Allgemeines Verwaltungsrecht. Mike Wienbracke
Personal selbst handelt oder – wie hier – mittels eines privaten Beliehenen. Die vorliegende Regelung enthält eine derartige Haftungsbeschränkung auf schweres Verschulden jedoch gerade nicht.
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Demgegenüber ist eine (materiell-)gesetzliche Grundlage im Rahmen der Leistungsverwaltung, d.h. für die Gewährung staatlicher Leistungen (z.B. Subventionen[27]), nach h.M.[28] grundsätzlich nicht notwendig.[29] Vielmehr genügt es insoweit regelmäßig, wenn im jeweiligen Haushaltsplan, der als Gesetz im rein formellen Sinn keine Wirkungen im Außenverhältnis des Staates zum Bürger entfaltet (vgl. Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG; § 3 Abs. 2 BHO, § 3 Abs. 2 HGrG; siehe auch das Beispiel in Rn. 236) – bzw. bei Selbstverwaltungsträgern wie den Gemeinden in der Haushaltssatzung –, eine Bewilligung hinsichtlich des „Ob“ der Verwendung staatlicher Mittel für bestimmte Zwecke[30] enthalten ist. Das „Wie“ der Leistungsgewährung kann dann in einer Verwaltungsvorschrift geregelt werden (Rn. 238 ff.). Ausnahmsweise bedürfen allerdings auch Subventionen dann einer formell-gesetzlichen Grundlage, wenn
• | sie in besonders (grundrechts-)sensiblen Bereichen erfolgen (so z.B. bei der Finanzierung eines die Öffentlichkeit vor bestimmten Sekten warnenden privaten Vereins [vgl. Art. 4 Abs. 1, 2 GG], bei der Gewährung von die Staatsfreiheit, Kritikbereitschaft und Freiheitlichkeit des Pressewesens gefährdenden Subventionen [vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG], bei Zahlungen an einen die Berufsfreiheit anderer einschränkenden Dritten [vgl. Art. 12 Abs. 1 GG] sowie bei der Gewährung von Zuwendungen an politische Parteien [vgl. Art. 20 Abs. 2, 21 GG]) oder |
• | die durch ihre Vergabe bewirkte Begünstigung des Subventionsempfängers in unerträglichem Maß in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Wettbewerbsfreiheit eines nicht subventionierten Konkurrenten eingreift (vgl. Übungsfall Nr. 4).[31] |
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Ein Verstoß gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes führt auf der Rechtsfolgenseite grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit der betreffenden Verwaltungsmaßnahme (zum Verwaltungsakt siehe Rn. 138, 270 ff.). Ausnahmsweise ist das Vorhandensein einer wirksamen und anwendbaren Ermächtigungsgrundlage allerdings dann für einen Übergangszeitraum bis zur Schaffung der notwendigen gesetzlichen Regelung verzichtbar, wenn eine sonst etwa eintretende Funktionsunfähigkeit staatlicher Einrichtungen der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der bisherige Zustand, sog. Chaosgedanke. Innerhalb dieses Zeitraums kann die Verwaltung daher auch ohne gesetzliche Grundlage in rechtmäßiger Weise tätig werden – allerdings nur insoweit, als dies zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Staates unerlässlich ist.[32]
JURIQ–Klausurtipp
Ist in der Fallbearbeitung die Rechtmäßigkeit einer hoheitlichen Einzelmaßnahme (z.B. Verwaltungsakt) zu begutachten, so beginnt die Prüfung mit dem Gliederungspunkt „Ermächtigungsgrundlage“ (Rn. 123 ff.). Dies ist unmittelbarer Ausfluss des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes. Näher zu thematisieren ist die Erforderlichkeit (Rn. 9 ff.) sowie die Wirksamkeit (Rn. 129 ff.) und Anwendbarkeit (Rn. 135 ff.) der Ermächtigungsgrundlage in der Klausur allerdings nur dann, wenn hierin im jeweiligen Fall ein Problem liegen sollte (z.B. Informationshandeln der Verwaltung). Andernfalls reicht die bloße Benennung der Ermächtigungsgrundlage aus.[33]
Anmerkungen
Statt aller siehe nur Maurer/Waldhoff Allgemeines Verwaltungsrecht § 6 Rn. 3.
Der Vorbehalt des Gesetzes ist in Art. 70 Abs. 1 bay. LVerf landesverfassungsrechtlich und in § 31 SGB I einfachgesetzlich positiviert.
BVerfGE 40, 237 (248).
Ehlers in: ders./Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht § 2 Rn. 42 m.w.N.; Maurer/Waldhoff Allgemeines Verwaltungsrecht § 6 Rn. 4, 6.
Wienbracke Staatsorganisationsrecht S. 9 m.w.N. Wird das Verwaltungshandeln auf eine Ermächtigungsgrundlage gestützt, die in einem Gesetz im nur-materiellen Sinn enthalten ist, so muss diese daher ihrerseits auf ein formelles Gesetz rückführbar sein (Rn. 8, 12, 132).
Zum gesamten Vorstehenden siehe Bull/Mehde Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre Rn. 159 ff.; Hufen Staatsrecht II § 9 Rn. 4 ff.; Wienbracke Einführung in die Grundrechte Rn. 180 f.; ders. Staatsorganisationsrecht S. 12, jew. m.w.N.
BVerwG NVwZ 2019, 1291 (1292).
Vgl. BVerfGE 116, 24 (59 ff.); BVerfG KommJur 2013, 73 (75); NVwZ 2019, 890 (892 f.); OVG Lüneburg NVwZ 2016, 164 (165 f.).
Vgl. Ipsen Staatsrecht I Rn. 788; Peine/Siegel Allgemeines Verwaltungsrecht Rn. 68; Voßkuhle/Wischmeyer JuS 2015, 311 (312).
Bzw. den entsprechenden Bestimmungen der jeweiligen Landesverfassung, z.B. Art. 61 Abs. 1 S. 2 LVerf BW, Art. 70 S. 2 LVerf NRW.
Siehe den Überblick bei Maurer/Waldhoff Allgemeines Verwaltungsrecht § 6 Rn. 15 m.w.N.
BVerfGE 33, 125 (156). Neben Satzungen im Bereich des öffentlichen Rechts gibt es auch im Privatrecht Satzungen (z.B. Vereinssatzung, § 25 BGB; Gesellschaftsvertrag einer AG, § 2 AktG).