Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand


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Hol- oder Schickschulden bleiben Transportkosten stets beim Käufer hängen, der also auch bei Nichtigkeit wegen ihres Ersatzes kein Zurückbehaltungsrecht am herauszugebenden Kaufgegenstand geltend machen kann.

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      Entreicherung tritt nach § 818 Abs. 3 auch ein, wenn der Entreicherte sie absichtlich herbeigeführt hatte. Das wäre jedoch unbillig, wenn er dabei nicht von einer Selbstschädigung ausgehen konnte, weil er auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs nicht vertrauen durfte. Eine danach von ihm verschuldete Entreicherung führt zur Schadensersatzpflicht (§§ 292 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1). Tatbestandlich tritt die Haftungsverschärfung ein, wenn der Bereicherungsschuldner den Mangel des rechtlichen Grundes seines Empfangs kennt (§ 819 Abs. 1), in den Fällen des § 817 S. 1, sofern dem Empfänger der Gesetzes- oder Sittenverstoß bewusst war (§ 819 Abs. 2) oder im Fall der Kondiktion wegen Zweckverfehlung, wenn die Zweckerreichung von vornherein objektiv unsicher war und sich beide Parteien hierüber klargewesen sind (§ 820 Abs. 1 S. 1), und ebenso im Fall der Kondiktion wegen späteren Wegfalls des Rechtsgrundes (und generell bei Leistungen unter Vorbehalt) mit dieser Möglichkeit gerechnet wurde (§ 820 Abs. 1 S. 2); zuletzt auch ab Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs (§ 818 Abs. 4).

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      §§ 819 und 820 Abs. 1 verweisen auf § 818 Abs. 4 mit der dort bestimmten Haftung „nach den allgemeinen Vorschriften“, also nach § 292. Damit trägt der Bereicherungsgläubiger sodann lediglich das Risiko zufälligen Untergangs oder zufälliger Verschlechterung der herauszugebenden Sache (Verschuldenshaftung des Bereicherten nach §§ 292, 989, 990 Abs. 1). Der Höhe nach haftet der Bereicherte jedoch nur bis zum Wert des erlangten Bereicherungsgegenstands, denn nur der Wegfall der Bereicherung soll kompensiert, keine darüber hinausgehende Ersatzpflicht begründet werden.

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      Minderjährigen Bereicherungsschuldnern ist solche Berufung auf ihre Entreicherung nur in den Grenzen ihrer Einsichtsfähigkeit entsprechend § 828 verwehrt.

      Beispiel:

      § 3 Ausgleichsordnung › D. Außervertraglicher Schadensausgleich – Überblick

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      Während der Aufwendungsausgleich der Geschäftsführung ohne Auftrag sich wesentlich nach dem objektiven Interesse an freiwilligem Vermögenseinsatz bemisst und die Bereicherungshaftung einen ungerechtfertigten Vermögenszuwachs ausgleicht, dient der Schadensausgleich der Überwälzung eingetretener Vermögensminderungen. Der Blick richtet sich dabei auf das Interesse des Geschädigten.

      Schadensausgleich kennt auch das Vertragsrecht (vgl. §§ 280 ff.) wegen der Verletzung von Pflichten aus Schuldverhältnissen (Erfüllungs– und Treupflichten). Geschützt wird dadurch das Erfüllungsinteresse, auf welches allein alle vertraglichen Pflichten nach ihrem Zweck ausgerichtet sind. Deshalb haftet dort der Verpflichtete auch für jede schuldhafte Schädigung seiner Vertragspartner durch seine Erfüllungsgehilfen (vgl. § 278).

      Der deliktische Schadensausgleich richtet sich demgegenüber nach einer allgemeinen Ordnung des Güter- und Friedensschutzes, die dadurch gestört wird, dass der Einzelne seine Rechtsgrenzen überschreitet und Rücksichtspflichten verletzt. Geschützt ist deshalb das Integritätsinteresse. Dem entspricht auch die als Verursachungshaftung mit Entlastungsmöglichkeit ausgestattete Verantwortlichkeit für Verrichtungsgehilfen (vgl. § 831).

      § 3 Ausgleichsordnung › E. Unerlaubte Handlungen

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      Unerlaubte Handlungen begründen ein gesetzliches Schuldverhältnis mit der Pflicht zum Schadensausgleich und der Gewährung der vorbeugenden Unterlassungsklage. Es handelt sich um die rechtswidrige und schuldhafte Verletzung fremder Rechtsgüter. Das Deliktsrecht des BGB will damit Schäden „aus Unrecht“ restituieren und führt dazu konsequent das Verschuldensprinzip durch (Ausnahmen nur aus Billigkeitsgründen, § 829, und hinsichtlich des Risikos durch Luxustiere, § 833 S. 1; außerdem stark eingeschränkt durch die Vermutung bestehender Schuld und deren Kausalität für den Schaden v.a. durch Verrichtungsgehilfen, § 831).

      Das Verschuldensprinzip vermeidet dadurch eine jeder menschlichen Handlungsfreiheit widersprechende Erfolgshaftung bzw. rein objektive Verursachungshaftung.

      Schäden „aus Unglück“ gehören damit zum allgemeinen Lebensrisiko, für das niemand haftet. Sie sind nur mittels des Sozial- und Versicherungsrechts regulierbar.

      Lediglich bestimmte Sondergesetze schaffen zusätzlich einen deliktischen Ausgleich von Unglücksschäden nach dem Prinzip der verteilenden Gerechtigkeit („iustitia distributiva“), soweit sie als Folge bestimmter, sozial gebilligter Gefährdungen durch nicht voll beherrschbare Risiken eintreten (etwa das Produkthaftpflichtgesetz – ProdHaftG, das Straßenverkehrsgesetz – StVG). Dadurch wird eine Einstandspflicht desjenigen geschaffen, der im Allgemeininteresse erlaubte besondere Gefahrenquellen zum eigenen Nutzen eröffnet. Am Unglück trifft niemanden eine besondere Schuld, weshalb sich die Zurechnung einer Schädigung allein nach den Sicherheitserwartungen der beteiligten Verkehrskreise, angemessenen Möglichkeiten der Vorkehrung etc. richten kann.

      725

      

      Dieser Gedanke der Einstandspflicht bei Gefährdungstatbeständen als soziale Aufgabe der ausgleichenden Gerechtigkeit wird schließlich


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