Das Leben ist ein Abenteuer. Hans-Peter Vogt

Das Leben ist ein Abenteuer - Hans-Peter Vogt


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gingen durch den Bus, erkannten Nils und ließen sich neben ihm auf die Sitze fallen.

      Wenn Pitt und Konni da waren, war an träumen nicht zu denken. Es wurde eine ziemlich kurzweilige Fahrt, dann rollten alle drei Kids zu der Halfpipe hinter der Musikakademie und drehten eine Runde.

      Das waren alles Freunde. Pitt und Konni waren zwei der Besten. Etliche der Kids waren richtige Cracks. Nils traf sich gerne und oft mit seinen Freunden. Sie fuhren Skateboard, sie besuchten Konzerte. Manchmal trafen sie sich in der Stadt, aber Nils nahm schon lange nicht mehr an Wettkämpfen teil. Er war einfach zu gut. Seine geheimen Kräfte erlaubten ihm Sprünge, an die andere nicht einmal im Traum zu denken wagten. Nils war für sie der Obercrack. Die kleinen Skaterkids himmelten ihn an und versuchten ihm nachzueifern.

      Heute verabschiedete sich Nils schon bald und rollte durch den offenen Seiteneingang ins Zentrum. Das Rollerskaten war hier erlaubt und Nils kurvte flott in die große Halle, als ihm von links plötzlich drei Mädchen in die Quere kamen.

      Nils machte eine Notbremsung, das Board flog ein Stück durch die Luft. Er prallte mit einem der Mädchen zusammen und riss sie ein Stück mit, wobei er sich alle Mühe geben musste, um nicht hinzufallen.

      Er hatte die Arme spontan um das Mädchen geschlungen und drehte sich durch den Schwung zweimal um die eigene Achse. „Puh.“ Er hielt sie auf Armeslänge von sich weg. „Dass ist ja grade noch mal gut gegangen.“

      „Mann, hast du immer so ein Tempo?“

      Nils grinste und ließ das Mädchen los. „Ich bin Nils und wie heißt du?“ „Helen.“

      Da wurde Nils von hinten angestoßen. „Kannst du nich’n bisschen aufpassen, Mann?“

      Nils drehte sich um. Das Mädchen war blond und gut gebaut und sie hatte wohl ein ziemlich loses Mundwerk.

      Er grinste. „Hey. Ich bin Nils, und wer seid ihr?“ „Das sind Cindy und Lara“, meinte Helen.“

      Nils grinste wieder. „Waffenstillstand, meine Damen? Kommt, ich lade euch auf einen Beruhigungs-Drink ein. Na, kommt schon“, bekräftigte er, holte sein Board und hängte sich bei Cindy ein. Die war hier wohl die Wortführerin.

      Nils führte die Mädchen zu Aysas Imbiss und fragte, „ich hab euch hier noch nie gesehen, neu hier?“ Die Mädchen nickten. „Dann lasst euch mal von Aysas Säften verführen. Ich empfehle Banane, Schoko, Kiwi, Ananas oder Apfel-Melone. Alles frisch gepresst und alkoholfrei. Wirklich! Ihr seid eingeladen.

      Er sah, wie Helen aufatmete. Cindy hingegen meinte. „Also los, Mädels. Nehmen wir den Raser mal auseinander.“ Sie lachte frech.

      Nils bestellte bei Amira, die tagsüber bei Aysa kellnerte und sah Helen an. „Also erzählt mal.“

      Helen gefiel Nils von den Mädchen am besten. Sie hatte einen weichen vollen Mund und große Augen. Die dunklen Haare hatten einen leichten Goldton und hingen glatt herunter. Helen war grazil und schien fast ein wenig zerbrechlich, aber es war alles da. Sie hatte schon einen Busen und sie hatte kleine schlanke Hände. Nichts war irgendwie geziert. Sie bewegte sich mit kraftvoller Leichtigkeit. Sie musste Sport machen. Irgendwas in der Art. Nils sah das auf den ersten Blick.

      Cindy hingegen war wirklich die Wortführerin. Sie plapperte wie ein Wasserfall. Nils fand schnell heraus, dass die drei ziemlich wenig Taschengeld hatten.

      Er brauchte sich da nicht zurückzuhalten. Er war nicht verschwenderisch, aber wenn’s der Zufall wollte, dann konnte Nils die Sau rauslassen. Er hatte genug Geld.

      Er nahm Vorlieb mit einem Gemüsedrink, etwas, was Aysa wirklich gut konnte, und er bestellte sich auch was zum Essen. Aysa, die Inhaberin des Imbisses war eine alte Freundin von Papa. Sie kannte Nils seit seiner Geburt und sie kannte seine Vorlieben. Nils nahm selten das, was auf der Speisekarte stand.

