Frau Kaiser und der Dämon. Ulla Garden

Frau Kaiser und der Dämon - Ulla Garden


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aber der konnte ihm nichts Neues berichten. „Wir müssen abwarten Herr von Moeltenhoff, wir haben alles getan, was wir konnten“, sagte er seufzend. „Sie ist noch jung und bis auf die Schwangerschaft doch auch sehr fit und gesund, das sind schon mal gute Voraussetzungen“, fügte er beruhigend hinzu. „Gehen Sie nach Hause und schlafen Sie sich erst mal aus. Wir informieren Sie, sobald sich ihr Zustand verändert“, riet er Johannes.

      Der schüttelte aber nur den Kopf. „Ich lasse meine Frau jetzt nicht wieder im Stich. Ich will bei ihr bleiben, bis sie wieder aufwacht.“

      Der Arzt wurde jetzt etwas ungeduldig: „Hören Sie, das kann unter Umständen noch Tage dauern, wir rufen Sie ganz bestimmt an, bevor wir Ihre Frau aufwecken.“

      „Ich möchte aber nicht, dass sie hier alleine ist“, beharrte Johannes störrisch und ging wieder in den durch große Glasscheiben abgetrennten Raum zu Leni. Dort setzte er sich ans Bett und beobachtete sie eingehend. Wäre dieser blöde Beatmungsschlauch nicht, dann würde sie richtig friedlich aussehen, dachte er. Er griff unter die Bettdecke und streichelte ihren Bauch, wie er es sonst zu Hause auch immer tat. Er wusste, dass sie das gern hatte. Er lächelte ein wenig, als er daran dachte, dass sie sich dann immer an ihn gekuschelt und wohlig geseufzt hatte. Wäre sie eine Katze gewesen, dann hätte sie sicher geschnurrt.

      Ob es je wieder so harmonisch werden würde?

      „Es tut mir leid, Sie können nicht zu Ihrer Schwiegertochter, die Infektionsgefahr ist viel zu hoch.“ Die Pflegerin versuchte alles, um Susanne von Moeltenhoff daran zu hindern, dass sie zu Leni in die Intensivstation ging.

      „Aber ich bin doch gestern stundenlang an ihrem Bett gesessen, als sie noch auf der Gynäkologie lag, dann hätte ich sie ja gestern auch schon mit irgendwas anstecken können.“ Susanne gab nicht so schnell auf. „Außerdem muss mein Sohn mal nach Hause, um sich auszuschlafen.“

      Die Pflegerin seufzte. „Gut ich frage nach, ob wir eine Ausnahme machen können. Aber eigentlich ist es auch nicht in Ordnung, dass Ihr Sohn die ganze Zeit dasitzt. Und wenn dann noch eine weitere Person da ist, das können wir momentan kaum verantworten.“ Die Stationsleiterin war dann auch nicht besonders erfreut über das Anliegen, gab schlussendlich aber ihr Einverständnis dazu, dass Susanne ihren Sohn ablöste. „Das scheint eine besonders hartnäckige Familie zu sein“, meinte sie zu der Pflegerin.

      „Aber so was von“, bekräftigte diese. „Aber verständlich ist es doch schon, die sind so frisch verheiratet und freuen sich auf den Nachwuchs und dann passiert so was“, fügte sie verständnisvoll an und ging dann davon, um Susanne einzukleiden und zu Leni zu führen.

      „So mein Junge, du gehst jetzt nach Hause und schläfst dich aus und ich bleibe so lange hier bei Leni. Max wartet draußen und fährt dich.“ Susanne ließ gar keine Widerrede aufkommen, sondern schob Johannes zur Tür. Der fügte sich fast widerspruchslos und trottete zum Ausgang, wo Max schon ungeduldig auf und ab lief. Schweigend fuhren die beiden dann zur Wohnung von Johannes und Leni, wo Johannes sich augenblicklich ins Schlafzimmer zurückzog. Er hatte keine Lust auf weitere Diskussionen mit Max. Es war ihm bisher nie so richtig bewusst gewesen, dass Max offensichtlich mehr für Leni empfand als für einen Schwager üblich. Er legte sich aufs Bett, hing seinen Gedanken nach und schlief kurz darauf tatsächlich ein. Ein paar Stunden später schreckte er von Alpträumen geplagt wieder auf. Er ging ins Bad und duschte ausgiebig. Max hatte in der Zwischenzeit Pizza bestellt und sie aßen beide zunächst schweigend.

      „Ich habe Lenis Bruder verständigt und ihn gebeten, es ihrer Mutter schonend beizubringen“, brach Max das Schweigen. „Ich hab aber gesagt, dass es keinen Wert hat, wenn sie jetzt sofort herkommen. Wir werden sie informieren, wenn es etwas Neues gibt.“

      Johannes nickte kauend. „Ja, gute Idee, danke“, brachte er dann mühsam hervor und seufzte. Worauf sie erst mal wieder schweigend weiteraßen.

