Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

Besteuerung von Unternehmen II - Wolfram Scheffler


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erkennbar ist, dass die eingekauften Rohstoffe nur einen Wert von 190 000 € haben. Die eigene Leistung übersteigt die zu erwartende Gegenleistung um 10 000 €. Der drohende Verlust aus dem schwebenden Beschaffungsgeschäft ist durch Passivierung einer Rückstellung bereits im Jahr 01 gewinnmindernd zu erfassen. Der Eingang der Rohstoffe wirkt sich auf den Gewinn des Jahres 02 nicht aus.

10.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 10 000 € an Rückstellung 10 000 €

      Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses

15.1.02: Rohstoffe 190 000 €
Rückstellung 10 000 € an Bank 200 000 €

      Da der Wertverlust bereits im Vorjahr durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

      Beispiel für ein Absatzgeschäft:

      Der Wert der eigenen Leistung (= Aufwendungen zur Herstellung der Wohnung von 320 000 €) liegt voraussichtlich um 20 000 € über der Gegenleistung des Kunden (= Festpreis von 300 000 €). Diese Unterdeckung gilt nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach als Aufwand des Jahres 01, der zur Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und damit zu einer entsprechenden Gewinnminderung führt. Fasst man alle Buchungen zusammen, ändert sich im Jahr 02 der Erfolg der Bau-KG nicht. Den Aufwendungen für die Erstellung des Gebäudes von 320 000 € stehen Erträge in gleicher Höhe gegenüber: Umsatzerlöse von 300 000 € sowie Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften von 20 000 €.

12.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 20 000 € an Rückstellung 20 000 €

      Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses

Januar bis Juni 02 (Bauphase):
diverse Aufwendungen an diverse Bestände
(Material, Löhne, …) 320 000 € (Bank, Rohstoffe, …) 320 000 €
Fertigerzeugnisse 320 000 € an Bestandserhöhungen
(Ertragskonto) 320 000 €

30.6.02 (Fertigstellung und Übergabe):
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 300 000 € an Umsatzerlöse 300 000 €
Bestandsminderungen
(Aufwandskonto) 320 000 € an Fertigerzeugnisse 320 000 €
Rückstellung 20 000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag 20 000 €

      Da der Wertverlust durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bereits im Vorjahr erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

      127

      

      Die aus schwebenden Geschäften drohenden Verluste müssen in der Handelsbilanz durch die Bildung einer Rückstellung berücksichtigt werden (Ansatzpflicht, § 249 Abs. 1 S. 1 HGB). In der Steuerbilanz besteht jedoch für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ein Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 4a S. 1 EStG). Durch diese Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips (Fall 2b: zwei voneinander abweichende verbindliche Normen) fallen die handelsrechtliche und steuerrechtliche Gewinnermittlung in einem konzeptionellen Punkt auseinander. Für die Verletzung der handelsrechtlichen GoB in der Steuerbilanz hat der Gesetzgeber keinen der für die steuerliche Gewinnermittlung bedeutsamen Grundsätze angeführt. Vielmehr dient die Aufhebung des Imparitätsprinzips dem Grunde nach in der Steuerbilanz im Wesentlichen dazu, die durch die Abschaffung der Gewerbesteuer vom Kapital im Jahr 1998 entstandene Minderung der Steuereinnahmen auszugleichen. Das Verbot, in der Steuerbilanz Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu passivieren, beruht also ausschließlich auf haushaltspolitischen Überlegungen. Steuersystematische Argumente bestehen nicht.

      128

      (3) Niederstwertprinzip: Die Grundform des Niederstwertprinzips bezieht sich auf abgeschlossene Beschaffungsgeschäfte. Für Absatzgeschäfte ist der Grundsatz der verlustfreien Bewertung – eine spezielle Ausprägung des Niederstwertprinzips – zu beachten.

      129

      

      Beispiel:

      Die AB-OHG erwirbt bei einem Großhändler Rohstoffe. In dem


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