Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand
Umsatzsteuersatzes verlangen, wenn der zugrundeliegende Vertrag mindestens vier Monate vor der Steuersatzerhöhung abgeschlossen wurde.
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Ein sog. Kalkulationsirrtum betrifft hingegen Fehler der Berechnungsgrundlage bei Vertragsschluss. Seine Behandlung hängt zuerst davon ab, ob die Berechnungsgrundlage überhaupt Vertragsbestandteil wurde (so zumeist nur bei offengelegter Kalkulation); ein unmittelbar daraus erkennbarer Rechenfehler im Hinblick auf die Angebotssumme ist dann unbeachtlich (falsa demonstratio non nocet).
Schwieriger sind Fehler z.B. in den zugrunde gelegten Mengen, Maßen und Einzelpreisen der Kalkulation, soweit sie nicht aus sich heraus, etwa durch Addition, feststellbar sind. Die Vertragsauslegung ergibt dann regelmäßig eine vereinbarte Geltung der aufgeführten Endsumme oder entsprechender Zwischensumme. Erst daran schließt sich eine eventuelle Anfechtungsmöglichkeit an (zur Anfechtung vgl. Rn. 26). Die Anfechtbarkeit wurde früher stets bejaht, wenn die fehlerhafte Kalkulation offengelegt war, also der sachlich richtige Preis durch Austausch der Variablen auch von Externen errechnet werden konnte. Dies wird inzwischen weitgehend abgelehnt. Statt Anfechtung stehen dem Unternehmer heute allenfalls und nur ausnahmsweise Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 i.V.m. § 249) zu Gebote, sofern der Besteller hinsichtlich des Fehlers arglistig war, ansonsten nur das Recht auf Vertragsanpassung nach den (engen) Grundsätzen der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313) oder in ganz engen Grenzen die Einrede unzulässiger Rechtsausübung nach § 242.[162]
e) Abschlagszahlungen nach § 632a
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Der Unternehmer kann von dem Besteller bereits vor Abnahme Abschlagszahlungen verlangen, soweit der Besteller durch eine vertragsgemäß erbrachte Leistung einen Wertzuwachs bereits erlangt hat (§ 632a Abs. 1 S. 1), etwa durch gesetzlichen Eigentumserwerb (§§ 946 ff.). Ein Wertzuwachs liegt nur dann vor, wenn die erbrachte Leistung für den Besteller bereits selbstständig nutzbar ist (etwa indem das Aufsetzen durch einen Folgeunternehmer möglich ist).
Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden, der Besteller kann jedoch einen angemessenen Betrag zur Beseitigung eines Mangels in Abzug bringen; angemessen ist i.d.R. das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten (vgl. §§ 632a Abs. 1 S. 2 und 3, 641 Abs. 3).
Für Verbraucherbauverträge gelten weitere Einschränkungen für Abschlagszahlungen (vgl. § 650m; früher § 632a Abs. 3 a.F.), ähnlich nach §§ 650q/v. Insb. muss dem Verbraucher im Rahmen des (Abschlags-) Zahlungsplans stets ein mind. 10%-iger Gewährleistungseinbehalt verbleiben (§ 650m Abs. 1); Zusätzlich eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung. § 650m ist gem. § 650o zwingend, also durch Individualvereinbarung nicht abdingbar.
6. Mitwirkungspflichten des Bestellers
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Den Besteller treffen außerdem je nach Art der Werkleistung Mitwirkungspflichten. So kann er den zur Herstellung erforderlichen (Bau)Plan oder Stoff bereitzustellen haben oder auch sich selbst zur Vornahme der Werkleistung zu verfügen haben (nach dem Behandlungsraum, zur Anprobe etc.).
Hier begründen Pflichtverletzungen des Bestellers nicht lediglich die Folgen des Annahmeverzugs (§ 300 Abs. 1), zusätzlich erhält der Werkunternehmer einen Entschädigungsanspruch (§ 642), der über den Ersatz von Mehraufwendungen (§ 304) hinausgeht.
