Beweisantragsrecht. Winfried Hassemer
NStZ 1988, 420, 421; BGH NJW 1960, 2156; HK-StPO/Julius § 244 Rn. 14; zur Wahlgegenüberstellung zusammenfassend Wiegmann StraFo 1998, 37 sowie Pauly StraFo 1998, 41.
BGH StV 1991, 2; BGHSt 14, 21 f.; BGH VRS 34, 221 f.; vgl. auch Alsberg/Dallmeyer Rn. 222.
BGH Beschl. v. 29.8.2012 – 4 StR 254/12; BGH Beschl. v. 18.7.2001 – 3 StR 211/01; BGH 1 StR 590/98 = NStZ 1999, 312 = StV 2001, 98 m. Anm. Fahl.
Vgl. BGH Beschl. v. 26.2.2013 – 4 StR 518/12; BGH Beschl. v. 15.4.2003 – 1 StR 64/03 = BGHSt 48, 268 = NJW 2003, 2761 = StV 2003, 650; BGH Urt. v. 21.3.2002 – 5 StR 566/01 = wistra 2002, 260; BGH 2 StR 67/95 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 32 = StV 1995, 566 = NStZ-RR 1996, 107. Siehe auch BGH v. 24.6.2008 – 5 StR 238/08.
BGH Beschl. v. 15.4.2003 – 1 StR 64/03 = BGHSt 48, 268 = NJW 2003, 2761 = StV 2003, 650. Vgl. zur Video-Vernehmung auch BGH Beschl. v. 12.2.2004 – 1 StR 566/03 = BGHSt 49, 68 = NJW 2004, 1468 = StV 2004, 246; BGH Urt. v. 12.2.2004 – 3 StR 185/03 = StV 2004, 247; Deckers StraFo 2004, 209; Kölbel NStZ 2005, 220.
BGHSt 48, 268, 273 leitet dies daraus ab, dass die Vorführung der Video-Aufzeichnung die Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung ersetzen soll; vgl. auch KK-Krehl § 244 Rn. 70.
So auch Rieß StraFo 1999, 1, 5; Schlothauer StV 1999, 47, 49; vgl. ferner Schlothauer StV 2003, 652, 655; Eisenberg/Zötsch NJW 2003, 3676; Fürstenau StV 2004, 468; Vogel/Norouzi JR 2004, 215; Boetticher NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer, 8, 16; Beulke ZStW 113 (2001), 709. Hiergegen: Radtke/Hohmann-Kelnhofer § 244 Rn. 70.
Vgl. BGH Urt. v. 22.3.2006 – 2 StR 585/05 (Antrag auf nochmalige Anhörung eines Sachverständigen nach Einführung neuer Anknüpfungstatsachen).
Vgl. KK-Krehl § 244 Rn. 70.
BGH Urt. v. 30.11.2005 – 2 StR 557/04 = NStZ 2006, 406 m. Anm. Gössel (Hilfsbeweisantrag auf Herstellung von Einzelbildern, nachdem in der Hauptverhandlung bereits eine auf einer Mini-DVD gespeicherte Filmsequenz in Augenschein genommen worden war).
