Sprachenlernen und Kognition. Jörg-Matthias Roche

Sprachenlernen und Kognition - Jörg-Matthias Roche


Скачать книгу
beiden Grammatiken verstehen sich als Lernergrammatiken, sind also explizit an den vermeintlichen Progressionen der Lerner ausgerichtet. Diese sind jedoch nicht empirisch ermittelt worden, sondern beziehen sich auf Vereinfachungsstrategien und Plausibilitäten, die sich aus der Lehrerfahrung der Autoren ergeben. In gewisser Weise werden damit spätere Erkenntnisse der kognitiven Linguistik vorweggenommen. Beiden Grammatiken ist gemeinsam, dass sie die Komplexität des Tempussystems, d.h. des Formeninventars, dadurch reduzieren und transparent machen wollen, dass sie zu den kommunikativen Grundlagen des Systems, nämlich dem Ausdruck der Temporalität, zurückkehren. Dabei stellt sich heraus, dass Temporalität unterschiedlich ausgedrückt werden kann: mit gleichen Formen (z.B. Präsens), durch Adverbiale (lexikalisch) oder durch den Kontext. Die Funktionen stehen also im Vordergrund. Gleichzeitig werden aber auch Wege aufgezeigt, wie die Grammatik im Tempussystem differenziert werden kann. Im Bereich der Wechselpräpositionen zeigt die Minigrammatik, dass sie Ansätzen der kognitiven Linguistik verwandt ist, da sie zumindest in diesem Bereich auf Bildschemata zurückgreift, wie sie parallel in der kognitiven Linguistik beschrieben wurden.

      Abbildung 2.13:

      Auszug aus der Textgrammatik von Weinrich (Weinrich 2005: 184)

      Dieser kurze Auszug aus der Textgrammatik illustriert einige Besonderheiten textlinguistischer Ansätze. Zum einen findet Sprache nicht in Silben, Funktionswörtern (wie Artikeln), Wörtern oder Sätzen, sondern immer in Texten statt. Auch wenn diese kurz sind. Hierzu gehört, dass es in der Sprache keine namenlosen Sätze gibt, sondern Sprecher bestimmte Rollen übernehmen: hier deutlich gemacht durch die Sprecherrolle, die Adressatenrolle und die Referenzrolle. In der Tabelle werden dazu die wichtigsten formellen Merkmale zugeordnet. Interessant ist ferner, dass sich diese Textgrammatik im pragmalinguistischen Sinne folgerichtig als Signalgrammatik versteht. Sprecher und Adressat geben sich über sprachliche Symbole Signale zum Austausch ihrer unterschiedlichen Wissensbestände. So wird das Partizip Perfekt zu einer Anweisung an den Adressaten, nach bekannter Information im Vorwissen zu suchen (Rück-Partizip). Wann immer dieses Partizip auftaucht, verweist es also auf vorbekannte oder vorgenannte Information. Auch dieser textlinguistische Ansatz ist in vielerlei Hinsicht ein Vorläufer der kognitiven Grammatik und mit ihr im Unterricht kompatibel. Auch hier stehen die Transparenz, die Funktionalität und die Einfachheit/Plausibilität und Erfahrbarkeit im Vordergrund.

       Experiment

      Sie sind nun Versuchsleiter und wollen unterschiedliche Lernkonzepte der Zeit- und Raumdarstellung an Ihren Lernern erproben. Formansätze kennen Sie vermutlich schon. Probieren Sie also mal funktionale und textlinguistische Verfahren. Wie gehen Sie vor, was stellen Sie fest?

      2.2.4 Zusammenfassung

      Anhand der Ausführungen in dieser Einheit können Sie Folgendes erkennen:

       Den sprachlichen Formen unterliegen tatsächlich klare Konzepte elementarer Raum- und Zeitdomänen.

       In den Zeitkonzepten finden sich die meisten Raumkonzepte wieder.

       Die Konzepte basieren auf sprachenübergreifenden Bildschemata (oben – unten, früh – spät, Dauer …), weisen aber sprachtypische Profilierungen und Perspektivierungen auf, etwa die Nicht-Abgeschlossenheit, Wiederholbarkeit und andere.

       Aus Erwerbsstudien ergeben sich bestimmte natürliche Reihenfolgepräferenzen unabhängig von den Ausgangssprachen der Lerner.

       Eine große Rolle im Erwerb spielt die Salienz und Relevanz der Strukturen in der Zielsprache.

       Formale Aspekte der Beschreibung grammatischer Strukturen halten im Wesentlichen nur die Merkmale der Oberfläche fest, zum Beispiel ob in Adverbialen Artikel oder Präpositionen erscheinen und wie sich starke und schwache Verben verhalten können. Für das Lernen einer fremden Sprache steht der Nutzen solcher Beschreibungen nicht wirklich fest.

       Eine kontrastive Betrachtung metaphorischer Konzepte von Raum und Zeit hilft, Transparenz zu schaffen und Nachhaltigkeit zu sichern. Form-Funktionsaspekte lassen sich durch Darstellungen der Funktionen und – in den Anfangsphasen – auch durch Chunkingverfahren vermitteln (siehe Kapitel 3).

      2.2.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle

      1 Warum sind Raum und Zeit essentielle oder gar existentielle Kategorien unserer Wahrnehmung?

      2 Welche Rolle spielt die individuelle Perspektive eines Sprechers?

      3 Wie wirken sich linguakulturelle Weltsichten in Bezug auf die Raum- und Zeitwahrnehmung und ihre sprachliche Realisierung aus?

      4 Erläutern Sie die Grundkategorien des Temporalitätsmodells von Reichenbach.

      5 Wie spezifiziert Kleins Modell das Grundmodell nach Reichenbach?

      6 Was ist unter der deiktischen Dimension zu verstehen?

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAQECWAJYAAD/2wBDAAYEBQYFBAYGBQYHBwYIChAKCgkJChQODwwQFxQYGBcU FhYaHSUfGhsjHBYWICwgIyYnKSopGR8tMC0oMCUoKSj/2wBDAQcHBwoIChMKChMoGhYaKCgoKCgo KCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCgoKCj/wAARCBCMC7gDASIA AhEBAxEB/8QAHQABAAMAAwEBAQAAAAAAAAAAAAYHCAEEBQMCCf/EAGEQAQABAgQCAgsLCAcEBgkB CQABAgMEBREhBgcSMRMWQVFUVWFxc5OyCBQiNTZ0gZGUsdEVFzIzN3KhsyM0QlJ1wdJiksLDGCRD VoKDJkaEoqTT4fDxREVTJSdjheJkZf/EABwBAQACAgMBAAAAAAAAAAAAAAAFBgQHAgMIAf/EAEoR AQABAgMACw0IAQQABgMBAQABAgMEBREGEhYhMUFTcZGx0RMUFzQ1UVJUYYGSocEHFSIyM3Ky4fAj QoLCJENic9LxNkTioiX/2gAMAwEAAhEDEQA/ALbDc3aCWoDc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc 3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADc3ADcAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3Nw A3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3NwA3N
Скачать книгу