den bereits erwähnten Sammelband »Journalismus und Unterhaltung» von Scholl et al. (2007) sowie auf Louis Bosshart et al. (1994) »Medienlust und Mediennutz«.

      Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das Lehr- und Forschungsfeld Kommunikator-/Journalismusforschung zu strukturieren (vgl. u. a.: Jarren 1994; Donsbach 1994; Blöbaum 1994; Weischenberg 1992, 1995; Esser 1998; Merten 1999; Kunczik/Zipfl 2001). Hier werden die folgenden Themenkomplexe erörtert: wichtige Aspekte der journalistischen Berufsforschung; der Themenkreis Journalisten und Medieninhalte; aktuelle Themen der Journalismusforschung sowie neuere Theorien zur Journalismusforschung. Kompakte Überblicke zu »Journalismus« und »Journalisten« vermitteln Weischenberg (2005) und Donsbach (2009).

      Die journalistische Berufsforschung hat eine lange Tradition. Sie begann bereits im 19. Jahrhundert, als in die medienkundliche Geschichtsschreibung berufsgeschichtliche Überlegungen zum Journalismus einflossen (vgl. Prutz 1845). Die deutschsprachige


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