Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt. Jesmyn Ward

Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt - Jesmyn Ward


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auf das nördliche Ende der Grasfläche zu, biegt nach links ab und fährt langsam in Richtung Straße. Er will anscheinend den Rasen von oben nach unten mähen, in langen, geraden Streifen.

      Ich fasse den Türgriff an, ziehe die Autotür auf, und sie quietscht, als Metall gegen Metall schabt. »Mist.«

      Er schaut hoch. Ich steige ins Auto.

      Der Rasenmäher wird schneller. Ich drehe den Schlüssel um. Der Motor stottert und geht aus. Ich drehe den Schlüssel zurück, starre auf das Armaturenbrett, als könne ich den Motor zum Anspringen bringen, wenn ich nur lange genug hinschaue. Vielleicht hilft Beten.

      »Mist, Mist, Mist.«

      Ich drehe den Schlüssel erneut um. Der Motor heult auf und springt an. Der Mann, der, wie ich jetzt erkenne, Big Joseph ist, hat seinen Plan, zuerst den oberen Teil des Gartens zu mähen, aufgegeben und fährt jetzt diagonal über die Grasfläche, um schneller bei mir und dem Briefkasten zu sein. Und dann zeigt er mit dem Finger, und ich sehe das Schild, das knapp einen Meter vom Briefkasten an einen Baum genagelt ist. Betreten verboten.

      Er beschleunigt.

      »Verdammt noch mal!«

      Ich schalte auf Drive, schaue nach hinten, ob die Straße frei ist, und sehe ein Auto kommen, einen grauen SUV. Angst steigt in mir auf, bis zu den Schultern, dann den Nacken hoch, brodelnd und erstickend. Ich weiß gar nicht, wovor ich mich fürchte. Was kann er schon machen, außer mich zu beschimpfen? Was kann er tun? Ich bin nicht in seiner Auffahrt. Gehört der Straßenrand nicht dem County? Aber bei dem Tempo, mit dem er mich mit dem Rasenmäher ansteuert, der Art und Weise, wie Big Joseph auf den Baum zeigt, wie dieser Baum, eine Sumpfeiche, aufragt und seine Äste, die fast schwarzen Äste mit den Millionen von dunkelgrünen Blättern bis über die Straße ausbreitet, der Entschlossenheit, mit der dieser Mann auf mich zugerast kommt, muss ich unweigerlich an Gewalt denken. Ich steige aufs Gaspedal und lenke den Wagen auf die Straße, das Auto hinter mir schlingert und hupt, aber das ist mir egal. Die Automatik wechselt jaulend von einem Gang in den nächsten. Ich schwenke herum und beschleunige. Der graue SUV ist in eine Auffahrt gefahren, aber der Fahrer winkt aus dem Fenster, und Big Joseph fährt unter dem Baum durch, hält am Briefkasten, wo ich gerade gewesen bin, klettert von seinem Mäher und geht mit großen Schritten auf den Kasten zu. Er hat vom Mähersitz etwas mitgenommen, ein Gewehr, das dort gelegen hat, etwas, das er immer dabei hat und mitnimmt, falls er im Wald auf rammelnde Wildschweine stößt. Aber nicht ihretwegen diesmal. Meinetwegen.

      Als ich an ihm vorbeifahre, strecke ich meinen linken Arm aus dem Fenster. Balle die Hand zur Faust. Hebe den Mittelfinger. Ich sehe meinen Bruder auf seinem letzten Foto: eins von seinem achtzehnten Geburtstag, auf dem er mit dem Rücken an der Küchentheke lehnt, während ich ihm den Süßkartoffel-Pekannusskuchen, seinen Lieblingskuchen, hinhalte, damit er die Kerzen ausblasen kann; er hat die Arme vor der Brust verschränkt, das Lächeln in seinem schwarzen Gesicht ist weiß. Wir lachen alle. Ich beschleunige so stark, dass die Reifen durchdrehen, es nach verbranntem Gummi riecht und eine Qualmwolke aufstiebt. Ich hoffe, Big Joseph kriegt einen Asthmaanfall. Ich hoffe, er erstickt daran.

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