DS-GVO/BDSG. David Klein
auch aus schädigenden oder deliktischen Handlungen, die zu Schadenersatzansprüchen führen.[292] Ob der Verantwortliche in dem Rechtsverhältnis Gläubiger oder Schuldner ist, ist dabei unerheblich.[293]
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Die Verarbeitung sensibler Daten nach Abs. 1 muss weiterhin zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen erforderlich sein. Hinsichtlich der Anforderungen an die Erforderlichkeit sind keine allzu strengen Maßstäbe zu stellen. Nicht jeder Tatsachenvortrag, der sensible Daten eines Betroffenen beinhalte, verstößt allein deswegen gegen Art. 9, wenn der Vortrag vom Gericht als unerheblich bewertet werde. Ausreichend ist vielmehr eine hinreichende Plausibilität der Erheblichkeit. Diese Grenze wird aber bei einer willkürlichen und bewussten Offenlegung von sensiblen Daten, die mit dem Streitstoff in keinerlei Verbindung stünden überschritten.[294]
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Mit Blick auf die besondere Bedeutung des Art. 9 ist für die Praxis aber dringend angeraten, die Verarbeitung sensibler Daten, insbesondere bei Weitergabe im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, sorgfältig zu prüfen.
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In praktischer Hinsicht wird die Vorschrift somit immer dann relevant, wenn sensible Daten in dem o.g. Zusammenhang verarbeitet werden und für den Bestand von Rechtsansprüchen entscheidungserheblich sein können. Einen klassischen Anwendungsfall bildet etwa der Arzt, der eine Forderung gegenüber einem Patienten gerichtlich geltend macht. Daneben sind aber auch andere Fallgestaltungen denkbar: Geht es etwa in einem arbeitsrechtlichen Verfahren um die Frage eines Entschädigungsanspruchs eines Bewerbers wegen eines Verstoßes gegen das AGG durch den Arbeitgeber, so können dabei etwa Gesundheitsdaten oder politische Meinungen (z.B. im Rahmen des Fragerechts des Arbeitgebers nach bestimmten Krankheiten oder einer Parteizugehörigkeit im Bewerbungsgespräch)[295] verarbeitet werden. Auch im Falle von Streitigkeiten hinsichtlich einer Zahlungspflicht für Zusatzangebote im Rahmen der Nutzung einer Gesundheits-App kann die Verarbeitung von sensiblen Daten, die im Rahmen der Gesundheits-Apps (z.B. Schrittzähler und Herzfrequenz) erhoben wurden, die Verarbeitung im o.g. Sinne erforderlich machen. Daneben kann lit. f bei der Übermittlung von Gesundheitsdaten durch private Versicherungsunternehmen zur Anwendung kommen, vgl. dazu bereits Rn. 93.
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Daneben wird Art. 9 Abs. 2 lit. f auch im Rahmen der Verarbeitung von sensiblen personenbezogenen Daten durch die Justiz relevant, sofern nicht der Anwendungsbereich der vorrangigen JI-Richtlinie tangiert ist.[296] Dies betrifft etwa den Versand von Schriftsätzen oder den Umgang mit Daten von Verfahrensbeteiligten.[297] Im Rahmen gerichtlicher Tätigkeiten ist dabei entsprechend § 1 Abs. 1 BDSG sorgsam zwischen Bundesgerichten und den Gerichten der Länder zu unterscheiden, die eine Anwendbarkeit des jeweiligen Landesdatenschutzgesetzes zur Folge haben.[298] Daneben sind die Vorschriften des Prozessrechts zu beachten, denen auch datenschützende Funktion zukommt (etwa Recht auf Akteneinsicht gem. §§ 299 ZPO, 100 VwGO).[299] Vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit[300] ist sorgsam zu prüfen, ob das Gericht oder der jeweilige Spruchkörper datenschutzrechtlich verantwortlich ist und inwieweit eine gemeinsame Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung besteht.[301]
g) Erhebliches öffentliches Interesse (Art. 9 Abs. 2 lit. g)
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Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g gilt das Verbot der Verarbeitung sensitiver Daten aus Art. 9 Abs. 1 nicht, soweit die Verarbeitung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist. In einem solchen Falle kann die Verarbeitung auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaates, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig sein.
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Art. 9 Abs. 2 lit. g entspricht dabei Art. 8 Abs. 4 DSRL. Die Parallelnorm für personenbezogene Daten, die keiner besonderen Kategorie unterfallen findet sich in Art. 6 Abs. 1 lit. e.
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Zu beachten ist, dass Art. 9 Abs. 2 lit. g im Wesentlichen aufgrund seiner generalklauselartigen Formulierung keinen eigenständigen Erlaubnistatbestand darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine Öffnungsklausel dergestalt, dass konkretisierende Normen der Union oder der Mitgliedstaaten den Begriff des öffentlichen Interesses ausfüllen und infolge dessen der Ausnahmetatbestand Anwendung finden kann.[302]
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Letztlich findet daher im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 lit. g eine umfassende Abwägung zwischen den Interessen der Öffentlichkeit und den aus dem Datenschutzrisiko für den Betroffenen resultierenden schutzwürdigen Belangen anhand der konkretisierenden Normen statt.[303] Insofern wird die Reichweite des Ausnahmetatbestandes weitgehend von der Inanspruchnahme der Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten determiniert. In der Praxis wird der Ausnahmetatbestand daher insbesondere im Gefahrenabwehrrecht Bedeutung erlangen.[304] Gleichwohl ist zu beachten, dass die Regelung nicht auf eine bestimmte Materie beschränkt ist, so dass Art. 9 Abs. 2 lit. g der weiteste Anwendungsbereich im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 zukommt.[305]
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Der Begriff des öffentlichen Interesses wird durch die DS-GVO selbst nicht definiert.
Ein öffentliches Interesse liegt daher dann vor, wenn ein Interesse der gesamten Bevölkerung oder zumindest eines weiten Teils dieser und damit ein Interesse der Allgemeinheit vorliegt.[306] Demzufolge werden bloße Einzel- oder Privatinteressen aus dem Anwendungsbereich ausgeklammert. Dies schließt freilich nicht aus, dass Interessen der Allgemeinheit gleichzeitig Einzelinteressen sein können (etwa Hilfe zu humanitären Zwecken).[307] Folglich stellt auch ErwG 46 S. 3 klar, dass einige Arten der Verarbeitung sowohl wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses als auch lebenswichtigen Interessen der betroffenen Person dienen können und nennt dabei etwa die Verarbeitung für humanitäre Zwecke einschließlich der Überwachung von Epidemien und deren Ausbreitung oder humanitäre Notfälle im Falle von Naturkatastrophen. Entscheidend ist daher die Abwehr erheblicher Nachteile oder die Wahrung erheblicher Belange des Allgemeinwohls, wie etwa die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, die Gefahrenabwehr oder die Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit.[308]
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Darüber hinaus müssen die unions- oder mitgliedstaatlichen Regelungen angemessene Garantien zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person enthalten. Insofern gelten die Ausführungen aus Art. 9 Abs. 2 lit. b (vgl. Rn.