Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand
a) Provision des Untervertreters
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Bei echten Untervertretungsverhältnissen (§ 84 Abs. 3 HGB) besteht der Provisionsanspruch gegenüber dem Hauptvertreter, der seinerseits insoweit vom Unternehmer abhängig ist und die Provision (nach Abzug seines Anteils) nur durchleitet. Der Untervertreter kann seine Provision deshalb vom Hauptvertreter erst verlangen, wenn dieser sie seinerseits vom Unternehmer erhalten hat. Der Hauptvertreter trägt also insb. nicht das Insolvenzrisiko, muss seinerseits den Provisionsanspruch aber im Interesse des Untervertreters treupflichtkonform verfolgen.
b) Vertretungsmacht des Untervertreters
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§§ 55 Abs. 1, 54 Abs. 1 HGB, ggf. über die Fiktion des § 91 HGB, sind auf den Untervertreter in der Weise anzuwenden, dass es stets um die Vertretung desjenigen Unternehmers (Prinzipal) geht, in dessen Dienst die gesamte Vertriebsorganisation steht, und (zwingend) nicht um ein Auftreten im Namen des Hauptvertreters (sonst würde dieser zum Kommissionär). Es handelt sich um einen Fall der Untervollmacht, die gleichwohl offengelegt werden oder verdeckt bleiben kann, aber zwingend im Namen des Prinzipals ausgeübt wird.
Exkurs:
Keine Untervollmacht, sondern eine Kette jeweils eigenständiger Vertretungsmacht liegt z.B. im Fall der GmbH & Co. KG zugrunde, wenn dort die Vertretung der KG (im Namen der KG) durch die Komplementär-GmbH erfolgt (vgl. §§ 161 Abs. 2, 125 HGB) und diese wiederum (im Namen der GmbH) durch den GmbH-Geschäftsführer vertreten wird (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG).
c) Ausgleichsanspruch beim Untervertretungsverhältnis
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Bei der echten wie der unechten Untervertretung stellt sich das Problem der Zuordnung des Kundenkreises zum Haupt- oder Untervertreter.
Da die unechte Untervertretung jedoch keine rechtliche (bloß eine betrieblich-organisatorische) Zwischenstufe kennt, sind die bei Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses mit diesem in der Berichtsstruktur zusammenhängenden „Haupt“- oder „Unter“-Vertreter nicht als Handelsvertreter betroffen, sondern bloß hinsichtlich einer organisationsrechtlichen Abrede; nur aus dieser kann deshalb auch ein eventueller „Ausgleichsanspruch“ abgeleitet werden. Eine Abfindung des „Hauptvertreters“ in Bezug auf „seine“ Untervertreter kann damit ohne Rücksicht auf § 89b Abs. 4 HGB im Rahmen seiner Beauftragung frei bestimmt werden.
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Endet dagegen bei der echten Untervertretung das Hauptvertretungsverhältnis mit dem Prinzipal, so liquidiert der Hauptvertreter den Ausgleichsanspruch des gesamten Stammes, also einschließlich seiner Untervertreter, die insoweit ihren Kundenstamm zwangsläufig ebenfalls verlieren. Es handelt sich um ein Binnenproblem zwischen Haupt- und Untervertreter; die Beendigung einer Hauptvertretung ist stets auch zumindest eine Teilbeendigung (je nach Anzahl der Prinzipale) des Untervertretungsverhältnisses, und zwar nicht nur in tatsächlicher, sondern auch rechtlicher Hinsicht, denn der Hauptbevollmächtigte muss nicht nur die Untervollmacht widerrufen, sondern auch den auf diesen Prinzipal bezogenen Vermittlungsauftrag kündigen. Damit hat der Untervertreter einen eigenen gesetzlichen Ausgleichsanspruch gegen den Hauptvertreter, den dieser (wie im Übrigen stets) statt in Geld in Form angemessener anderweitiger Abfindung erfüllen kann. Denkbar sind etwa kompensatorische neue Unter-Vermittlungsaufträge eines neuen Prinzipals, wenn diese hinreichend werthaltig und konkret sind. Widrigenfalls handelt der Hauptvertreter pflichtwidrig und setzt einen Grund für die Kündigung des Untervertretungsverhältnisses im Ganzen. Bei der echten Untervertretung können die Verteilung des Ausgleichsanspruchs und die Gestattung einer bestimmten Kompensationsmöglichkeit wegen § 89b Abs. 4 HGB nicht im Voraus geregelt werden (jede Vereinbarung wäre geeignet, den Anspruch unzulässig zu beschränken).