      „Sag mal, hab ich da was verpasst?“, fragte Max unvermittelt. „Wieso redet ihr denn in Bezug auf Lenis Schwangerschaft in der Mehrzahl? Wie viele Kinder bekommt ihr denn?“, wollte er dann wissen.

      „Zwei“, erwiderte Johannes kurz angebunden.

      „Waaaas? Zwillinge? Oh verdammte Scheiße, wie hast du das denn wieder hingekriegt, Alter?“ Max schüttelte den Kopf. „Eins hat dir wohl nicht genügt? Dass du auch immer übertreiben musst“, foppte er seinen Bruder.

      „Das haben wir uns auch nicht ausgesucht. Aber es ist nun mal so“, Johannes zuckte die Schultern.

      „Und, wisst ihr, was es wird?“ wollte Max dann wissen.

      „Nein, aber sie sind jedenfalls zweieiig und wir hoffen auf ein Pärchen“, gestand Johannes mit einem kleinen Lächeln.

      „Na, dann hoffen wir, dass Leni und die Kleinen das gut überstehen“, meinte Max mit einem ernsten Gesicht.

      Kurze Zeit später meinte er zwinkernd: „Zwei Jungs könnt ihr ja Max und Moritz und zwei Mädchen Hanni und Nanni nennen.“

      Johannes lächelte jetzt auch leicht und meinte: „Da ist uns wohl doch was Besseres eingefallen.“ Er stöhnte leise auf: „Mein Gott, vor zwei Tagen sind wir gemütlich auf dem Balkon gesessen und haben die Namen festgelegt.“

      „Und, wie wollt ihr sie nennen?“, bohrte Max weiter.

      Johannes zuckte die Schultern: „Lene hat das alles aufgeschrieben, da wir ja nicht wissen, was es wird, haben wir jeweils zwei Erst- und Zweitnamen für Jungen und Mädchen ausgesucht. Sie hat in den letzten Wochen oder sogar Monaten alles aufgeschrieben, was ihr in den Sinn kam und vorgestern haben wir uns dann entschieden.“

      „Mach’s doch nicht so spannend, Mann, also wie sollen sie heißen?“ Max konnte seine Neugier nicht mehr verbergen.

      „Ich weiß es nicht genau, frag Lene“, da fiel ihm ein, dass sie nicht ansprechbar war und er seufzte tief. „Ein Junge soll Viktor heißen, nach unserem Urgroßvater, aber an alles andere erinnere ich mich nicht. „Dafür haben wir ja den Zettel gemacht“, meinte er achselzuckend.

      Max schüttelte den Kopf: „Du weißt nicht mal, wie deine Kinder heißen sollen, Alter. Das gibt‘s doch nicht.“

      „Oh Mann, versteh doch“, Johannes wirkte leicht gereizt. „Lene hat mir so viele Namen genannt, dass mir der Kopf schwirrte. Ich hab dann einfach zu allem, was mir einigermaßen gefiel, genickt und die anderen Namen hat sie dann wieder gestrichen. Schlussendlich hat sie dann aufgeschrieben, was ihr am besten gefiel.“

      Sie aßen daraufhin wieder schweigend und ohne großen Appetit zu Ende.

      „Ich fahr wieder zur Klinik, Mutti ablösen“, sagte Johannes einige Minuten später, während er sich die Schuhe anzog.

      „Ich fahr dich, dann kann ich Mutti wieder mit zurücknehmen“, bot Max an.

      Johannes nickte und sie machten sich auf den Weg.

      2

      „Guten Tag, Herr von Moeltenhoff. Es ist gut, dass Sie sich bei mir gemeldet haben“, wurde Johannes von der Psychologin Martina Reimers begrüßt. Sie wies auf einen Stuhl, der ihr gegenüberstand „Nehmen Sie doch bitte Platz.“ Nachdem Johannes sich gesetzt hatte, fuhr sie fort: „Ich hatte gestern noch Gelegenheit, mit Ihrer Frau zu sprechen, bevor sie bewusstlos wurde. Wie geht es ihr?“

      „Sie liegt noch immer im Koma“, erwiderte Johannes kurz angebunden.

      „Das tut mir leid, aber sie ist hier in den besten Händen“, versicherte sie ihm. Er nickte nur kurz.

      „Ja also“, begann sie das Gespräch. „Wie gesagt, ich habe mit Ihrer Frau gesprochen und die kann nicht richtig verstehen, was da passiert ist. Bis jetzt scheinen Sie doch eine sehr harmonische Beziehung gehabt zu haben. Wie sehen Sie das denn?“

      Johannes druckste rum und wusste nicht, wo er beginnen sollte. „Also, ähm, ja, ich liebe meine Frau über alles und wir haben in jeder Hinsicht eine wunderbare Beziehung. Ich weiß selber nicht, wie das passieren konnte“, begann


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