Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen. Группа авторов

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müssen als neue Lexeme mit ihrer exakten Definition in das mentale Lexikon aufgenommen werden. Dabei sollte die Vermittlung und der Erwerb von Fachbegriffen nicht außerhalb eines Kontextes (zum Beispiel in Form von Vokabellisten) erfolgen, sondern immer textorientiert und in den Sachzusammenhang eingebettet.

      Des Weiteren sollen Lerner für die Wörter sensibilisiert werden, die ihnen bereits aus der Alltagssprache vertraut sind und im Fachkontext eine andere spezialisiertere Bedeutung haben, wie beispielsweise signifikant. Der Unterschied zwischen allgemein- und fachsprachlicher Bedeutung sollte immer anhand von Beispielen des jeweiligen Fachs erarbeitet werden.

      Ein wichtiges Ziel der Spracharbeit im Fachsprachenunterricht sollte außerdem sein, nicht nur einzelne Fachbegriffe zu vermitteln, sondern vor allem auch den Lernern die Wortbildungsmuster der einzelnen Fachwörter bewusst zu machen, um sie damit in die Lage zu versetzen, die Bedeutung neu auftretender Fachwörter selbstständig erschließen zu können.

      2.1.5 Zusammenfassung

       Die Fachsprache lässt sich als eine Sprachvarietät auffassen, die zusammen mit der Gemeinsprache (und anderen Varietäten wie Dialekten) die Gesamtsprache ausmacht.

       Auch wenn die Grenze zwischen Fachsprache und Gemeinsprache nicht immer leicht zu ziehen ist und es Unterschiede zwischen einzelnen Fachsprachen gibt, unterscheidet sich der fachsprachliche Wortschatz von den Wörtern der Alltagssprache hinsichtlich folgender Charakteristika:Fachbegriffe besitzen in den jeweiligen Fachrichtungen exakte und spezifische Bedeutungen.Der Fachwortschatz besteht hauptsächlich aus Substantiven, Adjektiven oder Verben, seltener aus Wörtern anderer Wortarten.Charakteristisch sind Entlehnungen aus dem Griechischen, Lateinischen und Englischen.Häufig verwendete Wortbildungsmuster sind Komposition, Derivation, Konversion und Kurzwortbildung.Beim Unterrichten des Fachwortschatzes an Deutschlerner konzentriert sich die Vermittlung auf möglichst häufige und relevante Fachbegriffe der jeweiligen Disziplin, die im Kontext gelernt werden sollten.

      2.1.6 Aufgaben zur Wissenskontrolle

      1 Bestimmen Sie den Ursprung der kursiv markierten Fachbegriffe (Entlehnung – Metapher – Komposition)

      1 Kartoffeln gehören zur Familie der Nachtschattengewächse.

      2 Die Strategie bestand darin, Firmen zu kaufen, um diese zu restrukturieren bzw. zu filetieren.

      3 Das Chassis wird von einem anderen Unternehmen hergestellt.

      4 Auf dem Feld der Weiterbildung wurde eine Zusammenarbeit mit Akteuren der Arbeitswelt begonnen.

      1 Welcher Fachsprache würden Sie die folgenden Textausschnitte zuordnen?

      1 Im 3. Satz, Alla marcia e molto marcato, wird das zunächst zurückhaltend von den Celli und Fagotten in der Artikulation Staccato gespielte Thema von Violinen und Oboe im Wechsel weitergeführt.

      2 Technikübung im Nichtschwimmerbecken, Wasser hüft- bis brusttief: Absprung vom Beckenboden, Kinn auf Brustbein drücken, Hüfte einknicken, Gleiten, bis Hände Beckenboden berühren.

      3 Kurz vor dem Servieren die Reduktion mit der kalten Butter montieren.

      4 Bei nach außen gewölbtem Petschaft stammt der Abwurf von jüngeren Hirschen, bei älteren Hirschen ist das Petschaft eben oder konkav.

