Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand


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bei denen sich selbstständige Gewerbetreibende als Vertragspartner gegenüber stehen (Außenrecht), wenngleich sie im Hinblick auf den eigentlichen Lieferungs- bzw. Leistungsvorgang (das Ausführungsgeschäft) mit einem Dritten das Innenverhältnis zum Unternehmer betreffen.[168]

      Irreführend sind deshalb auch die Formulierungen etwa in § 84 Abs. 1 HGB („Handelsvertreter ist, wer ….“), in § 383 Abs. 1 („Kommissionär ist, wer….“) etc., als dort nicht ein besonderer Kaufmannstyp oder Beruf bestimmt wird, der Träger eines diesbezüglichen Unternehmens (einer Handelsvertretung, eines Kommissionshauses) wäre; angesprochen sind gewerbliche Geschäftsbesorgungsverhältnisse, die je nach angelegter Dauer, dem Grad der wechselseitigen Abhängigkeit und dem wesensmäßigen Erfordernis besonderer Vertragspartner (bei sog. beiderseitigen Handelsgeschäften) einen angemessenen Interessenausgleich schaffen sollen. Es handelt sich um treugebundene Dauer(dienst)leistungen, so insb. Agenturvertrag und Handelsvertreter, bzw. um treugebundene Erfolgs(werk)leistungen, so insb. Maklervertrag, Kommission und Spedition.

      § 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › V. Handelsvertreter

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      „Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen“ (§ 84 Abs. 1 S. 1 HGB). Deutlicher sagt § 85 HGB, dass es sich hierbei um ein zweiseitiges Handelsvertreterverhältnis handelt, wenn dort bestimmt ist, dass jeder Teil verlangen kann, dass „der Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag“ schriftlich niederzulegen sind. Handelsvertreterrecht ist daher immer dann anzuwenden, wenn ein den §§ 84 ff. HGB entsprechendes Dauerschuldverhältnis besteht. Der Handelsvertreter ist solcher jedenfalls (ggf. nur) in Bezug auf das Verhältnis zu diesem einen Patron, im Übrigen mag er selbstständiger Gewerbetreibender gleich welcher Branche sein.

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      Der Handelsvertreter ist Dienstleister für Umsatzgeschäfte von Unternehmen, Absatzvermittler. Typischerweise tritt er als Warenvertreter oder Versicherungsvertreter auf (§ 92 HGB), aber auch als Agent im Bereich der Kunst, als Event-Agentur, Konzertagentur etc. Aber auch Reisebüros, Tankstellen und manche Autohäuser (insb. Mercedes-Händler) sind Handelsvertreter und die mit den Kunden abgeschlossenen Verträge lauten auf das andere Unternehmen (die Mineralölgesellschaft, den darbietenden Künstler selbst, den Hersteller oder Reiseveranstalter, das Versicherungsunternehmen oder die Bausparkasse etc.). Handelsvertreterverhältnisse sind damit eine bestimmte Form organisierter Vertriebsnetze, nämlich mittels selbstständiger Unternehmer (zumeist) mit Vollmacht zum Abschluss im Namen des dahinterstehenden Unternehmens, für das sie dauerhaft tätig sind.

      Der Vertrieb über Handelsvertretungen kann über mehrere Stufen von Generalvertretungen und Untervertretungen weiter untergliedert sein (vgl. § 84 Abs. 3 HGB).

      Beispiele:

      Ebenfalls Handelsvertreter sind die Ein-Firmen-Vertreter (vgl. § 92a HGB), die eine arbeitnehmerähnliche Stellung haben (vgl. § 5 Abs. 3 ArbGG) und deshalb sozial besonders schutzbedürftig sind. Schließlich können Handelsvertreter auch nur im Nebenberuf tätig sein (vgl. § 92b HGB), was vor allem bei Versicherungs- und Bausparkassenvertretern (§ 92b Abs. 4 HGB) vorkommt.

      Sog. Handlungsreisende sind hingegen gar nicht selbstständig (vgl. § 84 Abs. 2 HGB) und damit angestellte Handlungsgehilfen („Commis-Voyageurs“), nicht Handelsvertreter.

