Staatsrecht III. Hans-Georg Dederer
ausfallen würde als bei deren Gültigkeit. Die Verordnung ist für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich. Bei deren Nichtigkeit müsste es der Klage stattgeben, bei deren Gültigkeit müsste es die Klage abweisen.
5. Form
Die Form der Vorlage richtet sich nach § 80 Abs. 2, § 23 Abs. 1 BVerfGG. Laut Sachverhalt erfolgte die Vorlage formgerecht.
6. Auflösend bedingte Unzulässigkeit der Vorlage von Verordnungen
Das BVerfG hat die Vorlage von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft (jetzt auf Verordnungen der EU übertragbar) im Solange II-Beschluss jedoch deswegen für unzulässig erklärt, weil (und solange) der durch die EU gewährte Grundrechtsschutz dem vom Grundgesetz gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleichzuachten ist. Diese durch den „Solange-Vorbehalt“ auflösend bedingte „Zulässigkeitsvoraussetzung“ ist nur durch die Eigenheit der Materie bzw die dazu ergangene Rechtsprechung des BVerfG zu erklären, sodass das „herkömmliche“ Prüfungsschema für Vorlagen nach Art. 100 Abs. 1 GG diesen Punkt nicht vorsieht. Genau betrachtet handelt es sich auch nicht um eine Frage der Zulässigkeit, sondern um eine Art Begründetheitsprüfung auf der Zulässigkeitsebene, die am ehesten mit der Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde bei mangelnder Erfolgsaussicht oder offensichtlicher Unbegründetheit vergleichbar ist. Jedenfalls ist der Grundrechtsschutz durch die EU zurzeit noch „im wesentlichen gleichzuachten“. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH zu den Grundrechten der Berufsfreiheit und des Eigentums sowie aus den Artikeln 15 und 17 der Charta der Grundrechte (s. Rn 593 ff). Die Vorlage ist daher unzulässig.
II. Begründetheit (entfällt)
Ergebnis: Das BVerfG wird die Vorlage für unzulässig erklären.
§ 2 Völkerrecht, Europarecht und nationales Recht › B. Europarecht und nationales Recht › IV. Literatur
IV. Literatur
230
S. Rn 614; Bäcker, Solange IIa oder Basta I? – Das Vorratsdaten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus europarechtlicher Sicht, EuR 2011, S. 103 ff; Beljin, Wann muss ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten beseitigt werden?, NVwZ 2008, S. 156 ff; Berger, Anwendungsvorrang und nationale Verfassungsgerichte, 2015; Brodowski, Die drohende Verletzung von Menschenrechten bei der Anerkennung Europäischer Haftbefehle auf dem Prüfstand: Die zweifelhafte Aktivierung der Verfassungsidentität durch das BVerfG und eine Kurskorrektur in der Rechtsprechung der EuGH, JR 2016, S. 415 ff; Burchardt, Die Rangfrage im europäischen Normenverbund. Theoretische Grundlagen und dogmatische Grundzüge des Verhältnisses von Unionsrecht und nationalem Recht, Tübingen 2015; dies., Kehrtwende in der Grundrechts- und Vorrangrechtsprechung des EuGH? Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 5.12.2017 in der Rechtssache M.A.S. und M.B. (C-42/17, Taricco II“) EuR 2018, S. 248 ff; Calliess, Die europarechtliche Ultra-Vires-Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts – Stumpfes Schwert oder Gefahr für die Autorität des Unionsrechts?, in: FS Stein, S. 446 ff; ders./Ruffert (Hrsg.), Verfassung der Europäischen Union – Kommentar der Grundlagenbestimmungen, 5. Aufl., München 2016; Classen, Europäische Rechtsgemeinschaft à lʼallemande? Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 21.6.2016, 2 BvR 2728/13 ua, EuR 2016, S. 529 ff; ders., Zuviel des Guten? Unionsrechtliche Neuakzentuierungen beim Grundrechtsschutz, JZ 2019, S. 1057 ff; ders., Innere oder äußere Souveränität? – Zum Verständnis der Übertragung von Hoheitsrechten, DÖV 2018, S. 253 ff; von Danwitz, Subsidiaritätskontrolle in der Europäischen Union, in: FS Sellner, S. 3 ff; Dederer, Die Grenzen des Vorrangs des Unionsrechts – Zur Vereinheitlichung von Grundrechts-, Ultra-vires- und Identitätskontrolle, JZ 2014, S. 313 ff; Dietz, Die europarechtsfreundliche Verfassungsidentität in der Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts, AöR 142 (2017), S. 78 ff; Dubout, La primauté du droit de l„Union et le passage au pluralisme constitutionnel. Réflexions autour de lʼarrêt M.A.S. et M.B., RTDEur 2018, S. 563 ff; Ehlers, Der Vorrang des Unionsrechts, JURA 2011, S. 187 ff; Eßlinger/Herzmann, Die verfassungsrechtliche Identitätskontrolle und ihre Konkretisierung durch die Entscheidung 2 BvR 27 35/14 – „Identitätskontrolle I“ als Vorbote von „Solange III?