Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen. Группа авторов

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Biologie Richtlinien, die vorschreiben, nach welchen Konventionen die wissenschaftlichen Namen der Lebewesen gebildet werden (zum Beispiel coccinella septempunctata – ,Marienkäfer‘, crocus sativus – ,Safran‘). Auch in der Chemie ist die Namensgebung für chemische Stoffe vorgeschrieben, um eine systematische Beziehung zwischen der Strukturformel und dem daraus abgeleiteten Namen der Verbindung herzustellen (SO3Schwefeltrioxid, CH2Cl2Dichlormethan). In manchen Fachgebieten sind die Terminologien durch die DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung festgelegt: DIN 199 definiert die Terminologie der technischen Produktinformation (CAD-Modelle, Zeichnungen und Stücklisten), DIN 1320 definiert Begriffe der Akustik und DIN 77001 legt Kurzzeichen von Ausstattungsmerkmalen in Reisekatalogen fest, bezieht sich also auf den Bereich Tourismus.

      Wenn auch teilweise gefordert wird, dass ein Terminus idealerweise eineindeutig sein sollte, das heißt, dass zur Benennung eines bestimmten Objekts oder Konzepts nur ein einziger Terminus existieren sollte, ist das in der Praxis nicht immer der Fall: Oft haben Fachbegriffe Synonyme, meist mit unterschiedlicher Herkunft. So wird zum Beispiel in der medizinischen Fachsprache die Bindegewebskrankheit Sarkoidose alternativ als Morbus Boeck oder auch als Morbus Schaumann-Besnier bezeichnet, in der Chemie existiert Glaubersalz neben Natriumsulfat-Decahydrat als Name für Na2SO4 und in der Fachsprache der Musik wird eine aufwärtsführende musikalische Linie Anabasis oder Ascensus genannt.

      Fachtexte bestehen nicht ausschließlich aus Fachbegriffen, auch wenn beim Lesen eines Textes wahrscheinlich vor allem das fachwissenschaftliche Vokabular auffällt. Neben den spezifischen wissenschaftlichen Fachbegriffen der jeweiligen Fachrichtung (zum Beispiel akteurzentriert, Institutionalismus in der Fachsprache der Politik) enthalten fachwissenschaftliche Texte auch Wörter der Gemeinsprache, die bedeutungsgleich auch in der Alltagssprache vorkommen (zum Beispiel in, sondern, wichtig).

      Neben dem Wortschatz einer bestimmten Fachsprache einerseits und Wörtern der Alltagssprache andererseits kann man aber auch noch eine dritte Gruppe Wörter ansetzen, die in Fachtexten zu finden sind, nämlich Fachbegriffe, die in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen vorkommen (zum Beispiel Problem, Theorie, relativ). Diese Wörter gehören zur sogenannten alltäglichen Wissenschaftssprache (vergleiche Ehlich 1993). Sie bilden die Grundlage für die Wissenschaftskommunikation und sind infolge dessen auch sehr relevant für das Lernen beziehungsweise Unterrichten des fachsprachlichen Wortschatzes einer Sprache (siehe auch den Abschnitt unten Wortschatz im Fachsprachenunterricht und Kapitel 5 Fach- und Berufssprachenvermittlung). So postulieren Ehlich & Graefen (2001: 373):

      Die Alltägliche Wissenschaftssprache ist Bestandteil, Resultat und zugleich Voraussetzung der Wissenschaftskommunikation, also unabdingbar für jeden, der sich am deutschen Wissenschaftsbetrieb beteiligen will.

      2.1.3 Eigenschaften des Fachwortschatzes

      Nachdem wir uns mit den unterschiedlichen Arten der Fachwörter befasst haben, beschäftigen wir uns in den folgenden Abschnitten mit den strukturellen Charakteristika der Fachwörter: Welchen Wortarten gehören sie an? Aus welchen Sprachen sind sie abgeleitet? Und welche morphologischen Eigenschaften haben sie?

      Wortarten

      Wie der obige Buchtitel Der Ansatz von Rückstellungen nach HGB und IFRS im Vergleich. Regelungsschärfe, Zweckadäquanz sowie Eignung für die Steuerbilanz zeigt, scheinen fachsprachliche Texte oft im Verhältnis zu den anderen Wortarten mehr Substantive zu enthalten als Texte anderer Gattungen. Wie kommt es dazu? Hierfür sind wohl mehrere Faktoren verantwortlich: Einerseits entwickeln sich in Fachsprachen viele Substantivkomposita (Regelungsschärfe, Zweckadäquanz, Steuerbilanz), da dadurch Begriffe mit einer präzisen und differenzierten Bedeutung gebildet werden können, die sich gut als Fachbegriffe eignen. Außerdem werden in fachsprachlichen Texten häufig Funktionsverbgefüge verwendet, das heißt Substantiv-Verb-Kombinationen (siehe auch Lerneinheit 2.2.), die etwas bezeichnen, das in der Alltagssprache durch ein einzelnes Verb ausgedrückt wird. Dazu zählt beispielsweise zum Ausdruck bringen für ,ausdrücken‘, eine Entscheidung fällen statt ,entscheiden‘ oder Anwendung finden für ,angewendet werden‘.