      In der Akquise von Umsatzgeschäften eingesetzte „freie Mitarbeiter“ sind regelmäßig (soweit nicht vielmehr nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV Scheinselbstständigkeit vorliegt, vgl. § 84 Abs. 2 HGB) Handelsvertreter, z.B. eines Immobilienmaklers – was v.a. im Hinblick auf § 89b HGB gravierende Folgen im Fall der Trennung haben kann.

      361

      Handelsvertreter kann nur sein, wer selbstständiger Gewerbetreibender ist. Als solche kommen Unternehmer in Betracht, die als Kaufmann ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) betreiben, aber auch Kleingewebetreibende („Minderkaufmann“) ohne Eintragung im Handelsregister (§§ 84 Abs. 4, 1 Abs. 2 und § 2 HGB). Dazu gehören auch Handelsgesellschaften (§ 6 HGB), die ebenfalls Handelsvertreter sein können.

      Auch selbstständige Handelsvertreter haben Weisungen des Unternehmers (vgl. § 665), in dessen Vertriebsorganisation sie eingebunden sind, Folge zu leisten; diese Formen von Weisungsgebundenheit und Eingliederung betreffen die treuhänderische Interessenwahrnehmung, also die Ausrichtung der Tätigkeit, und sind eine substantiell andere als diejenige von Arbeitnehmern, welche für ihre Tätigkeit initial auf Weisung und Eingliederung angewiesen sind.

      Nicht maßgeblich ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Handelsvertreters, vgl. die arbeitnehmerähnlichen Handelsvertreter (§§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92a HGB). Handelsgesellschaften (§ 6 HGB) sind stets selbstständig i.S.v. § 84 Abs. 1 HGB und zwar auch dann, wenn sie als Tochterunternehmen in das Vertriebssystem ihres Mutterunternehmens eingeordnet und damit gesellschaftsrechtlich abhängiges Unternehmen (§ 17 AktG) sind. Konzernstruktur und Handelsvertreterverhältnis überlagern sich dann.

      362

      Der Handelsvertreter kann Vermittlungs- oder Abschlussvertreter sein. Vermittlung bedeutet, Geschäftsabschlüsse dadurch zu fördern, dass auf Dritte als potentielle Kunden fördernd eingewirkt wird. Vermittlung i.S.v. § 84 Abs. 1 S. 1 HGB geht über den bloßen Nachweis der Gelegenheit zu einem Vertragsschluss (vgl. Nachweismakler, § 652) hinaus.

      Beispiel:

      Kein Handelsvertreterverhältnis liegt deshalb in der bloßen Befassung mit Kundenbetreuung, Werbung und Public Relations. Pharmavertreter in Arztpraxen beraten über Vorteile neuer Medikamente, welche die Ärzte verordnen mögen, und sind deshalb ebenso wenig Handelsvertreter wie derjenige „Agent“ eines Künstlers, der für ihn lediglich Termine vereinbart, ohne ihn zu vermarkten (i.e. Verhandlung von Konzertauftritten etc.).

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      Gleiches gilt für den Abschlussvertreter, der lediglich zusätzlich bevollmächtigt ist, den Vertragsschluss mit dem Dritten im Namen des Unternehmers zu vollziehen. Er hat dann zugleich Handlungsvollmacht (vgl. § 91 Abs. 1 HGB) mit entsprechend gesetzlich umschriebenem Umfang (§§ 55 Abs. 1, 54 HGB).

      Beachte:

      § 91 Abs. 1 HGB fingiert die Handlungsvollmacht ausdrücklich auch auf die Erteilung durch einen Nichtkaufmann (notwendige Konsequenz aus § 84 Abs. 1 S. 1 HGB: Prinzipal kann jeder „Unternehmer“ sein ohne Einschränkung auf Kaufleute, vgl. dagegen §§ 54 Abs. 1, 1 Abs. 2 HGB: „Handelsgewerbe“).

      Beispiel:


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