“, JA 2016, S. 852 ff; Franzius/Mayer/Neyer (Hrsg.), Grenzen der Europäischen Integration, Baden-Baden 2014; Gärditz, Völkerrechtliche Integration und kompensatorische Rechtsschutzgarantie. Obiter dicta als Rechtsprechungsleitlinien in einem Nichtannahmebeschluss des BVerfG (hier: Europa-Schulen), EuGRZ 2018, S. 530 ff; Giegerich, Zwischen Europarechtsfreundlichkeit und Europaskepsis – Kritischer Überblick über die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur europäischen Integration, ZEuS 2016, S. 3 ff; Granat, The Principle of Subsidiarity and its Enforcement in the EU Legal Order. The Role of National Parliaments in the Early Warning System, Oxford ua 2018; Hwang, Anwendungsvorrang statt Geltungsvorrang, EuR 2016, S. 631 ff; ders., Vorrang der Verfassungsidentität als Herausforderung für die Rechtsordnung der Europäischen Union?, Der Staat 56 (2017), S. 107 ff; Hailbronner, Die Justiziabilität des Subsidiaritätsprinzips im Lichte der Subsidiaritätsprotokolle, in: Pernice, S. 135 ff; Huber, Europäische Verfassungs- und Rechtsstaatlichkeit in Bedrängnis. Zur Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Europa, in: Der Staat 56 (2017), S. 389 ff; Jestaedt, Die Europäische Integration und das Grundgesetz: Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwischen Integrationsbeförderung und Integrationsbegrenzung, Osaka University Law Review 64 (2017), S. 43 ff; P. Kirchhof, Der deutsche Staat im Prozess der europäischen Integration, in: Isensee/Kirchhof, Bd X, S. 299 ff; F. Kirchhof, Nationale Grundrechte und Unionsgrundrechte – Die Wiederkehr der Frage des Anwendungsvorrangs unter anderer Perspektive, NVwZ 2014, S. 1537 ff; Klein, Friedensgrüße aus Luxemburg: Neue Entwicklungen im europäischen Grundrechteverbund, DÖV 2018, S. 605 ff; König, Die Übertragung von Hoheitsrechten im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses – Anwendungsbereich und Schranken des Artikels 23 des GG, Kiel 2000; Kruis, Der Anwendungsvorrang des EU-Rechts in Theorie und Praxis, Tübingen 2013; Lochmann, Taricco I – ein Ultra-vires-Akt? Zur Rechtsfortbildung durch den EuGH, EuR 2019, S. 61 ff; Ludwigs, Der Ultra-vires-Vorbehalt des BVerfG – Judikative Kompetenzanmaßung oder legitimes Korrektiv?, NVwZ 2015, S. 537 ff; ders., Die Krisenpolitik der EZB zwischen Verfassungs- und Unionsrecht, NJW 2017, S. 3563 ff; Mannefeld, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die europäische Integration – Die Rechtsprechung des deutschen und des italienischen Verfassungsgerichts, 2017; Mayer/Walter, Die Europarechtsfreundlichkeit des BVerfG nach dem Honeywell-Beschluss, JURA 2011, S. 532 ff; Möllers/Reinhardt, Verfassungsrechtliche Probleme bei der Umsetzung des Europäischen Fiskalvertrags, JZ 2012, S. 693 ff; Müller-Franken, Eurobonds und Grundgesetz, JZ 2012, S. 219 ff; Murswiek, Die Ultra-vires-Kontrolle im Kontext der Integrationskontrolle, NJW 2017, S. 327 ff; Proelß, Bundesverfassungsgericht und überstaatliche Gerichtsbarkeit, Tübingen 2014; ders., Zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle der Kompetenzmäßigkeit von Maßnahmen der Europäischen Union: Der „ausbrechende Rechtsakt“ in der Praxis des BVerfG – Anmerkung zum Honeywell-Beschluss des BVerfG vom 6. Juli 2010 –, EuR 2011, S. 241 ff; Rademacher, Die „Verfassungsidentität“ als Grenze der Kompetenzübertragung auf die Europäische Union?, EuR 2018, S. 140 ff; Reyes y Ráfales, Bundesverfassungsgerichtliche Kontrolle der Europäischen Integration, ZEus 2017, S. 119 ff; Ruffert, An den Grenzen des Integrationsverfassungsrechts: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon, DVBl. 2009, S. 1197 ff; ders., Das Bundesverfassungsgericht als Akteur im Prozess der europäischen Integration, EuGRZ 2017, S. 241 ff; Sauer, Europas Richter Hand in Hand? Das Kooperationsverhältnis zwischen BVerfG und EuGH nach Honeywell, EuZW 2011, S. 94 ff; ders., Der novellierte Kontrollzugriff des Bundesverfassungsgerichts auf das Unionsrecht, EuR 2017, S. 186 ff; Schalast, Zwischen Solange, Honeywell und Lissabon: Die OMT-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, BB 2016, S. 1667 ff; ders., Der Ultra-vires-II-Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichts: Auf dem Weg zu einer europäischen Verfassungskrise?, BB 2017, S.