Kultur- und Literaturwissenschaften. Группа авторов

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Ansätze von der (unbedingten) Bestimmung und nicht allein von der Beeinflussung der Weltanschauung durch Sprache ausgehen;

       kultursemiotische Ansätze sich mit dem symbolischen Charakter von Bedeutung befassen;

       Kultur kein statisches, sondern ein dynamisches Konzept darstellt, das auch Mischformen und Akkulturationsphänomene durch Mehrsprachigkeit und Kulturkontakt integriert;

       Landeskundevermittlung nicht auf Faktenvermittlung begrenzt sein kann, sondern die subjektiven Bedingungen der Bedeutungskonstruktion berücksichtigen muss;

       Lehrer und Lehrerinnen bei der Landeskundevermittlung auf eine Vielzahl von Perspektiven und Konzepten zurückgreifen können;

       dafür Methoden und didaktische Ansätze bereitstehen, die auf verschiedene theoretische Denkrichtungen zurückgehen.

      1.1.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle

      1 Warum beschäftigen sich Sprachphilosophen mit dem Zusammenhang von Kultur und Sprache?

      2 Was ist die Grundidee des linguistischen Determinismus?

      3 Welche Rolle spielt Mehrsprachigkeit in Humboldts Konzept von Weltsicht?

      4 Welche Kulturbegriffe können voneinander unterschieden werden?

      5 Welcher Zusammenhang besteht zwischen Landeskundevermittlung und dem ihr zugrunde liegenden Kulturverständnis?

      6 Welche ersten Veränderungen lassen sich im aktuellen Landeskundeunterricht erkennen, die sich auf die Arbeit mit Texten und ihre Interpretation beziehen?

      1.2 Kulturbegriffe und Kulturtheorien

      Jörg Roche

      Nachdem wir uns in der letzten Lerneinheit mit verschiedenen Konzepten von Kultur auseinandergesetzt haben, soll im Folgenden untersucht werden, welche für die Kulturvermittlung relevanten Modelle es gibt und welche Stärken und Schwächen diese jeweils in Bezug auf die Vermittlung von Sprache aufweisen. Dabei geht es nicht um die trennende Vermittlung „landeskundlichen“ Faktenwissens, denn bei diesem traditionellen Faktenwissen könnte man sich höchstens darüber streiten, welche Fakten man auswählt. Viel interessanter erscheint daher die grundlegende Vermittlung von Sprache und Kultur und ihrer gegenseitigen Bedingtheit. Es geht also um einen linguakulturellen Ansatz, der berücksichtigt, dass Sprache Kultur abbildet, aber gleichzeitig auch Kultur schafft. Damit aber stehen auch Fragen des Verhältnisses von Sprache und Denken im Mittelpunkt und gleichzeitig auch die Frage, wie ein moderner, offener Fremdsprachenunterricht für kulturelle Vielfalt und das gegenseitige Verstehen sensibilisieren kann. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, wie neuere Vermittlungsansätze und Landeskundemodelle berücksichtigen, dass die Zielkulturen inzwischen noch weiter weg von Homogenität sind, als sie es immer schon waren.

       Lernziele

      In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie

       die gängigsten Ansätze der Kulturvermittlung benennen können, die landläufig als Landeskunde bezeichnet werden;

       erkennen können, dass die meisten dieser Ansätze von statischen und homogenen Annahmen ausgehen, die in modernen Gesellschaften so gar nicht (mehr) gegeben sind und im Übrigen kaum geeignet sind, transkulturelles Verstehen zu fördern;

       erkennen können, warum der traditionelle Landeskundebegriff und viele seiner Konzepte überholt und für eine moderne linguakulturelle Vermittlung ungeeignet sind;

       die wichtigsten Elemente einer auf tanskulturelles Verstehen ausgerichteten angewandten Kulturwissenschaft verstehen und nutzen können.