§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › VI. Treugebundene Erfolgsleistungen – Überblick
VI. Treugebundene Erfolgsleistungen – Überblick
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Treugebundene Geschäftsbesorgungsverhältnisse können, wie beim Handelsvertretervertrag, auf einen Dienstvertrag aufbauen und eine ständige Betreuungspflicht für einen bestimmten Geschäftsherrn schaffen. Sie können jedoch auch von Fall zu Fall, entsprechend einem Werkvertrag, begründet werden, so dass jeweils nur eine in sich abgeschlossene Geschäftsbesorgung übernommen wird. Solche Erfolgsleistungen mit Treuhandbindung liegen dem Kommissionsvertrag (§ 383 HGB), dem Speditionsvertrag (§ 453 HGB), aber auch dem Maklervertrag des BGB (§ 652) und dem Handelsmaklervertrag (§ 93 HGB) zugrunde.
§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › VII. Zivilmakler- und Handelsmaklervertrag
1. Lebenstypen
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Handelsmakler ist nach § 93 HGB, wer gewerbsmäßig für andere Personen die Vermittlung von Verträgen über Anschaffung oder Veräußerung von Waren oder Wertpapieren, über Versicherungen, Güterbeförderungen, Schiffsmiete oder sonstige Gegenstände des Handelsverkehrs übernimmt. Zu Letzteren gehören alle handelbaren Wirtschaftsgüter, etwa Kredite und Finanzanlagen, aber auch Filmaufführungs- und Fernsehübertragungsrechte. Handelsmakler können also Gebrauchtwagenhändler sein, die ständig im Namen wechselnder Kunden Fahrzeuge verkaufen, aber auch Versicherungsmakler, Finanzmakler und insoweit insb. die investitionsbegleitenden Investmentbanken und Vermittler im Logistikbereich, etwa für Fracht- und Charterverträge, schließlich Börsenmakler (§ 27 BörsG).
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Zivilmakler sind die Vermittler von solchen Verträgen, die nicht unter § 93 HGB fallen. Im Wesentlichen bleiben damit die Vermittlung von Grundstücksgeschäften und Mietverträgen durch Immobilienmakler und von Dienstleistungen außerhalb des Transportgewerbes, wie etwa die Stellenvermittlung durch „Headhunter“, die Vermittler des Transfers von Sportlern oder Künstlern (durch sog. „Impresarios“), soweit diese nicht als Agenten dauerhaft betraut sind.
Stets Zivilmakler ist schließlich der bloße Nachweismakler gleich welcher Verträge, der diese also nicht abschlussreif aushandelt („vermittelt“; so der sog. Abschlussmakler), sondern nur Interessenten zusammenführt.
2. Interessenlage beim Zivil- und Handelsmakler
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Die Maklertätigkeit ist streng erfolgsbezogen auf das Zustandekommen des vermittelten oder nachgewiesenen Geschäfts, wodurch erst der Provisionsanspruch (§ 652 Abs. 1 S. 1) wirksam wird. Makler sind selbst zumeist Kaufleute (vgl. § 1 Abs. 2 HGB) und als solche etwa zum Führen von Handelsbüchern verpflichtet. Ob sie im konkreten Fall als Zivil- oder Handelsmakler tätig werden, hängt ausschließlich vom Gegenstand ihres Auftrags ab. Alle Maklerverträge erfüllen die Voraussetzungen des § 652, aber manche zusätzlich auch diejenigen des § 93 HGB. Ob Letzteres der Fall ist und damit ein Handelsmaklervertrag vorliegt, entscheidet sich also von Fall zu Fall bzw. von Auftrag zu Auftrag.[179]
Je nachdem, ob der Makler im Einzelfall als Handels- oder Zivilmakler tätig wird, hat er jedoch eine ganz unterschiedliche