Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand


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      Die Verantwortlichkeit des Bestellers für seinen Stoff führt also nicht nur zum Verlust desselben, sondern zur Ersatzpflicht für Aufwendungen und zumindest einer entsprechenden Teilvergütung, bei Verschulden des Bestellers auch des ganzen Unternehmergewinns.

      Insb. Instruktionsfehler des Bestellers können den Unternehmer jedoch nur entlasten, wenn er seine bessere Fachkenntnisse rechtzeitig angewandt und angezeigte Aufklärungen und Warnungen gegeben hatte. Auch auf die Eignung des beigestellten Stoffs kann sich der Werkunternehmer nicht ohne Weiteres verlassen; vielmehr obliegen ihm je nach Umständen des Einzelfalls sachliche Vorsichtsmaßnahmen, bevor er mit seinem Gewerk darauf aufsetzt. Der Besteller ist trotz fehlerhafter Stoffe bzw. Instruktionen nur insoweit verantwortlich, als deren Auswirkungen bei der im Einzelfall vom Unternehmer zu erwartenden Umsicht nicht hätten begrenzt werden müssen.

      Ohne zureichenden Stoff liegt, wenn dessen Beistellung dem Besteller obliegt und nicht mehr nachholbar ist, u.U. Unmöglichkeit der Unternehmerleistung vor. Insoweit trägt der Besteller das Vergütungsrisiko nach § 326 Abs. 2, was der Regelung in § 648 S. 1 zur freien Kündigung des Bestellers entspricht.

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      Infolge der vom Unternehmer gegebenen Herstellungsgarantie für das fehlerfreie Werk, haftet dieser auf eine vom Verschulden unabhängige Gewährleistung für die entsprechende Erfüllung. Diese knüpft parallel zur Regelung beim Kauf an das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels an (§ 633; die Vorschrift ist nach einem parallelen Schema zu § 434 aufgebaut). § 633 Abs. 2 BGB stellt – wie beim Kauf – eine Rangfolge in der Beurteilung des Sachmangels auf, nach der zunächst zu prüfen ist, ob das Werk die vereinbarte Beschaffenheit hat (S. 1). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte (S. 2 Nr. 1), sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten kann (S. 2 Nr. 2).

      Die Bestellerrechte bei Werkmängeln bestehen mit geringfügiger Ergänzung (vgl. §§ 634 Nr. 2, 637) parallel zu denen eines Käufers.

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      Im Vordergrund des Interesses der Parteien an der Beschaffenheit steht die Vereinbarung zur Funktionstauglichkeit des Werkes. Eine Vereinbarung der jeweiligen Leistung bzw. der Ausführungsart, wie sie sich z.B. in Leistungsverzeichnissen oder sonstigen Leistungsbeschreibungen dokumentiert, ist nicht allein Grundlage für die Beurteilung, inwieweit die vereinbarte Beschaffenheit eingehalten ist. Eine Leistung des Unternehmers ist nicht als mangelfrei nach § 633 Abs. 2 S. 1 einzuordnen, wenn die im Vertrag vorgesehene Leistung oder Ausführungsart nicht geeignet ist, ein funktionstaugliches Werk zu errichten. Soweit ein Mangel nicht in das Betriebsrisiko des Unternehmers fällt (vgl. Rn. 278 bereits zur „Stoffgefahr“), obliegen ihm trotzdem je nach Umständen eine Prüf- und Hinweispflicht für Risiken aus der Sphäre Dritter und des Bestellers selbst.

      Nur durch entsprechende Hinweise an den Besteller kann sich der Unternehmer dann von der Mängelgewährleistung entlasten.

      Entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer Anlass für entsprechende Hinweise gehabt hatte: bereits bei Vertragsschluss oder erst später. Der Besteller muss diejenigen Nachteile hinnehmen, die dadurch entstehen, dass er den Unternehmer zu einem Zeitpunkt beauftragt hat, in dem er noch nicht sicher sein kann, dass er die Vorleistung in geeigneter Weise zur Verfügung stellen kann. Dieses Risiko trägt der Unternehmer grundsätzlich nicht, er muss dann nur rechtzeitig auf Beistellung geeigneter Vorleistungen/Stoffe drängen. Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn der Unternehmer bereits bei Vertragsschluss die Ungeeignetheit der Vorleistung hätte erkennen können. In diesen Fällen kann die Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht vorliegen. Der sich daraus ergebende Schadensersatzanspruch kann dazu führen, dass der Besteller so gestellt wird, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2; Culpa in Contrahendo).

