Sprachenlernen und Kognition. Jörg-Matthias Roche

Sprachenlernen und Kognition - Jörg-Matthias Roche


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alt=""/>Abbildung 2.3:

      Der Atomkraft Beine machen (Jusos Drensteinfurt 2016)

      

Abbildung 2.4:

      Kaffeemaschine (Heise 2016)

      Im Gegensatz zu den piktorialen Metaphern kombinieren multimodale Metaphern (Forceville 2008: 467ff) verschiedene Kodierungssysteme oder Wahrnehmungsmodalitäten, so dass zum Beispiel durch die Interaktion von Musik und Bildern die intendierte Metapher evoziert werden kann. Ein Beispiel dafür finden wir in der Werbung für das Katzenfutter »Xirah« (über den Wahrheitsgehalt der Werbung müssten Sie Ihre eigene Katze entscheiden lassen), in der ein Streit um das Essen zwischen einer Katze und einem Hund inszeniert wird. Dabei wird durch zwei besondere Elemente die Metapher EIN STREIT UM DAS ESSEN IST EIN DUELL IM WILDEN WESTEN evoziert: Einerseits wird ein Ausschnitt aus dem bekannten Lied The good, the bad and the ugly von Ennio Morricone im Hintergrund gespielt und andererseits wird der Eintritt des Hundes in das Zimmer durch eine Schwingtür gezeigt, wie sie aus Westernfilmen bekannt ist. Der konzeptuelle Inhalt der Quellendomäne wird also durch Elemente unterschiedlicher Modalitäten aktiviert.

      2.1.5 Die Verarbeitung von Metaphern

      Nachdem wir den Prozess der Metaphorisierung und die verschiedenen Arten von Metaphern kennengelernt haben, beschäftigen wir uns nun mit der Frage, wie Metaphern eigentlich verarbeitet werden und welche Faktoren dabei überhaupt mitwirken. Da aber die meisten Ansätze zur Verarbeitung von Metaphern kaum Bezug auf den Kontext des Fremdsprachenerwerbs nehmen, sollen die Ansätze in einem ersten Schritt nur in ihren Grundzügen präsentiert werden (für eine ausführliche Darstellung siehe auch Littlemore & Low 2006b: 46ff). Danach wird die Wichtigkeit des Erwerbs einer metaphorischen Kompetenz im Unterrichtskontext besprochen.

      Bisher sind zahlreiche Theorien formuliert worden, die jeweils den Schwerpunkt auf einen einzelnen Aspekt gelegt (zum Beispiel den Kontext, den Bekanntheitsgrad der Metapher, die Salienz etc.) und größtenteils die dafür nötige empirische Evidenz geliefert haben. Wie Sie aber sicher schon einmal festgestellt haben, wirken beim Verständnis von Metaphern mehrere Faktoren zusammen, so dass wir eher von einem mehrdimensionalen Konstrukt ausgehen sollten. Ein erster wichtiger Streitpunkt betrifft die Frage, inwiefern der gesamte konzeptuelle Inhalt der Quellendomäne aktiviert wird, um die Metaphern zu verstehen. Einerseits verteidigte Searle (1979) die Position, dass die Metaphern zunächst von dem Sprecher als Verletzungen der Qualitätsmaxime erkannt und nachher anhand von Implikaturen interpretiert werden. Dabei wird der gesamte konzeptuelle Inhalt aktiviert und es wird auf dieser Basis nach möglichen Interpretationen gesucht, die die pragmatischen Kriterien der kommunikativen Situation erfüllen. Demnach erfolgt der Zugang zu den relevanten Aspekten der Quellendomäne bei der Interpretation der Metaphern auf indirekte Weise. Demgegenüber stehen Ansätze wir der des direct access view von Gibbs (1994), die einen direkten Weg zum relevanten konzeptuellen Inhalt der Quellendomäne postulieren. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Konzepte der Quellendomäne sowohl über eine konkrete als auch über eine übertragene Bedeutung verfügen, so dass die Sprecherin oder der Sprecher beziehungsweise die Hörerin oder der Hörer direkt die eine oder andere Bedeutung aktiviert (vergleiche auch Glucksberg 2008). Demnach sollte die Verarbeitung einer Metapher nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen als die Verarbeitung der konkreten Bedeutung. Beim Beispielsatz er frisst wie ein Schwein stehen Merkmale wie die Art des Essens von Schweinen für die übertragene Bedeutung der Quellendomäne (hier das Schwein) zur Verfügung. Weiterhin argumentieren Glucksberg, Newsome & Goldvarg (2001) im Rahmen ihres class-inclusion model, dass oft neue Subkategorien geschaffen werden, die in Abgrenzung zu den anderen Kategorien eine Bedeutung haben. Dabei werden irrelevante Aspekte der Quellendomäne nicht aktiviert (vergleiche auch Glucksberg 2008). In dem vorangehenden Beispielsatz werden beispielsweise verschiedene Arten von Essgewohnheiten vorausgesetzt, so dass nur diejenigen Merkmale vom Schwein aktiviert werden, die zur Interpretation der Metapher beitragen können. Bowdle & Gentner (2005) merken jedoch kritisch an, dass die metaphorische Bedeutung der Konzepte der Quellendomänen erst im Zusammenhang mit einer Zieldomäne geschaffen werden kann und dass die Quellendomänen daher nicht unbedingt eine metaphorische Bedeutung neben der konkreten Bedeutung besitzen. Eine Interaktion zwischen Quellen- und Zieldomäne ist vor allem für innovative Metaphern unabdingbar.

