BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
verlangen, wenn der Verkäufer den fraglichen Mangel bei Vertragsabschluss kannte oder kennen musste. Hierher gehören z. B. der Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges als „unfallfrei“ trotz des Vorliegens erheblicher Unfallschäden[76] oder der Verkauf einer bloßen Kopie als Original . sodass in derartigen Fällen den Verkäufer nur dann eine Haftung trifft, wenn er bei Abschluss des Kaufvertrages die genannten Mängel und deren Unbehebbarkeit wenigstens erkennen konnte[77]. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so hat der Käufer grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 311a Abs. 2 S. 1), wobei man einen kleinen und einen großen Schadensersatz unterscheidet, je nachdem, ob der Käufer bei dem Vertrag stehen bleibt und nur Ersatz der Wertdifferenz verlangt oder ob er zur Vertragsliquidierung insgesamt schreitet. Lediglich dann, wenn es sich nur um einen unerheblichen Mangel handelt, ist der Käufer auf den kleinen Schadensersatz beschränkt (s. § 311a Abs. 2 S. 2 iVm § 281 Abs. 1 S. 3 und dazu o. Rn 2, 20).
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Andere Regeln gelten, wenn der unbehebbare Mangel erst nach Vertragsabschluss, aber vor Gefahrübergang (§§ 434 Abs. 1, 446) eintritt, wenn z. B. ein verkauftes Tier in dem fraglichen Zeitraum an einer unheilbaren Krankheit erkrankt. In diesem Fall ist der Verkäufer nur schadensersatzpflichtig, wenn er den Eintritt des unbehebbaren Mangels vor Gefahrübergang zu vertreten hat, wenn er etwa in dem genannten Fall das Tier fahrlässig einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt hat (§§ 437 Nr 3, 280 und 283).
3. Behebbare Mängel
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Behebbare Mängel sind solche, die sich durch Nacherfüllung, insbesondere also durch Nachbesserung oder gegebenenfalls auch durch eine Ersatzlieferung noch beseitigen lassen (§ 439 Abs. 1). Verlangt der Käufer wegen solcher Mängel, z. B. wegen der Wertminderung der Sache infolge nicht beseitigter Mängel, Schadensersatz, so ist Anspruchsgrundlage nach Gefahrübergang § 437 Nr. 3 in Verbindung mit den §§ 280 Abs. 1 und 3 sowie 281, so dass der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung im Regelfall den fruchtlosen Ablauf einer dem Verkäufer vom Käufer gesetzten angemessenen Frist zur Erfüllung voraussetzt (§ 281 Abs. 1 S. 1).[78] Ebenso wie nach § 323 Abs. 2 beim Rücktritt (Rn 18 ff) gibt es jedoch auch hier verschiedene Fälle, in denen nach § 281 Abs. 2 eine Fristsetzung entbehrlich ist, so dass der Käufer dann sofort Schadensersatz verlangen kann. Der wichtigste Fall dürfte auch hier die ernstliche und endgültige Erfüllungsverweigerung des Verkäufers sein (s. Rn 18).
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Der Schadensersatzanspruch des Käufers nach fruchtlosem Fristablauf setzt eine vom Verkäufer zu vertretende Pflichtverletzung voraus (§§ 280 Abs. 1 und 281) wobei gleichermaßen auf die Lieferung einer mangelhaften Sache (§ 433 Abs. 1 S. 2) wie auf einen Verstoß des Verkäufers gegen seine Nacherfüllungspflicht abgestellt werden kann (§§ 437 Nr 1, 439). Dieser kann insbesondere darin liegen, dass er gar nicht, verspätet oder mangelhaft tätig geworden ist.[79] Eine Haftung des Verkäufers wegen eines Verstoßes gegen § 433 Abs. 1 S. 2 durch die Lieferung einer mangelhaften Sache ist vor allem bei einem Hersteller vorstellbar. Händler werden hingegen mangels Untersuchungs- oder Herstellungspflicht häufig in der Lage sein, sich hier wegen des von ihnen nicht erkannten und für sie auch nicht erkennbaren Mangels zu entlasten (s. § 280 Abs. 1 S. 2), da Hersteller und Vorlieferanten grundsätzlich nicht als Erfüllungsgehilfen des Verkäufers behandelt werden können. Deshalb braucht der Verkäufer für deren Pflichtverletzungen, etwa bei der Herstellung oder Auswahl der Sache, nicht einzustehen (§ 278).[80] Eigene Untersuchungspflichten des Verkäufers werden nur unter engen Voraussetzungen bejaht.[81] Vor allem in derartigen Fällen erlangt daher die Haftung des Verkäufers für Verstöße gegen seine Nacherfüllungspflicht eigenständige Bedeutung (§§ 437 Nr 3, 281).