      Beispiel (nach BGH NJW 2008, 511; vgl. auch NJW 2013, 1431): Ein technisch nicht funktionierendes Werk (in der zugrundeliegenden Entscheidung eine an sich voll funktionsfähig erstellte Anlage zur Wärmeerzeugung, deren Wirkungsgrad aber von ausreichender Auslastung abhängig ist, die vom Besteller nicht erreicht werden konnte) ist mangelhaft, es sei denn, die konkrete Problematik beruht auf einer bewussten Risikoübernahme durch den Besteller (ggf. nach geschuldeten Warnhinweisen des Unternehmers) oder fällt von vornherein in das Bestellerrisiko.

      Liegt danach bei Funktionsstörungen zumeist ein Mangel vor (etwa wegen vom Unternehmer versäumter Warnhinweise), braucht der Unternehmer die erforderlichen Beseitigungskosten/Mehrkosten dennoch nicht zu tragen, wenn sie auch bei genügender Warnung angefallen wären (sog. Sowieso-Kosten) und der Besteller sie also hätte übernehmen müssen, wollte er am Vertrag festhalten.

      Weigert sich der Besteller zur Beistellung geeigneter Stoffe, um die Funktionsfähigkeit zu erreichen, liegt Unmöglichkeit vor und der Unternehmer hat Anspruch auf Vergütung nach § 326 Abs. 2 S. 1; damit würde so gestellt, als hätte der Besteller bei einem rechtzeitigen Hinweis von der weiteren Durchführung des Vertrages wegen der Ungeeignetheit seiner Vorleistung Abstand genommen, dem Unternehmer also nach § 648 S. 1 gekündigt. In diesem Fall hätte der Unternehmer nämlich einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung nach § 648 S. 2 gehabt.

      Anders aber, wenn der Unternehmer bereits bei Vertragsschluss hätte erkennen müssen, dass der Besteller mit dem Werk nicht zurechtkommen würde. Dann hätte der Besteller die Möglichkeit zum Rücktritt nach § 634 Nr. 3 i.V.m. §§ 326 Abs. 5, 323 und könnte daneben (§ 325) noch Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung für etwaige vergebliche Aufwendungen verlangen.

      300

      Der Besteller hat zuerst und wie im Kaufrecht auch die Erfüllungsklage aus dem Schuldverhältnis, die – prinzipiell unbeschadet einer Abnahme (§ 640) – als Nacherfüllungsanspruch fortbesteht (Ausschlusswirkung der Verjährung nach § 634a). Die Abnahme führt allerdings zur Konkretisierung der Schuld auf das begonnene Werk und damit zum Übergang der Preisgefahr, des Weiteren zur Umkehr der Beweislast für Leistungsstörungen zu Lasten des Bestellers. Die vorbehaltlose Abnahme bewirkt zudem eine Genehmigungsfiktion nach § 640 Abs. 2 für dem Besteller bekannte Mängel.

      Gleich, ob der Besteller das angebotene Werk abnimmt oder nicht, obliegt ihm, die Beseitigung allfälliger festgestellter Mängel vom Unternehmer zu verlangen (die Nacherfüllung ist nicht nur Pflicht des Unternehmers, sondern auch dessen Recht) und hierfür eine angemessene Nachfrist zu setzen (§§ 634 Nr. 1, 635). Insoweit ist es dann Sache des Unternehmers zu entscheiden, das Werk nachzubessern oder ein neues Werk herzustellen (vgl. § 635 Abs. 1, insoweit anders als § 439 Abs. 1).

      301

      

      Nach Ablauf der aus eben diesem Grund zu setzenden Nachfrist kann der Besteller, anstatt zu den Gewährleistungsrechten überzugehen, nach §§ 634 Nr. 2, 637 den Mangel durch Selbstvornahme beseitigen oder beseitigen lassen und den Werkunternehmer auf die damit verbundenen Kosten in Anspruch nehmen. Die Selbstvornahme zielt auf die geschuldete Herstellung des Werks (darin begründet sich der Unterschied zum Kaufrecht) und dient noch nicht dem Ausgleich von mangelbedingtem Marktwert und vereinbartem Preis, wie es Aufgabe der weiteren Rechtsbehelfe ist.

      302

      

      Die


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