      Des Weiteren werden in Fachsprachen häufig Wörter anderer Wortarten substantiviert, beispielsweise Verben (das Brennen, das Drehen), Adjektive (das Grün), Partizipien (die Unbekannte) oder auch Zahlen (die Eins).

      Nicht alle Fachbegriffe sind jedoch Substantive, der Fachwortschatz enthält auch andere Wortarten: Adjektive werden beispielsweise häufig als Attribute verwendet, um die Bedeutung eines Fachbegriffs zu präzisieren (degenerative Gelenkerkrankung, rheumatoide Arthritis, konjunkturbedingte Arbeitslosigkeit). In solchen Adjektiv-Substantivverbindungen erfüllen Adjektive eine ähnlich spezifizierende Funktion wie die Erstglieder von Komposita (zum Beispiel Jugendarbeitslosigkeit, hier wird die Art der Arbeitslosigkeit durch das Erstglied Jugend näher spezifiziert), das heißt, sie schränken den Bedeutungsumfang des Substantivs ein.

      In vielen Disziplinen tragen die fachsprachlichen Substantive und Adjektive die Hauptinformation und Verben spielen eher eine unbedeutende Rolle (Buhlmann & Fearns 2000: 19). Der Grund für die Dominanz der Substantive und Adjektive liegt darin, dass sie mit der fachlichen Tätigkeit verbundene Gegenstände, Prozesse und Erscheinungen benennen beziehungsweise deren Eigenschaften charakterisieren. Es wird angenommen, dass Substantive und Adjektive ca. 50 bis 60 % des Wortschatzes ausmachen, während Verben, mit denen vorwiegend Vorgänge sowie Tätigkeiten und deren Ergebnisse ausgedrückt werden, ca. 10 bis 15 % des Wortschatzes abdecken.

      In fertigungstechnischen Fachsprachen zeigen sich jedoch relativ viele fachspezifische Verben, mit denen die unterschiedlichen Fertigungsverfahren bezeichnet werden (walzen, stangpressen, honen, clinchen), oder auch bei der Kochterminologie, in der unterschiedliche Zubereitungsarten (aprikotieren, bardieren, montieren, spicken) durch Fachverben exakt beschrieben werden.

      Der Fachwortschatz setzt sich größtenteils aus Wörtern der offenen Wortklassen (Substantiv, Adjektiv und Verb) zusammen. In den geschlossenen Wortklassen (zum Beispiel Präpositionen oder Konjunktionen) sind Fachtermini seltener zu finden.

      Wortherkunft

      Häufig werden Fachbegriffe aus anderen Sprachen importiert, vor allem aus dem Griechischen und Lateinischen, in neuerer Zeit vermehrt aus dem Englischen. Die medizinische Fachsprache enthält beispielsweise sehr viele lateinische und griechische Wortelemente. Daher müssen im Studium der Medizin oder Pharmazie Kurse in medizinischer beziehungsweise pharmazeutischer Terminologie absolviert werden, in denen die lateinischen und griechischstämmigen Fachtermini vermittelt werden.

      Unterscheiden kann man bei entlehnten Fachbegriffen zwischen Entlehnungen im engeren Sinne, bei denen das ganze Wort übernommen wird (Eponym, a priori, Software), und Lehnübersetzungen, in denen die einzelnen Komponenten komplexer Wörter übersetzt werden (Datenverarbeitung von data processing, saurer Regen von acid rain).

      In manchen Fachsprachen sind viele Fachbegriffe aus Eigennamen (Eponymen) abgeleitet. Dazu zählen in der Fachsprache der Physik Namen physikalischer Einheiten, wie beispielsweise Ampere, die Maßeinheit der elektrischen Stromstärke (nach André-Marie Ampère) oder die Temperaturskalen Grad Celsius (nach Anders Celsius) beziehungsweise Grad Fahrenheit (nach Gabriel Daniel Fahrenheit). In der medizinischen Fachsprache werden Krankheiten oder Ursachen für Krankheiten häufig nach ihren Entdeckern benannt, beispielsweise Morbus Basedow (nach Karl Adolf von Basedow) oder Alzheimer-Demenz (nach Alois Alzheimer). Teilweise fungieren auch die ersten beziehungsweise bekanntesten Patienten als Namensgeber, zum Beispiel Lou Gehrig für das Lou-Gehrig-Syndrom (amyotrophe Lateralsklerose) oder John Hagemann für den Hagemann-Faktor, einen Blutgerinnungsfaktor.

      Für die Übernahme des Sprachmaterials aus fremden Sprachen spricht nach Reinhardt (1975: 53) ihre Internationalität, ihre semantische Unbelastetheit und ihre ausgeprägte Wortbildungsfähigkeit: Fremdwörter sind oft kürzer


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