Soldatengesetz. Stefan Sohm
zu unterschreiben und zur PA zu nehmen.[87] Verweigert der Soldat seine Unterschrift, gilt der Eid als nicht geleistet.
2. Feierliches Gelöbnis (Absatz 2)
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Die obigen Ausführungen zum Eid gelten grds. auch für das feierliche Gelöbnis gem. Abs. 2. In diese Best. sind jetzt auch Soldaten einbezogen, die freiwilligen Wehrdienst nach § 58b leisten.
a) Dienstpflicht?
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Das BMVg vertritt seit Jahrzehnten den Standpunkt, das Ablegen des feierlichen Gelöbnisses gehöre zu den gesetzl. Dienstpflichten des Soldaten.[88] Weder bei den Beratungen im VertA noch im Plenum des BT sei bezweifelt worden, dass das Gelöbnis zum Pflichtenkatalog des Soldaten zu rechnen sei.
Die Lit.[89] folgt überwiegend dieser Auffassung.
Das OVG Münster[90] leitete die Dienstpflicht zur Ablegung des Gelöbnisses aus dem Wortlaut von § 9, der Stellung dieser Norm im Gesetz, aus ihrem Sinn und Zweck und ihrer Entstehungsgeschichte ab.
Die Gegenmeinung[91] argumentiert ebenfalls mit dem Wortlaut von § 9 Abs. 2. Die Formulierung „bekennen sich (...)“ sei nicht „imperativisch“; sie könne keine Dienstpflicht begründen.
Der h. M. ist zuzustimmen. Die zit. Gesetzespassage lässt auf eine Dienstpflicht schließen. „Bekennen sich“ meint nichts anderes als „haben sich zu bekennen“. Dies ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem Beamtenrecht, wenn es in § 38 Abs. 3 BeamtStG heißt: „(...) kann an Stelle des Eides ein Gelöbnis vorgeschrieben werden“. Dem Gesetzgeber des SG kann nicht unterstellt werden, er habe es der Entscheidung des Soldaten überlassen wollen, ein Gelöbnis abzulegen oder nicht. Dass der Erlass-/Befehlsgeber diese Dienstpflicht nicht wie die anderen Pflichten des Soldaten konsequent („mit der Härte des Gesetzes“) umgesetzt hat[92], lässt einen Rückschluss auf den Rechtscharakter des feierlichen Gelöbnisses nicht zu.[93]
b) Durchsetzung per Befehl?
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Die Einhaltung der soldatischen Pflichten kann durch Befehl erzwungen werden. Ein solcher Befehl diente dienstl. Zwecken und entspräche § 10 Abs. 4[94]. Deswegen ist früher[95] angenommen worden, dem Soldaten könne befohlen werden, das feierliche Gelöbnis abzulegen.
Ein solcher Befehl würde heute nicht mehr erteilt, insbes., weil jedenfalls seine Durchsetzung für unvereinbar mit dem ethischen und religiösen Gehalt (des feierlichen Gelöbnisses) sowie der unserem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat eigenen Rücksichtnahme auf die Gewissensfreiheit des Staatsbürgers angesehen würde. Der sich weigernde Soldat ist aber darüber zu belehren, dass er gleichwohl in vollem Umfang den soldatischen Pflichten unterliegt.[96]
aa) Keine Entlassung
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Das Dienstverhältnis eines Soldaten, der nach Maßgabe des WPflG Wehrdienst leistet, bleibt von der Gelöbnisverweigerung unberührt.[97] Er wird i.d.R. nicht entlassen,[98]es sei denn, es läge eine über die bloße Gelöbnisverweigerung hinausgehende Dienstpflichtverletzung i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG vor. Die Begr. für diese Verfahrensweise ist formal darin zu sehen, dass das WPflG im Gegensatz zum SG bei länger dienenden Soldaten keinen besonderen Entlassungstatbestand für Gelöbnisverweigerer enthält.
Gleiches gilt für einen Dienstleistungspflichtigen, der nach seiner Heranziehung das gem. § 59 Abs. 3 Satz 2 abzulegende Gelöbnis verweigert. Er unterliegt uneingeschränkt den sich aus der Dienstleistungspflicht ergebenden Pflichten. Die Weigerung bleibt grds. ohne Einfluss auf das Wehrdienstverhältnis; § 75 sieht die Gelöbnisverweigerung als solche nicht als Entlassungsgrund (je nach Sachverhalt kann allenfalls eine zusätzliche Dienstpflichtverletzung nach § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 gegeben sein).
bb) Disziplinare Sanktionen
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Heute[99] muss der Gelöbnisverweigerer nicht mehr mit disziplinaren (oder wehrstrafrechtl.) Konsequenzen rechnen.[100] Auch diese langjährige Praxis des BMVg wird mit dem „ethischen Gehalt“ des feierlichen Gelöbnisses und damit begründet, dass dieses lediglich die wortgleiche Dienstpflicht des § 7 bekräftigt. Vor diesem Hintergrund muss im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG die in § 35 Abs. 1 WDO verankerte Selbstständigkeit des zuständigen DiszVorg. zurücktreten.[101]
cc) Beförderungsverbot
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Ein Erl. des GenInspBw vom 30.4.1968 bestimmte kurz und bündig: „Solange der Soldat das feierliche Gelöbnis nicht ablegt, ist er von jeglicher Beförderung auszuschließen.“
Hiergegen sind schon bald von herausragender Stelle[102] rechtl. Bedenken erhoben worden. Obwohl die Lit. mehrheitlich[103] der Erlasslage gefolgt ist und diese durch das OVG Münster[104] bestätigt wurde, änderte sich die Praxis des BMVg im Laufe der Zeit. So wurde ausgeführt, der Gelöbnisverweigerer werde „regelmäßig“ nicht befördert. 1996[105] erfolgte eine weitere Lockerung in Gestalt der Formulierung: „Weigert sich ein Wehrpflichtiger, das feierliche Gelöbnis abzulegen, muss er damit rechnen, nicht befördert zu werden.“
Eine solche Verfahrensweise ist rechtl. nicht zu beanstanden. Sie lässt eine an § 3 orientierte Einzelfallprüfung zu. Wenn sich bei dieser herausstellt, dass sich der Soldat aus nachvollziehbar begründeten ethisch/religiösen Motiven heraus weigert, das feierliche Gelöbnis abzulegen, kann er trotz der Gelöbnisverweigerung für den nächsthöheren Dienstgrad geeignet sein.
Legt der wpfl Soldat das Gelöbnis unter einem Vorbehalt ab, kann dies ebenfalls Anlass sein, ihn nicht zu befördern.[106]
dd) Wehrübungen
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Ein Gelöbnisverweigerer unterliegt weiterhin uneingeschränkt seinen sich aus der Wehrpflicht ergebenden Pflichten. So kann er z.B. gem. § 6 WPflG zu Wehrübungen einberufen werden.
Anmerkungen
Cuntz, 174; Lange, 191- 219; Walz, Eid und feierliches Gelöbnis, 52.
Anonym, 92.
Denkschrift des Bundeskanzleramtes „Der Europäische Soldat deutscher Nationalität“, Juli 1954, 15 f.