Zudem kann der Unternehmer bei unterlassener Mitwirkung außerordentlich kündigen, in dem er eine angemessene Frist zur Nachholung bestimmt und diese mit der Kündigungserklärung für den Fall des fruchtlosen Verstreichens verbindet (§ 643). Der Vertrag gilt dann mit fruchtlosem Fristablauf als aufgehoben (S. 2). In diesem Fall kann der Unternehmer nach § 645 Abs. 1 neben vollem Auslagenersatz auch eine Teilvergütung beanspruchen; bei Verschulden des Bestellers bleibt darüber hinaus dessen Haftung auf das Erfüllungsinteresse bestehen (§ 645 Abs. 2).
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Parallel bleibt dem Unternehmer die Möglichkeit zum Rücktritt nach § 324, welche im Falle der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag die Fristsetzung entbehrlich macht. Das Recht zum Schadensersatz besteht dann nach § 325 i.V.m. § 282. Zwar ist die Mitwirkungspflicht des Bestellers keine Leistungsverpflichtung und das Unterlassen der Mitwirkung führt daher keinesfalls zur Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts. Dies hindert jedoch nicht die Qualifizierung als Nebenpflicht.
7. Nebenpflichten
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Sachbezogene Nebenpflichten im Hinblick auf den Vertragszweck ergeben sich beiderseits, so etwa Obhutspflichten für gelieferte Stoffe, Geheimhaltungspflichten sowie persönliche Fürsorgepflichten in entsprechender Anwendung des § 618, soweit wechselseitig Räumlichkeiten und Vorrichtungen zugänglich gemacht werden.
Dies kann auch gegenüber bestimmten Dritten gelten (Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte).[163]
8. Gefahrtragung
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Der Unternehmer gibt eine Herstellungsgarantie. Er trägt nicht nur die Leistungsgefahr und wird hiervon nur durch völlig unvorhersehbare Umstände außerhalb der von ihm zu vertretenden Hindernisse frei, sondern er trägt auch das Beschaffungsrisiko. Unmöglichkeit ist danach bei der Gattungsschuld von vornherein kaum (nur bei Untergang der Gattung) und auch bei der Stückschuld nur beschränkt auf die genannte enge Ausnahme vom Betriebsrisiko gegeben.
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Zudem trägt der Unternehmer die Preis- oder Entgeltgefahr nicht nur bis zur Vollendung des Werks (§ 646), sondern im Rahmen seiner Vorleistungspflicht bis zur Abnahme (§ 644 Abs. 1 S. 1). Kommt der Besteller mit der Abnahme in Annahmeverzug, gehen Leistungsgefahr für das insoweit bereits hergestellte Werk und Preisgefahr auf ihn über (§ 644 Abs. 1 S. 2). Die Vergütungsgefahr bei Versendungsgeschäften ist in § 644 Abs. 2 durch Verweisung auf § 447 entsprechend zum Distanzkauf ausgestaltet.
Die Gefahrtragung betrifft wie stets nur die Frage der Leistungs- und Vergütungspflicht bei beiderseits unverschuldeten Leistungsstörungen. Ist die Störung durch eine Vertragspartei zu vertreten, gelten die allgemeinen Regeln der Leistungsstörung (Schadensersatz nach §§ 280 ff. i.V.m. §§ 276, 278 bzw. Vergütungspflicht im Rahmen von § 326 Abs. 2); darauf weist § 645 Abs. 2 hin.
Das vom Unternehmer übernommene Beschaffungsrisiko ist durch sein Betriebsrisiko begrenzt. Misslingt die Herstellung in Folge eines Ereignisses, das nach der dem Vertrag zugrundeliegenden Interessenlage in die Sphäre des Bestellers fällt, so behält der Unternehmer doch den Anspruch auf Werklohn (das Risiko wetterbedingter Undurchführbarkeit eines Open-Air-Konzerts ist danach billigerweise auf beide Parteien zu verteilen, als es bis zum Beginn der Veranstaltung den Unternehmer, danach den Besucher belastet; die Absage einer Opernaufführung wegen Erkrankung von Mitwirkenden fällt hingegen in die Sphäre des Veranstalters).
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Die Vergütungsgefahr für Störungen infolge des vom Besteller gelieferten Stoffes oder dessen erteilter Weisungen fallen in die Sphäre des Bestellers selbst (so die ausdrückliche Regelung in § 645 Abs. 1). Dies entspricht, ohne dass es jedoch auf ein Verschulden ankäme, dem Schadensersatz neben der Leistung (§ 280 Abs. 1), weil die Bestellung des Stoffes durch den Besteller auch eine Nebenpflicht