      1 Wandeln Sie die fachsprachlichen Funktionsverbgefüge in passende Vollverben um:

      1 Ersatz leisten

      2 Antwort geben

      3 in Haft nehmen

      4 Protokoll führen

      1 Ersetzen Sie die kursiv markierten Verben durch Funktionsverbgefüge:

      1 Der überarbeitete Ansatz wurde sehr gelobt.

      2 In der Lehrveranstaltung werden neue Methoden angewendet.

      3 Leider wurde dieser Vorschlag abgelehnt.

      4 Das Projekt war nie finanziell unterstützt worden.

      2.2 Grammatikalische Eigenschaften von Fachsprachen

      Susanne Borgwaldt & Magdalena Sieradz

      In der vorhergehenden Lerneinheit hatten wir uns mit dem Wortschatz der Fachsprachen befasst, also mit den lexikalischen Aspekten, die oft als Erstes auffallen, wenn man einen fachsprachlichen Text liest oder bei einem fachsprachlichen Gespräch zuhört. Diese Lerneinheit behandelt die grammatikalischen Eigenschaften von Fachsprachen und konzentriert sich dabei insbesondere auf Fachtexte. Das heißt, wir beschäftigen uns in den nächsten Abschnitten hauptsächlich mit schriftlicher Kommunikation, denn die besonderen grammatikalischen Charakteristika der Fachsprache treten hauptsächlich in Texten auf und daneben nur in bestimmten mündlichen Kommunikationsformen, wie beispielsweise Vorlesungen oder Predigten, die als konzeptionell schriftlich aufzufassen sind. Neben der Analyse der grammatikalischen Phänomene überlegen wir auch, welche Auswirkungen sich aus den gehäuften Vorkommen bestimmter morphosyntaktischer Strukturen beziehungsweise dem weitgehenden Fehlen anderer Strukturen in Fachtexten für das Unterrichten beziehungsweise Lernen der Fachsprache Deutsch ergeben.

      Lernziele

      In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie

       den Zusammenhang zwischen Fachsprache und konzeptioneller Schriftlichkeit erkennen können;

       grammatikalische Eigenschaften von Fachsprache erkennen und deren Funktionen analysieren können;

       die charakteristischen grammatikalischen Merkmale bei der Unterrichtsplanung eines Fachsprachenkurses berücksichtigen und anwenden können.

      2.2.1 Fachsprache und konzeptionelle Schriftlichkeit

      Fachsprache existiert sowohl in geschriebener als auch in gesprochener Form. Wie bereits in Lerneinheit 2.1 beschrieben, lassen sich Fachsprachen nach Abstraktionsgrad beziehungsweise Kommunikationsraum klassifizieren, dabei geht man häufig von den folgenden drei Ebenen aus (vergleiche Ischreyt 1965: 38ff):

       (1) der Theorie- beziehungsweise Wissenschaftssprache, die der Kommunikation unter Experten und Expertinnen dient, und die meist in schriftlicher Form vorliegt;

       (2) der fachlichen Umgangssprache, die typischerweise in der mündlichen Kommunikation unter Experten und Expertinnen gebraucht wird, und

       (3) der Verteilersprache, die in der mündlichen oder schriftlichen Kommunikation zwischen Experten und Laien verwendet wird.

      Grammatikalische Charakteristika der Fachsprachen treten überwiegend in geschriebenen Texten auf. Es gibt in der Fachkommunikation allerdings auch mündliche Kommunikationsformen, deren Stil dem von Fachtexten stark ähnelt, dazu gehören beispielsweise Vorlesungen, Predigten, Reden oder Vorträge. Diese medial mündlichen Formen sind als konzeptionell schriftlich einzustufen und sollen daher auch Gegenstand dieser Lerneinheit sein.

      Die Unterscheidung zwischen medialer Schriftlichkeit und konzeptioneller Schriftlichkeit geht auf Koch und Oesterreicher (1985, 1994) zurück. In ihrem Modell (siehe Abbildung 2.1 in einer von Dürscheid 2006 modifizierten Version) sind Äußerungen beziehungsweise Texte medial mündlich, wenn sie durch Schallwellen übertragen werden, zum Beispiel Gespräche, Telefonate oder Referate, und medial schriftlich, wenn sie durch Schriftzeichen übertragen werden, zum Beispiel Leserbriefe, Emails oder Urkunden (siehe hierzu auch die Lerneinheit 8.2 im Band »Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb«).

      Neben der Dimension „Medium“ existiert in Koch und Oesterreichers Modell auch die Dimension „Konzeption“, die sich auf den Stil beziehungsweise die Ausdrucksweise bezieht: Äußerungen und Texte gelten als konzeptionell mündlich, wenn der Stil informell und so an die gesprochene


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