Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand


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Nr. 3, 4). Ihre Geltendmachung hängt von der Fruchtlosigkeit des (Nach)Erfüllungsanspruchs ab (daher in § 634 Nr. 3, 4 der Verweis auf § 636), die sich aus endgültigem Fehlschlagen oder der Verweigerung der (Nach)Erfüllung, ihrer Unmöglichkeit oder ihrer Unzumutbarkeit für den Besteller wie aus dem Ablauf einer zu ihrer Vornahme gesetzten Frist von angemessener Länge ergeben kann.

      Für den in § 634 Nr. 3 geregelten Rücktritt und die Minderung (§ 638 BGB) gelten dieselben Grundsätze wie im Kaufrecht. So verhält es sich auch mit dem Schadens- und Aufwendungsersatz (§ 634 Nr. 4).

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      Die Grenzen des (Nach)Erfüllungsanspruchs bei mangelhaft angebotenem Werk (vgl. § 636), die dem Besteller den Übergang zu den Gewährleistungsrechtsbehelfen unmittelbar erlauben, entsprechen denjenigen beim Kauf (dort § 440). In der Praxis können sich je nach der Natur der Leistung Fälle von Unmöglichkeit der Nacherfüllung oder ihrer Unzumutbarkeit vermehrt ergeben, so besonders bei nichtkörperlichen Werken (denkbar etwa bei einer fehlerhaften Operation oder Konzertaufführung, einem fehlerhaften Haarschnitt eines Friseurs).

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I. Allgemeine Voraussetzungen der Nacherfüllung 1. Wirksamer Werkvertrag 2. Sach- oder Rechtsmangel, § 633; ggf. auch wegen fehlender Warnhinweise 3. Bei Gefahrübergang: – grundsätzlich mit Abnahme, § 644 – Vollendung statt Abnahme, § 646 – Abnahmefiktion nach Abnahmefrist, § 640 Abs. 1 S. 3 – Abnahmeverzug des Bestellers, § 644 S. 2 – Gefahrenübergang bei Versendung des Werkes, §§ 644 Abs. 2, 447
II. Kein Gewährleistungsausschluss 1. Vertraglicher Gewährleistungsausschluss, § 639 (aber ggf. §§ 650 S. 1, 476 Abs. 1) 2. Gewährleistungsausschluss durch AGB (aber § 309 Nr. 8b aa–ff) 3. Vorbehaltlose Annahme trotz Kenntnis, § 640 Abs. 2 (anders § 650 S. 2)
III. Spezielle Voraussetzungen der Nacherfüllung 1. Wahlrecht des Werkunternehmers Neuherstellung oder Reparatur 2. Möglichkeit der Nacherfüllung (§ 275 Abs. 1); Unmöglichkeit nur, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind. 3. Kein Leistungsverweigerungsrecht des Werkunternehmers a) § 635 Abs. 1: Unverhältnismäßigkeit der Kosten beider Nacherfüllungsvarianten (wie § 439 Abs. 4); b) § 275 Abs. 2 bei grobem Missverhältnis zwischen Nacherfüllungsaufwand und Leistungsinteresse des Bestellers; c) § 275 Abs. 3
IV. (Sekundäre) Klagebefugnis auf: 1. Neuherstellung oder Mangelbeseitigung; Kosten: § 635 Abs. 2 2. Selbstvornahme, § 637; Vorschuss nach § 637 Abs. 3 3. Rückgewähr des mangelhaften Werkes, §§ 635 Abs. 4, 346 ff. 4. Herausgabe gezogener Nutzen, §§ 635 Abs. 4, 346 Abs. 1 5. Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz nur über § 636

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      Wirkung der Abnahme (§ 640) ist der Beginn der Verjährung als Ausschlussfrist für sämtliche Rechtsbehelfe einschließlich der Erfüllungsklage (vgl. § 634a). Aufbau der Vorschrift und Länge der Fristen entsprechen § 438.

12. Vorzeitige Kündigung

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      Der Vertragszweck des Werkvertrags ist erst mit dem Austausch von Werk und Vergütung erreicht. In § 648 anerkennt das BGB ein kaufmännisches Moment darin, dass das Interesse des Unternehmers hauptsächlich ein kommerzielles, finanzielles ist. Der Besteller mag daher jederzeit durch Kündigung auf die weitere Herstellung des Werks verzichten, schuldet aber weiterhin das vereinbarte Entgelt, vermindert nur um ersparte Aufwendungen und anderweitige Einkünfte des Unternehmers, die dieser durch die mit der Kündigung zusätzlich frei werdenden Kapazitäten erzielt oder jedenfalls erzielen müsste (Vermutungsregelung zur Vermeidung erheblicher praktischer Schwierigkeiten in der Kalkulation der ersparten weiteren Aufwendungen in § 648 S. 3).

      Das Kündigungsrecht des Bestellers ist somit ein nach Zeitpunkt und Voraussetzungen freies (vergleichbar dem des Dienstberechtigten bei sog. höheren Diensten, § 627 Abs. 1, aber mit schärferer Rechtsfolge als dieses, vgl. dort § 628 Abs. 1 S. 1, wonach nur Teilvergütung geschuldet wird). Der Unterschied zu §§ 627 Abs. 1, 628 Abs. 1 S. 1 ist dadurch gerechtfertigt, dass die dem Leitbild der sog. höheren Dienste zugrundeliegende besondere soziale und Vertrauensstellung des Dienstverpflichteten einem dem Handelsrecht vergleichbarem kommerziellem Interesse des Werkunternehmers in Bezug auf seine Tätigkeit gerade entgegensteht (inwieweit dieses Standesdenken der sozialen Wirklichkeit entspricht, sei dahingestellt, weil sowohl freies Kündigungsrecht wie Vergütungsregelung im Dienst- wie im Werkvertragsrecht vertraglich abweichend geregelt werden können).

      § 648 (§ 649 a.F.) ist nicht auf Werkverträge anwendbar, die den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses haben, so z.B. ein „Internet-System-Vertrag“ zur Registrierung einer Domain nebst Programmierung und dem „Hosten“ einer Internetpräsenz, der auf eine Laufzeit von 36 Monaten abgeschlossen wird (vgl. BGHZ 188, 149); gleiches gilt für Bauträgerverträge (BGHZ 96, 275). Für solche bleibt es bei der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314).

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      Seit dem Jahr 2018 sieht § 648a für alle Werkverträge ein beiderseitiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vor. Wann ein wichtiger Grund vorliegt, definiert § 648a Abs. 1 S. 2 in Anlehnung an § 314 Abs. 1. Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 galt bereits zuvor auch für Werkverträge, setzte aber ein Dauerschuldverhältnis voraus

      Nach § 648a Abs. 2 kann die Kündigung auch „auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks“ beschränkt werden. Es braucht sich dabei nicht – wie in § 8 Abs. 3 VOB/B – um einen „in sich abgeschlossenen Teil“ des Werks zu handeln, sondern es reicht aus, dass die Vertragspartner eine Abgrenzung zwischen den kündigungsbedingt nicht mehr geschuldeten und den noch zu erbringenden Leistungen vornehmen können und der Unternehmer in der Leistungsausführung nicht beeinträchtigt wird.

      Durch den Verweis in § 648a Abs. 3 auf § 314 Abs. 2 und 3 wird klargestellt, dass die Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muss, nachdem der Kündigende vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hatte.

      Eine wirksame Kündigung ist zudem grundsätzlich erst nach erfolgloser Abmahnung möglich, außer besondere Gründe rechtfertigen unter Abwägung


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