      1.2.1 Modelle der Kulturvermittlung

      Die verstärkten Migrationsbewegungen haben einen demographischen Wandel verursacht, der einerseits die Vielfalt in den Zielkulturen erhöht, andererseits auch Transkulturationsprozesse auslöst und erfordert, die den Umgang mit der Vielfalt regeln können. Für die Kulturvermittlung im Fremdsprachenunterricht bedeutet dies zum einen mehr und direkte Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Ausgangs- und Zielkulturen, zum anderen auch die zwingende Notwendigkeit, sich mit den Prozessen des Sprach- und Kulturverstehens explizit auseinanderzusetzen. Angesichts der mehrkulturellen und mehrsprachigen Realität heutiger Gesellschaften sollte angenommen werden, dass moderne Ansätze der Kulturvermittlung in besonderer Weise Prozesse der TranskulturationTranskulturation bereits thematisieren und nutzen. In Wirklichkeit geschieht dies aber bisher nur rudimentär. Perspektiven, die Kulturen nicht als fixierte und mehr oder weniger monolithische Konstrukte betrachten, zeichnen sich in der Landeskunde nämlich erst ansatzweise ab. So bleiben viele Aussagen zur Verarbeitung multi-, inter- und transkultureller Erscheinungen zur Vermittlung und Vermittelbarkeit transkultureller Lernziele im Unterricht allgemein unvollständig oder münden in rein bildungspolitische, aber nicht umgesetzte Wunschvorstellungen. Bildungssystemen kann allgemein der Vorwurf gemacht werden, dass sie Bildung vorwiegend oder ausschließlich aus einer monokulturellen und monolingualen Perspektive konzipieren und betreiben. Auch in mehrsprachigen und mehrkulturellen Kulturen gelingt die Verbindung transkultureller Perspektiven und die Behandlung von Verstehensprozessen bisher kaum. Allenfalls werden parallele Strukturen aufgebaut, die nebeneinander existieren, aber kaum Austausch miteinander haben.

      In der Diskussion, der Verarbeitung, Vermittlung und Entwicklung inter- und transkultureller Lern- (und auch Integrations-)Ziele wird unter anderem zu wenig berücksichtigt, dass der kompetente Zugang zu einer fremden Kultur nicht ohne sprachliche Kenntnisse und der kompetente Erwerb einer fremden Sprache nicht ohne einen kompetenten Zugang zu der dazugehörigen fremden Kultur erfolgen kann. Viele Arbeiten zur Landeskunde behandeln die Interdependenz von Sprache und Kultur als nachgeordnetes Thema der Umsetzung und nicht im Kontext der gemeinsamen Verarbeitung durch das gleiche kognitive System. Wegen des gemeinsamen Systems ist aber davon auszugehen, dass es zu dynamischen Austauschprozessen zwischen Sprache und Kultur kommt. Die unauflösliche Interdependenz dieser Prozesse lässt sich sehr gut unter dem Begriff der bereits in der Lerneinheit 1.1 angesprochenen Linguakultur fassen.

      1.2.2 Ansätze traditioneller Kulturvermittlung

      Inwiefern die Dynamik transkultureller und linguakultureller Prozesse in gängigen Modellen der Kultur- und Landeskundevermittlung tatsächlich abgebildet wird, soll im Folgenden dargestellt werden. An Versuchen, das Fremdverstehen für die fremdsprachige Kulturvermittlung zu operationalisieren, mangelt es schließlich nicht. Die Vermittlungsansätze lassen sich in unterschiedlichem Maße zwischen den Polen Rekonstruktion und Wiedergabe von enzyklopädischem Wissen und Konstruktion von eigenen Einstellungen der Lerner verorten und in Bezug auf ihre linguakulturelle Orientierung klassifizieren. Zu den wichtigsten landeskundlich relevanten Ansätzen gehören:

       Komparatistische (oft multikulturelle) Verfahren in den Sprach- und Literaturwissenschaften. Bezugsdisziplinen sind die kontrastive Linguistik, die komparative Literaturwissenschaft, die Ethnologie und die Anthropologie sowie andere vergleichende Verfahren der Kunst-, Musik- und Kulturwissenschaften. In der Sprach- und Kulturvermittlung ist die Ausrichtung dieser Disziplinen eher auf die Rekonstruktion von Wissen ausgelegt. Konstruktivistische Aspekte der Bezugswissenschaften werden für Vermittlungszwecke meist eher eingeebnet. Linguakulturelle Aspekte werden disziplinabhängig unterschiedlich betrachtet und gewichtet.

       Interkulturelle Trainings und die Verfahren der Beschreibung kulturspezifischer Parameter, Deutungsmuster, Orientierungen und Dimensionen. Sie sind vor allem auf die Rekonstruktion der fremden Kulturen durch Betrachterinnen und Betrachter beziehungsweise Lerner ausgelegt. Sprachliche Elemente erscheinen verbreitet als Artefakte zugrundeliegender Dimensionen und Muster.

       Die interkulturell ausgerichtete Fachdidaktik mit partiellen, meist komparativ ausgerichteten unterrichtsmethodischen Verfahren, die vorwiegend auf die Rekonstruktion des Fremden und seine wohl dosierte Abbildung in linguakulturellen Strukturen abzielt.


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