Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand


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      Geschäftsbesorgungen nach § 675 Abs. 1 sind alle Verwaltungen an fremdem Vermögen. Typische Beispiele sind aus dem Dienstvertragsrecht die Tätigkeit von Organmitgliedern juristischer Personen, die laufende Beratung durch Rechtsanwälte und Steuerberater, aus dem Werkvertragsrecht etwa die anwaltliche Rechtsvertretung in einer konkreten Angelegenheit, ebenso bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern (z.B. Erstellung oder Prüfung des Jahresabschlusses; Buchführung), aber auch die Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Geschäftsbesorgungen sind auch Verträge im Giro- und Inkassoverkehr, insb. für sog. Zahlungsdienste (vgl. §§ 675c–676c; etwa der Girovertrag mit einer Bank nach § 675f Abs. 2).

      Beispiele:

      Die implantologische Leistung des Zahnarztes ist reiner Werkvertrag auch wenn die dabei von ihm zu verantwortenden und dem Patienten weiterzubelastenden Material- und Laborkosten seines Zahntechnikers noch so sehr die Honorarhöhe bestimmen und deshalb wichtiges Patienteninteresse sind; dieser wirtschaftliche Aspekt tritt dennoch als treugebundene Nebenpflicht nach den Parteianschauungen hinter die medizinische Werkleistung zurück. Für die Abrechnung z.B. des beschafften Zahngoldes – aber eben nur insoweit – gelten die betreffenden Auftragsnormen, insb. die §§ 665–670.

      Dagegen wird ein bauleitender Architekt (Verantwortung für Rechnungsprüfung und -freigabe, Qualitätskontrolle der Bauleistungen, Sicherung von Rechten bei Mängeln etc.) aufgrund Geschäftsbesorgungsvertrags tätig.

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      Kennzeichnend für die Treuhandbindung ist die Verpflichtung, übernommene Geschäfte in eigener Initiative und mit Pflichtauffassung im Interesse des Auftraggebers durchzuführen. Dies bedingt insb. Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten (vgl. §§ 666, 667).

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      Der Geschäftsführer wird auf Rechnung des Geschäftsherrn tätig und hat diesem alle ihm zur Auftragserledigung überlassenen Mittel zurückzugeben und außerdem alles, was er „aus der Geschäftsbesorgung erlangt“, abzuführen. Beides gehört zur Herausgabepflicht nach § 667. Umfasst ist alles, was in einem inneren Zusammenhang mit der Geschäftsführung zugeflossen ist, unabhängig davon, ob der zuwendende Dritte von der Herausgabe an den Geschäftsherrn ausging oder sogar umgekehrt sie ausschließen wollte (etwa Sonderprovisionen, Schmiergelder, aber auch alle Aufmerksamkeiten und Arbeitshilfen).

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      Das Erlangte ist nicht nur gegenständlich, sondern hinsichtlich der vollen erlangten Rechtsmacht herauszugeben, was eine Pflicht zur Übereignung von erlangtem Eigentum, Übertragung eingeräumten Besitzes oder Abtretung von Forderungen und Rechten nach den jeweils geltenden Vorschriften umfasst.

      Der Inhalt der Herausgabepflicht hängt dabei maßgeblich davon ab, wie sich der Treuhänder im Außenverhältnis geriert: Soweit der Treuhänder nach außen (selten) als Bote oder (zumeist) bei offener Treuhand ausdrücklich als Vertreter des Geschäftsherrn aufgetreten war, liegt bereits unmittelbarer Rechtserwerb des Geschäftsherrn vor, so dass sich die Herausgabe allenfalls auf Besitzherrschaft beschränken wird. Bei verdeckter Treuhand (Strohmanngeschäfte) tritt der Geschäftsführer gegenüber Dritten im eigenen Namen auf mit der Folge eigenen Rechtserwerbs und hierauf bezogener Übertragungspflicht an den Geschäftsherrn (also Übereignung bzw. Abtretung geschuldet); für letzteren Fall kann etwa bereits mit Auftragserteilung ein antezipiertes Besitzkonstitut (§§ 930, 868) vereinbart oder als Insichkonstitut (§§ 181, 930) geschlossen werden (sofern es sich nicht sowieso um ein sog. „Geschäft für den, den es angeht“, handelt). Das Geschäftsbesorgungs-, also das Innenverhältnis bestimmt, dass alles Erlangte herauszugeben ist; was und wie etwas erlangt wird und damit in der Folge der Inhalt der Herausgabepflicht, richtet sich nach dem Außenverhältnis.

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      Die Gütegefahr hinsichtlich des Erlangten (das Kapitalrisiko) und die Leistungsgefahr für zufälligen Untergang trägt der Geschäftsherr, auf dessen Rechnung die Geschäftsführung erfolgt. Der Geschäftsführer übernimmt für das Erlangte keine Garantie, sondern haftet nur verschuldensabhängig nach §§ 280 ff., insb. also bei Verzug (vgl. §§ 280 Abs. 2, 286, insb. 287).

      Besonderheiten gelten ggf. aufgrund eines parallelen Besitzkonstituts (vgl. z.B. bei der Kommission die Verwahrungshaftung nach § 930 BGB) und hinsichtlich der Wertverschaffungspflicht bei Geld.

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      Die für organschaftliche Geschäftsführer geltenden haftungsbewehrten Verbote der Masseschmälerung in der Liquiditätskrise, vgl. § 64 GmbHG; §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 2, 3 Nr. 6 AktG; §§ 130a Abs. 2, 177a HGB, die durch solche Saldierungen der Bank verletzt würden, zwingen ihn deshalb, im Valutaverhältnis mit dem Zahlungspflichtigen den Geldeingang auf einem Habenkonto sicherzustellen (das aufgrund des AGB Pfandrechts der Banken überdies nicht bei einer Gläubigerbank eingerichtet werden darf, vgl. Nr. 14.1 und .2 AGB Banken, Nr. 21.1 und .3 AGB Sparkassen).

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      Die Herausgabepflicht umfasst schließlich auch alle Früchte, insb. Zinsen aus dem Erlangten, soweit sie dem Geschäftsführer zufließen (vgl. etwa § 668). Hinsichtlich der Rechtsform der Herausgabe sind für Sachfrüchte die §§ 953 ff. i.V.m. 99 Abs. 1 zu beachten, hinsichtlich der Zinsen als Früchte von Rechten (§ 99 Abs. 2) hingegen wieder das Auftreten des Geschäftsführers im Außenverhältnis bei der Fruchtziehung.

      Die Pflicht zur Rechenschaftslegung (§ 666) sichert dem Geschäftsherrn den Anspruch auf das Erlangte. Rechenschaftslegung ist deshalb selbstständig klagbare Nebenleistungspflicht und prozessual im Rahmen der Stufenklage (vgl. § 254 ZPO) geltend zu machen.

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      Die Lasten der Geschäftsbesorgung werden dem Geschäftsherrn komplementär zur Zuweisung der Vorteile übergewälzt, auf dessen Rechnung sie übernommen wurden. Die Erstattungspflicht umfasst entsprechend alle Aufwendungen, die der Geschäftsführer „zum Zweck der Ausführung des Auftrags“ gemacht hat, sofern er sie „den Umständen nach für erforderlich halten“ durfte (§ 670). Aufwendungen sind dabei jede freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten zum Zweck der Durchführung der Geschäftsbesorgung oder als deren notwendige Folge. Für objektiv erforderliche Aufwendungen kann bereits ein Vorschuss verlangt werden (§ 669).

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      Ausgeschlossen sind damit mangels freiwilliger Aufopferung Zufallsschäden,


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