Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
Die bisherigen §§ 136a und 136b SGB V zur Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung wurden neu geregelt: Nach § 137 Abs. 1 S. 2 SGB V erlässt der G-BA auch die notwendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen „insbesondere für Vergütungsabschläge der Leistungserbringer, die ihre Verpflichtung zur Qualitätssicherung nicht einhalten.“ Dabei sind die Richtlinien sektorenübergreifend zu erlassen, Abs. 2 S. 1.[148] Die Richtlinie über die einrichtungs- und sektorenübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 13 i.V.m. § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus dem Jahr 2010 ist 2019 in der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung aufgegangen.[149]
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Der G-BA legt zur Förderung der Qualität ein gestuftes System von Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen in Form von Richtlinien fest, § 137 Abs. 1 SGB V. Er ist ermächtigt, neben Maßnahmen zur Beratung und Unterstützung bei der Qualitätsverbesserung je nach Art und Schwere von Verstößen gegen wesentliche Qualitätsanforderungen angemessene Durchsetzungsmaßnahmen vorzusehen, als da sind Vergütungsabschläge, Wegfall des Vergütungsanspruchs für Leistungen, bei denen Mindestanforderungen nicht erfüllt sind, die Information Dritter über die Verstöße, sowie die einrichtungsbezogene Veröffentlichung von Informationen zur Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen.
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Um Verfahren zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität für die Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu entwickeln, beauftragt der G-BA ein Institut, das sich auch an der Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu beteiligen hat, § 137a Abs. 1 SGB V. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat nicht nur den Nutzen, sondern auch die Kosten von Arzneimitteln zu bewerten, § 139a Abs. 3 Nr. 5 SGB V. Die Nutzenbewertung von Arzneimitteln wurde unter Verantwortung des G-BA durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), das zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, neu geregelt.[150]
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Mehr denn je droht dem Arzt die Reduzierung seiner Funktion als „einer verteilenden Instanz auf unterster Ebene im System der Daseinsvorsorge einer medikalisierten Gesellschaft.“[151]
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Ebenso bedenklich ist die schleichende Aushöhlung des Aufgabenbestandes der KV, die diesen Körperschaften sowohl als Träger funktionaler Selbstverwaltung, als auch im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Pflichtmitgliedschaft die Grundlage entziehen kann.[152]
6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › C. Selbstverwaltung › VIII. Weitere Selbstverwaltungseinrichtungen der Heilberufe – Berufsständische Versorgungswerke
VIII. Weitere Selbstverwaltungseinrichtungen der Heilberufe – Berufsständische Versorgungswerke
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Auf der Basis landesgesetzlicher Regelungen[153] wird die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung der verkammerten Heilberufe durch berufsständische Versorgungswerke gewährleistet. Diese sind zum Teil als Einrichtungen der berufsständischen Selbstverwaltung verfasst, zum Teil als Anstalten des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, so in Bayern.[154] Sie nehmen ihre Aufgaben als öffentlich-rechtliche Pflichtversorgungseinrichtungen „eigener Art“ auf der Basis von Staatsverträgen länderübergreifend, teilweise auch berufsübergreifend wahr. Mitglieder kraft Gesetzes sind grundsätzlich alle nicht berufsunfähigen, zur Ausübung der Heilkunde Berechtigten, wenn sie im Tätigkeitsbereich des jeweiligen Versorgungswerkes beruflich tätig sind.[155] Die Pflichtmitgliedschaft ist grundsätzlich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zulässig, um legitime, öffentliche Aufgaben wahrnehmen zu lassen.[156]
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Die Finanzierung der Versorgungswerke erfolgt durch Mitgliedsbeiträge, deren Höhe von den zuständigen Organen der Selbstverwaltung, in der Regel Verwaltungs- und Aufsichtsausschuss (in Bayern: Landesausschuss), festgesetzt werden. Anders als in der gesetzlichen Sozialversicherung i.S.v. Art. 74 Nr. 12 GG ist Basis der Versorgungsleistungen nicht das Umlage-, sondern ein versicherungsmathematisch auf Beitragsäquivalenz ausgerichtetes Kapitaldeckungs- oder Anwartschaftsverfahren. Die Versorgungswerke stehen unter der Rechts- und Fachaufsicht der zuständigen Länderministerien.
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Als Dachorganisation der 80 auf Landesrecht beruhenden öffentlich-rechtlichen Pflichtversorgungseinrichtungen für ca. eine Million Angehörige der verkammerten Freien Berufe nimmt die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) deren Interessen wahr.
Anmerkungen
Heffter 83 ff.
Heffter 264.
Levita 222, 252.
Bismarck Erstes Buch, Erstes Kapitel.
Hendler 43.
Hendler 50.
Hendler 43.
Hendler 46.
Zit. nach Hendler 47.
Herrfahrdt 42, 43.
Heffter 13.
Heffter 43.
Kluth/Hendler A III 1 Rn. 20.
Kluth/Hendler A III 1 Rn. 19.
Hendler 54.
Siehe