Teil 2 Die Stufen der petitativen Einflussnahme auf den Umfang der Beweisaufnahme › III. Beweisermittlungsanträge
III. Beweisermittlungsanträge
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Hier ergeben sich die Abstriche vom unbedingten Beweisbegehren weniger aus der Intensität des Petitums als aus dem Maß an Bestimmtheit der Behauptungen. Die dabei zum Ausdruck gebrachte Ungewissheit beim Antragsteller kann sich auf dreierlei beziehen:
• | Unbestimmtheit bezogen auf das Beweismittel |
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Beispiel:
„Es wird beantragt, den Rektor des Goethe-Gymnasiums zu bitten, in seiner Schule festzustellen, ob noch weitere Schüler bestätigen können, dass nicht Herr A. (der Angeklagte), sondern der Nebenkläger den ersten Stein geworfen hat.“
• | Ergiebigkeit des Beweismittels, z.B. das Aussageverhalten des Zeugen |
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Beispiel:
„Es wird beantragt, den Mitschüler des Herrn A., Herrn B (ladungsfähige Anschrift: …) als Zeugen zu vernehmen. Sollte der Zeuge sich entschließen können, die Wahrheit zu sagen, woran allerdings Zweifel bestehen, so wird durch seine Aussage bewiesen werden, dass nicht Herr A., sondern der Nebenkläger den ersten Stein geworfen hat.“
• | Fehlende Behauptung einer Beweistatsache |
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Beispiel:
„Es wird beantragt, Herrn R als Zeugen zu der Frage zu vernehmen, wer den ersten Stein geworfen hat.“
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Solche Beweisermittlungsanträge unterscheiden sich von den Beweisanregungen in der Bestimmtheit des Petitums: Während Beweisanregungen lediglich einen gewissen Appell an die Amtsaufklärungspflicht darstellen, enthalten Beweisermittlungsanträge schon das Verlangen, von einem bestimmten Beweismittel Gebrauch zu machen. Von den eigentlichen Beweisanträgen unterscheiden sie sich jedoch dadurch, dass das Beweisthema nur allgemein und neutral genannt wird, ohne dass sich der Antragsteller eine bestimmte Beweisbehauptung zu eigen macht, so etwa wenn bestimmte Zeugen „zum Verhalten des Angeklagten am 7.6.2002“ oder „zum Verhältnis der Eheleute T.“ gehört werden sollen.[1]
Der Beweisermittlungsantrag erweist sich damit in der Praxis zumeist als defizitärer Beweisantrag. Typische Fälle, in denen dieses Defizit immer wieder auftritt, sind etwa der Antrag, ein Sachverständigengutachten (mit unbestimmtem Ausgang) zum Geisteszustand des Beschuldigten einzuholen[2], oder der Antrag auf Einnahme eines Augenscheins ohne die Prognose eines bestimmten Ausgangs.[3] Als Beispiele für die zu geringe Bestimmtheit des Beweismittels können gelten der Antrag, einen Zeugen „aus der Nachbarschaft“ zu vernehmen[4] oder der Hinweis auf eine „Urkundensammlung“[5] oder eine Vielzahl von Augenscheinsobjekten (wie z.B. abgehörten Telefongesprächen).[6] Auch Anträge, in denen lediglich ein Kreis von Zeugen benannt wird, aus dem derjenige, der das Beweisthema bestätigen kann, erst herausgefunden werden soll, sind als Beweisermittlungsanträge zu behandeln.[7] Ebenso bewertet hat die Rechtsprechung einen Antrag auf Vernehmung von ca. 170.000 nicht mit vollem Namen und voller Anschrift benannten Grundstückseigentümern.[8]
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Als „Beweisermittlungsantrag“ versteht man dementsprechend vielfach eine Beweisanregung, welche gewissermaßen ein Beweisantrag im Entwicklungsstadium ist, bzw. eine Intervention, welche zur Vorbereitung eines Beweisantrags dient.[9] Der Beweisermittlungsantrag ist jedoch nicht stets – worauf schon Herdegen mit Recht hingewiesen hat[10] – eine Vorstufe für den eigentlichen Beweisantrag. Oftmals ergibt sich das Defizit gegenüber dem Beweisantrag auch daraus, dass der Antragsteller eine bestimmte Behauptung nicht vorbringen oder ein bestimmtes Beweismittel nicht angeben kann. Praktisch zielt auch der Beweisermittlungsantrag meist auf die unmittelbar sachverhaltsaufklärende Tätigkeit des Gerichts, das heißt eine Beweiserhebung im Strengbeweisverfahren. Seine Qualität als prozessualer Antrag steht außer Frage, weil er vom Gericht ein Tätigwerden verlangt, mit dem ein unmittelbarer