4. Verzögerungsschaden
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Der Käufer kann ferner dadurch geschädigt werden, dass der Verkäufer nicht zu der vereinbarten Zeit, sondern mit Verspätung liefert (Beispiele: entgangener Gewinn, Zinsbelastung, Belastung mit Ersatzansprüchen der Abnehmer). Für diese Schäden kann der Käufer Ersatz nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2 und 286 verlangen, d. h. nur bei Verzug des Verkäufers, der im Regelfall eine Mahnung des Käufers voraussetzt (§ 286 Abs. 1), außer wenn die Leistungszeit bereits im Vertrag bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr 1). Fehlt es daran, so wird die Mahnung des Käufers in der Regel spätestens in dem Verlangen der Nacherfüllung liegen (§§ 437 Nr 1 und 439),[82] so dass man in diesen Fällen dann auch auf die Verzögerung der Nacherfüllung abstellen kann.[83] Schadensersatz statt der Leistung erhält der Käufer in diesem Fall allein unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, d. h. grundsätzlich erst nach fruchtloser Fristsetzung, sofern nicht ein Fall des § 281 Abs. 2 vorliegt.
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Viel diskutiert ist die Frage, ob zu dem Verzögerungsschaden (Rn 26) auch der so genannte Nutzungsausfallschaden gehört. Man hat dabei Vermögensschäden des Käufers im Auge, die darauf beruhen, dass er die gelieferte, aber mangelhafte Sache nicht wie geplant einsetzen kann. Paradigma ist die Lieferung einer mit Mängeln behafteten Maschine, die zu Produktionsausfällen bei dem Käufer führt. In derartigen Fällen liegt richtiger Meinung nach das Schwergewicht nicht auf der Verzögerung der Lieferung einer mangelfreien Maschine, sondern auf der Schädigung des Käufers durch die Mängel der tatsächlich gelieferten Maschine unter Verstoß gegen § 433 Abs. 1 S. 2. Daher kann der Käufer hier sofort Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 wegen eines Mangelfolgeschadens (Rn 28) und nicht erst nach Mahnung und Fristsetzung nach den §§ 280 Abs. 2, 281 Abs. 1 und 286 wegen Verzugs des Verkäufers mit der Lieferung der einwandfreien Maschine (Rn 26) verlangen,[84] – vorausgesetzt freilich, dass der Verkäufer den Mangel überhaupt zu vertreten hat, etwa als Hersteller oder aufgrund einer mangelhaften Untersuchung der Kaufsache (Rn 25a).
5. Mangelfolgeschaden
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Als Mangelfolgeschäden bezeichnet man die auf der Lieferung der mangelhaften Sache beruhenden Schäden des Käufers an seinen sonstigen Rechtsgütern, z. B. die Verletzung des Käufers durch ein mangelhaftes Fahrzeug oder die Beschädigung des Materials des Käufers durch eine mangelhafte Maschine. Weil in derartigen Fällen, die dadurch gekennzeichnet, dass es bereits zu einem Schaden gekommen ist, eine (nachträgliche) Fristsetzung keinen Sinn mehr machte, kann in ihnen der Käufer sofort, d. h. ohne Fristsetzung, nach § 437 Nr 3 und § 280 Abs. 1 vom Verkäufer Schadensersatz „neben“ der Leistung verlangen[85], sofern der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat . Gleich steht der Fall, dass die Sache erst bei dem Versuch der Nacherfüllung durch den Verkäufer beschädigt wurde[86].
6. Nebenpflichten
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Eine letzte Fallgruppe bildet schließlich die Verletzung sonstiger Nebenpflichten des Verkäufers, die sich nicht in einem Sach- oder Rechtsmangel auswirkt. Zu denken ist hier in erster Linie an Verstöße des Verkäufers gegen Aufklärungs- oder Warnpflichten, etwa bei