      Auch Amira (die Kellnerin) kannte ihn seit vielen Jahren. „Was soll’s heute sein?“ Nils sah sie mit schrägem Kopf an. „Rinderhack mit Langkornreis und Mohrrübengemüse, mit Feta überbacken. Geht das?“ Amira lachte. „Das ist neu. Hast du ja noch nie gehabt. Klar geht das.“ Zu den Mädchen gewandt, meinte sie. „Wollt ihr auch was?“

      Nils sah Helen an. Er spürte, dass sie für ein Essen kein Geld hatte, dann sah er zu den andern Mädchen. „Is’ wirklich gut, was ich mir bestelle. Naja, glaub’ ich. Soll ich mal eine große Portion kommen lassen und ihr kostet mal davon? Ganz unverbindlich? Ist das OK?“

      Er sah, dass Helen beschämt war und er berührte leicht ihren Arm. „Ist schon in Ordnung. Ich gehör’ hier zur Familie. Ich zahl hier nix. Ihr macht mich also nicht arm.“ Das war gelogen, aber Nils hatte damit keine Probleme.

      Amira hatte sich schon umgedreht und war gegangen. Zehn Minuten später kam sie mit einer großen Schüssel, mit vier Tellern, Löffeln und Gabeln und verteilte sie vor den Mädchen. „Is’ schon gut. Heute seid ihr eingeladen. Das nächste mal müsst ihr aber zahlen, wie alle anderen auch.“ Nils verzog den Mund zu einem Lächeln.

      Cindy langte richtig zu. Sie war ein Vollweib. Die Mädchen waren alle im Alter von Nils, irgendwo zwischen dreizehn und vierzehn, schätzte Nils und Cindy zog die beiden anderen richtig mit. Wenn die drei noch öfters ins Zentrum kamen, dann konnte das ja noch lustig werden.

      Er gab den Mädchen ein paar Tipps, um sich in dem großen Haus zurechtzufinden, dann musste er los. „Hab heute Mittag noch Training, sehn wir uns wieder?“

      Während Cindy plapperte, sah Nils zu Helen. Ihre Augen sagten ihm, dass sie ihn wiedersehen würde.

      „Ich bin jeden Tag hier. Wenn ihr mich sucht, könnt ihr Amira oder Aysa nach mir fragen. Vielleicht sollten wir mal zusammen zu einer Probe gehen oder zu einer der Tanzveranstaltungen.“ Er ließ das offen. Er sah das kleine Feuer in Helens Augen.

      Nils zahlte heute nicht. Er würde Aysa das Geld später geben, dann schnappte er sich sein Board und rollte davon.

      Sonst rannte er immer die Treppen zu ihrer Wohnung hoch. Heute nahm er den Aufzug und dachte nach. Diese Helen hatte es ihm wirklich angetan.

       3.

      Man schrieb das Jahr 2030. Nils war jetzt dreizehneinhalb und es würde bald Sommerferien geben.

      Seine Mutter war hier die Chefin des Zentrums. Papa war oft unterwegs. Mal in dem Werk in Sachsen-Anhalt, mal in Frankreich, in den USA, in Mexiko oder in Südamerika. Sie hatten da Nahrungsmittelfabriken, eine Fastfoodkette und sie waren an diversen Solarparks beteiligt. In Berlin hatte die Familie ganze Straßenzüge aufgekauft, und dann gab es da noch dieses Weltkulturerbe, diese Ausgrabung in Peru, wo die Familie mit unglaublichem Gewinn beteiligt war. Es gab genug Geld, und Nils hatte ziemlich freie Hand.

      Nun ja, nicht ganz. Seine Mutter achtete schon darauf, dass sie regelmäßig Kontakt hielten, und dass er seine Aufgaben auch ordentlich erledigte. Nicht nur seine Schulaufgaben. Alle seine Aufgaben, und dazu gehörte auch Maßhalten und sich immer wieder zu „erden“. Nils hatte bereits die Fähigkeiten eines Alphatiers, aber er hatte gelernt, bescheiden zu sein. „Wir haben eine Vision“, pflegte Mama zu sagen, „das hat uns groß gemacht, aber wir müssen nicht auffallen. Wir sind der Diener unserer Freunde. Zeigen wir ihnen, dass wir alle Teil einer großen Familie sind.“

      Mit Papa war Nils stets über einen eigenartigen Energiestrom verbunden. Er konnte sich mit Papa über große Distanzen verständigen, ganz ohne Telefon. Papa war schon oft zu ihm gesprungen, wenn Nils Probleme hatte und Papa brauchte. Die Fähigkeiten der Familie erlaubten das. Sie konnten alle durch den Raum gehen, wie durch eine unsichtbare Wand. Nur Mama konnte das nicht und Papas andere Frau, dort in Südamerika, die konnte das auch nicht. Aber alle Kinder von Papa konnten das und auch alle Kinder von Papas ältestem Sohn Para, der dort in Peru dieses riesige Gestüt hatte, die konnten das auch.

      Nils


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