      Nach Giora (1999) können derartige Ansätze nur einen kleinen Teil der Verarbeitung von Metaphern erklären, unabhängig davon, welche Art von Zugang sie postulieren (Giora 1999: 240). Im Rahmen ihrer graded salience hypothesis geht die Autorin vielmehr davon aus, dass der Grad von Salienz eine zentrale Rolle spielt. Demnach wird die Salienz konkreter und metaphorischer Bedeutungen von Wörtern und Sätzen von Faktoren wie dem Konventionalitätsgrad, der Frequenz, dem Bekanntheitsgrad etc. mitbestimmt. So werden bei der Verarbeitung von Metaphern zunächst die salienten Bedeutungen eines Konzeptes aktiviert, auch wenn sie für den Kontext nicht relevant sind. Wenn aber die Metapher anhand der salienten Bedeutung der Quellendomäne nicht erschlossen werden kann, dann werden Kontextinformationen herangezogen. Giora (1999) merkt jedoch an, dass der Kontext eine begrenzte Rolle spielt: Obwohl der Kontext die zutreffende Bedeutung eines Konzeptes aktivieren kann, kann er die Aktivierung von salienten, nicht zutreffenden Bedeutungen nicht inhibieren. Dabei bezieht sich Giora auf Eye-Tracking-Studien (vergleiche Rayner, Pacht & Duffy 1994), die gezeigt haben, dass zweideutige Wörter länger fixiert werden als eindeutige Wörter, auch wenn ein kontextuelles Priming zur Aktivierung der weniger salienten Bedeutung dargeboten wurde. Diese Ergebnisse legen nahe, dass bei zweideutigen Wörtern der Kontext zwar die weniger saliente Bedeutung aktiviert, die saliente Bedeutung jedoch stets mitaktiviert ist. Dabei ist die längere Fixationszeit auf den zusätzlichen Zeitaufwand zur Disambiguierung und Reinterpretation des Wortes zurückzuführen.

      Im Unterschied zu Giora (1999) fokussiert die career of metaphor theory von Bowdle & Gentner (2005) die Entwicklung des Gebrauchs von Metaphern im Diskurs. Den Autoren zufolge spielt der Unterschied zwischen konventionellen und unkonventionellen Metaphern eine zentrale Rolle unabhängig davon, ob sie direkt oder indirekt verarbeitet werden. Dabei gehen Bowdle & Gentner (2005) davon aus, dass konventionelle Metaphern bereits vorhandene metaphorische Kategorien nutzen und daher leichter verarbeitet werden können, während unkonventionelle Metaphern zwingend durch Vergleichsprozesse zwischen Quellen- und Zieldomäne erschlossen werden. Die folgende Abbildung 2.5 zeigt, wie die verschiedenen Arten von Metaphern in der Regel unterschiedliche Verarbeitungsprozesse erfordern, die wiederum mit einem unterschiedlichen kognitiven Aufwand verbunden sind:

      

Abbildung 2.5:

      Die sogenannte career of metaphor nach Bowdle & Gentner (2005: 2009)

      Die Wahl des einen oder anderen Verarbeitungsprozesses hängt nach Bowdle & Gentner (2005) von anderen Faktoren wie der Salienz der konkreten Bedeutung (vergleiche auch graded salience hypothesis nach Giora 1999) und dem Kontext (vergleiche direct access view nach Gibbs 1994) ab. Der integrative Charakter dieser Theorie lässt sich an zwei Aspekten festmachen: Erstens lassen sich die eher traditionellen Vergleichsmodelle zur Verarbeitung von Metaphern (Quellen- und Zieldomäne werden miteinander verglichen und ihre Ähnlichkeiten herausgearbeitet) mit den Kategorisierungsmodellen (vergleiche class-inclusion model nach Glucksberg et al. 2001) vereinbaren; zweitens werden die unterschiedlichen Verarbeitungsstrategien in Abhängigkeit vom Konventionalitätsgrad der Metaphern (konventionelle, innovative und tote Metaphern) beschrieben.

      Weiterhin ist der Ansatz von Kövecses (2010; 2015) insofern als Ergänzung zur career metaphor theory anzusehen, als verschiedene Ebenen des Kontextes beschrieben werden, die besonders bei der Verarbeitung von innovativen Metaphern eine Rolle spielen. Bisher hatten sich die meisten Ansätze bei der Beschreibung des Kontextes auf den unmittelbaren linguistischen Kontext beschränkt. Kövecses (2010) differenziert jedoch zwischen den körperlichen Erfahrungen (Raum, Bewegung etc.) aus dem unmittelbaren physischen Kontext (physical environment), dem Diskurswissen, dem soziokulturellen Wissen (cultural context und immediate social setting) und dem linguistischen Kontext selbst. Vor allem bei innovativen Metaphern


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