DS-GVO/BDSG. David Klein
die eine Zuordnung sowohl zum Gesundheits- als auch zum Sozialbereich zulassen, bilden etwa staatliche Beratungsstellen zur Suchtprävention oder soziale Dienste in Krankenhäusern.[321]
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Zudem wird ausweislich des Wortlauts Art. 9 Abs. 2 lit. h nunmehr die Verarbeitung für Zwecke der Verwaltung von System und Diensten im Gesundheits- oder Sozialbereich vom Ausnahmetatbestand erfasst. Im Anwendungsbereich dieses Begriffs liegt dabei der gesamte organisatorische und administrative Rahmen zur Erbringung von Gesundheitsleistungen.[322] Insofern werden insbesondere Träger von Versicherungsleistungen (etwa Kranken- oder Unfallversicherung) erfasst. Dies umfasst etwa Maßnahmen der Administration, Organisation, Planung und Abrechnung i.S.d. §§ 295 ff. SGB V sowie Wirtschaftlichkeitsprüfungen (§ 106 SGB V) in derartigen Systemen.[323] In der Praxis werden so insbesondere Daten verarbeitet, die medizinische Leistungserbringer den Krankenkassen mitteilen (Leistungsdaten), aber auch Sozialdaten, wenn diese an Träger von Sozialleistungen weitergegeben werden.[324] Dabei ist die Ausnahme allerdings nicht auf die Verarbeitung von biometrischen oder genetischen Daten sowie Gesundheits- oder Sozialdaten beschränkt. Vielmehr können auch religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen Teil der Verarbeitung sein, z.B. dann, wenn ein Patient eine Behandlung aus bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen verweigert.[325] Auch die Übermittlung von Gesundheitsdaten zwischen Krankenkassen und Versicherungen stellen einen wichtigen Anwendungsfall dar, vgl. dazu bereits Rn. 93.
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Der Begriff der Arbeitsmedizin des Art. 9 Abs. 2 lit. h bezieht sich dabei inhaltlich auf den Erhalt der Gesundheit unter Berücksichtigung der aus dem Arbeitsleben resultierenden Einflüsse, indem Gesundheitsschäden oder Krankheiten frühzeitig erkannt werden und somit elementarer Bestandteil der Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz sind. In praktischer Hinsicht zeichnet sich der Bereich der Arbeitsmedizin häufig durch die Hinzuziehung eines Betriebsarztes aus. Dabei geht es in erster Linie darum, dem Arbeitgeber die Daten zur Verfügung zu stellen, die für eine Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz notwendig sind.[326] Spezialgesetzliche Regelungen auf nationaler Ebene finden sich dabei insbesondere im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), den Sozialgesetzbüchern (SGB V). In praktischer Hinsicht sind etwa die Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Bewerbungsgesprächen oder Einstellungsuntersuchungen, Behandlungen während eines Beschäftigungsverhältnisses (z.B. Rückenschmerzen wegen falscher Sitzhaltung am Arbeitsplatz), aber auch Maßnahmen im Hinblick auf eine Arbeitsunfähigkeit oder eine Wiedereingliederung in den Arbeitsbetrieb zu nennen.[327]
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Die aufgrund ihrer zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten weitreichende Erlaubnisregel wird dabei über die in Art. 9 Abs. 3[328] enthaltene Vorgabe eingegrenzt, wonach der Umgang mit sensitiven Daten nur durch Fachpersonal, dass einem Berufsgeheimnis oder einer sonstigen Geheimhaltungspflicht nach mitgliedstaatlichem Recht unterliegt, sowie unter dessen Verantwortung, zulässig ist.
i) Öffentliches Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit (Art. 9 Abs. 2 lit. i)
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Wie bereits oben im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 lit. h angedeutet, bezieht sich der Ausnahmetatbestand des Art. 9 Abs. 2 lit. i auf die gefahrenabwehrrechtliche Komponente im Gesundheitswesen. Danach ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit zulässig. Die Verarbeitung sensibler Daten für die öffentliche Gesundheit steht dabei ausweislich Art. 9 Abs. 2 lit. i Hs. 2 unter dem Vorbehalt einer unions- oder mitgliedstaatlichen Regelung und enthält somit eine Öffnungsklausel.
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Der Ausnahmetatbestand hat keine korrespondierende Vorgängerregelung in der DSRL.
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Unter öffentlicher Gesundheit versteht der europäische Gesetzgeber nach ErwG 54 S. 3 unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 „alle Elemente im Zusammenhang mit der Gesundheit, nämlich den Gesundheitszustand einschließlich Morbidität und Behinderung, die sich auf diesen Gesundheitszustand auswirkenden Determinanten, den Bedarf an Gesundheitsversorgung, die der Gesundheitsversorgung zugewiesenen Mittel, die Bereitstellung von und den allgemeinen Zugang zu Gesundheitsversorgungsleistungen sowie die entsprechenden Ausgaben und die Finanzierung und schließlich die Ursachen der Mortalität.“ Eine solche Verarbeitung von Gesundheitsdaten darf nach ErwG 54 S. 4 nicht dazu führen, dass Dritte, unter anderem Arbeitgeber oder Versicherungs- oder Finanzunternehmen, solche personenbezogenen Daten zu anderen Zwecken verarbeiten.[329] Insofern können sich private Unternehmen nicht auf den Ausnahmetatbestand berufen, es sei denn, das Unternehmen nimmt etwa als Beliehener aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung öffentliche Aufgaben wahr.[330]
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Der Begriff der öffentlichen Gesundheit wird darüber hinaus in Art. 9 Abs. 2 lit. i näher beschrieben: Erwähnt werden schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren, wozu neben übertragbaren Krankheiten unter anderem auch Gefahren chemischen Ursprungs und Gefahren unbekannten Ursprungs zählen.[331] Zudem wird die Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten erfasst.[332]
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Zu beachten ist insofern, dass ErwG 54, sowie die konkretisierenden Beispiele aus Art. 9 Abs. 2 lit. i, keine abschließende Aufzählung darstellen. Vielmehr dient die Nennung von Beispielen der Erleichterung der Rechtsanwendung.[333]
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Anders als im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 lit. g ist ausweislich des Wortlauts des Art. 9 Abs. 2 lit. i ein „einfaches“ öffentliches Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit ausreichend.
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Folglich erfasst der Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes alle Maßnahmen zur Förderung der öffentlichen Gesundheit, etwa durch Maßnahmen der Aufklärung und Prävention von Krankheiten. So ist auch im Rahmen der Nutzung von sog. Corona-Apps an den Erlaubnistatbestand aus Art. 9 Abs. 2 lit. i zu denken. Da die Nutzung derartiger Apps aktuell freiwillig erfolgt,[334] hat die Prüfung der Voraussetzungen von Art. 9 Abs. 2 lit. a Vorrang (dazu Rn. 131). Darüber hinaus liegt der Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren im Anwendungsbereich, so dass insbesondere die Meldepflichten im Infektionsschutzgesetz erfasst werden.[335] In diesem Zusammenhang stellt sich wie im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 lit. g die Frage, ob dementsprechend die etwa Verweigerung einer Impfung,