DS-GVO/BDSG. David Klein
Daten nur mit Einwilligung der betroffenen Person möglich ist oder dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist. Hierbei ist zunächst zu bemerken, dass die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten der Einwilligung bedarf, nicht die Forschungsergebnisse als solche.[389] Was unter „Ereignissen der Zeitgeschichte“ zu verstehen ist, bleibt unklar.[390] Zu denken ist etwa an den Ausbruch einer seltenen, aber gefährlichen Krankheit zur Entwicklung von Medikamenten oder zur Verhinderung einer Pandemie. Dazu auch Kommentierung im Rahmen von Art. 89 Rn. 57.
b) Kommentierung zu § 28 BDSG n.F. – Datenverarbeitung zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken
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§ 28 BDSG n.F. regelt die Datenverarbeitung zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken durch öffentliche und nichtöffentliche Stellen. In inhaltlicher Hinsicht erstreckt sich der Anwendungsbereich der Vorschrift sowohl auf öffentliches als auch privates Archivgut.[391] Ausführlich dazu vgl. auch Art. 89 Rn. 15 f.
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§ 28 Abs. 1 BDSG n.F. gilt nur für die Verarbeitung sensibler Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1. Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die unter Art. 6 fallen, richtet sich daher nach den Vorgaben der DS-GVO oder nach den sonstigen Rechtsgrundlagen im europäischen oder mitgliedstaatlichen Recht,[392] etwa nach dem Bundesarchivgesetz (BArchG). Da aber § 28 BDSG im Gegensatz zum BArchG hinsichtlich des Datenschutzes spezieller ist, ist von einer parallelen Anwendbarkeit auszugehen. Das BDSG wird insoweit nicht vom BArchG nach § 1 Abs. 2 BDSG verdrängt. Zum Zusammenspiel von DS-GVO mit den Archivgesetzen vgl. Art. 89 Rn. 19.
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Mit § 28 Abs. 1 BDSG n.F. wird von der Öffnungsklausel aus Art. 9 Abs. 2 lit. j Gebrauch gemacht und damit auf nationaler Ebene eine Ausgestaltung des Ausnahmetatbestandes vorgenommen.
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Der Verweis in § 28 Abs. 1 BDSG n.F. auf den Beispielskatalog des § 22 Abs. 2 S. 2 BDSG n.F. hat nicht zur Folge, dass die Anwendung mindestens einer genannten Maßnahme bei der Verarbeitung sensibler Daten zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken zwingend ist. Vielmehr können auch andere angemessene und spezifische Maßnahmen getroffen werden.[393]
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Für die Weiterverarbeitung von sensiblen Daten gilt: Nach Art. 5 Abs. 1 lit. b ist eine Weiterverarbeitung zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken mit dem ursprünglichen Verarbeitungszweck kompatibel. Daher kann sich der Verantwortliche hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die Weiterverarbeitung auf die Rechtsgrundlage stützen, die bereits für die Erstverarbeitung galt. §§ 23, 24 und 25 BDSG n.F. finden dann keine Anwendung. Will der Verantwortliche aber sensible Daten weiterverarbeiten, benötigt er nicht nur eine Rechtsgrundlage, sondern auch einen Ausnahmetatbestand von dem Verbot des Art. 9 Abs. 1. Er muss mithin auch bei der Weiterverarbeitung § 28 Abs. 1 BDSG n.F. beachten.[394] Für die Praxis bleibt daher festzuhalten, dass verantwortliche Stellen, die sensible Daten verarbeiten oder verarbeitet haben und etwa den Verarbeitungszweck erreicht haben, nicht unmittelbar zur Löschung der Daten verpflichtet sind. Vielmehr bleibt im Rahmen der Privilegierung durch Art. 5 Abs. 1 lit. b und unter den Voraussetzungen von Art. 89 und § 28 BDSG eine Weiterverarbeitung zu im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken möglich, ggf. sogar erforderlich. Die Anbietungspflicht des BArchG wird also nicht durch eine datenschutzrechtliche Löschpflicht nach § 6 Abs. 2 BArchG aufgelöst. Vielmehr gelten hinsichtlich der Anbietungspflicht weiterhin die Vorgaben des BArchG. Vgl. dazu auch Art. 5 Rn. 73 sowie Art. 89 Rn. 19.
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Was unter „Archivzwecken“ zu verstehen ist, wird weder in der DS-GVO noch im BDSG näher bestimmt. Gleichwohl können ErwG 158 sowie die Begriffsbestimmungen aus § 1 BArchG beispielhaft zur Begriffsbestimmung herangezogen werden.[395] Dazu auch Art. 89 Rn. 15 f.
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In § 28 Abs. 2 bis 4 BDSG n.F. werden i.S.d. Öffnungsklausel des Art. 89 Abs. 3 die Rechte gem. der Art. 15, 16, 18, 20 und 21 eingeschränkt (vgl. dazu Art. 89 Rn. 47 und 58 ff.). Insofern gelten an dieser Stelle die Ausführungen zu § 27 Abs. 2 S. 1 BDSG n.F. sinngemäß. Im Hinblick auf § 28 Abs. 2 BDSG ist von einer archivischen Erschließung auszugehen, wenn die Ordnung und Verzeichnung des Archivgutes nicht anhand des Namens, sondern mittels eines anderen Merkmals erfolgt.[396] Die Beschränkung des Auskunftsrechts beschränkt sich daher auf Fälle, in denen das Archivgut keine Angabe zum Namen der betroffenen Person macht oder das Archivgut mithilfe des Namens nicht ohne unvertretbaren Aufwand ausfindig gemacht werden kann.[397] Die Beurteilung richtet sich dabei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.
Anmerkungen
Die Autoren danken Herrn stud. iur. David Merten für die Unterstützung bei der Durchsicht des Manuskriptes.
Abrufbar unter https://netzpolitik.org/2020/corona-tracking-datenschutz-kein-notwendiger-widerspruch/, zuletzt abgerufen am 26.4.2020.
Abrufbar unter: https://datenethikkommission.de/gutachten/, zuletzt abgerufen am 21.4.2020.
Abrufbar unter https://www.ma-hsh.de/infothek/publikationen/ma-hsh-gutachten-transparenz-bei-medienintermediaren.html,