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würden dieses zu tun. Und wenn man sie zu den meßkünstlerischen Figuren führt oder etwas ähnlichem, so zeigt sich dabei am deutlichsten, daß sich dies so verhält. – Wenn du es aber so nicht glaubst, o Simmias, sagte Sokrates, so sieh zu, ob du uns, wenn du es etwa folgendermaßen betrachtest, beifallen wirst. Du zweifelst nämlich, wie doch das sogenannte Lernen könne Erinnerung sein? – Ich zweifle zwar, sprach Simmias, grade nicht; nur eben dieses, wovon die Rede ist, ich bedarf erinnert zu werden; und fast schon aus dem, was mir Kebes versucht hat zu sagen, habe ich mich besonnen und glaube es. Nichts desto weniger aber würde ich jetzt gern hören, wie du es vorgetragen hast. – So ich, sprach er. Wir gestehen doch wohl, daß wenn sich einer etwas erinnern soll, er dies vorher schon wissen muß? – Gewiß wohl. – Gestehen wir etwa auch dieses, daß wenn einem Erkenntnis auf folgende Weise kommt, dies Erinnerung sei? ich meine aber diese Art, wenn jemand irgend etwas sieht oder hört oder anderswie wahrnimmt, und er dann nicht nur jenes erkennt, sondern dabei noch ein anderes vorstellt, dessen Erkenntnis nicht dieselbe ist, sondern eine andere, ob wir dann nicht mit Recht sagen, daß er sich dessen erinnere, wovon er so eine Vorstellung bekommen hat? – Wie meinst du das? – So wie dergleichen. Eine ganz andere Vorstellung ist doch die von einem Menschen und die von einer Leier? – Wie sollte sie nicht? – Du weißt aber doch, daß Liebhabern, wenn sie eine Leier sehen, oder ein Kleid, oder sonst etwas was ihr Liebling zu gebrauchen pflegt, es so ergeht; sie erkennen die Leier, und in ihrer Seele nehmen sie zugleich auf das Bild des Knaben, dem die Leier gehört, und das ist nun Erinnerung: so wie auch einer, wenn er den Simmias sieht, wohl leicht an den Kebes denkt und tausenderlei dergleichen. – Tausenderlei, beim Zeus, sagte Simmias. – Und nicht wahr, sprach er, dergleichen ist nun Erinnerung, vorzüglich wenn es einem bei solchen Dingen begegnet, die ihm, weil sie ihm seit langer Zeit schon nicht vorgekommen und er nicht an sie gedacht, in Vergessenheit geraten waren. – Allerdings, sagte er. – Wie nun, kann man sich auch wohl, wenn man ein gemaltes Pferd sieht oder eine gemalte Leier, eines Menschen dabei erinnern? und wenn man den Simmias gemalt sieht, sich des Kebes dabei erinnern? – Auch das freilich. – Auch wenn man den Simmias gemalt sieht, sich des Simmias selbst erinnern. – Das kann man freilich, sagte er. – Und (74) nicht wahr, in allen diesen Fällen entsteht uns Erinnerung, das eine Mal aus ähnlichen Dingen, das andere Mal aus unähnlichen. – So entsteht sie. – Aber wenn nun einer bei ähnlichen Dingen sich etwas erinnert, muß ihm nicht auch das noch dazu begegnen, daß er inne wird, ob diese etwas zurückbleiben in der Ähnlichkeit oder nicht hinter dem, dessen er sich erinnert? – Notwendig, sagte er. – Wohlan denn, sprach jener, sieh zu ob sich dies so verhält. Wir nennen doch etwas gleich? ich meine nicht ein Holz dem andern, oder einen Stein dem andern, noch irgend etwas dergleichen, sondern außer diesem allen etwas anderes, das gleiche selbst, sagen wir, daß das etwas ist oder nichts? – Etwas, beim Zeus, sprach Simmias, ganz stark. – Erkennen wir auch dieses, was es ist? – Allerdings, sprach er. – Woher nahmen wir aber seine Erkenntnis? Nicht aus dem, was wir eben sagten, wenn wir Hölzer oder Steine oder irgend andere gleiche Dinge sahen, haben wir nicht bei diesen uns jenes vorgestellt, was doch verschieden ist von diesen? Oder scheint es dir nicht verschieden zu sein? Bedenke es nur auch so. Erscheinen dir nicht gleiche Steine oder Hölzer, ganz dieselben bleibend, bisweilen als gleich und dann wieder nicht? – O ja. – Wie aber, die gleichen Dinge selbst erscheinen dir bisweilen als ungleich; etwa auch die Gleichheit als Ungleichheit? – Nimmermehr wohl, Sokrates. – Also, sprach er, sind jene gleichen Dinge und dieses Gleiche selbst nicht dasselbige. – Offenbar keinesweges, o Sokrates. – Doch aber bei jenen gleichen, verschieden von diesem Gleichen, hast du die Erkenntnis des letzteren vorgestellt oder erhalten? – Vollkommen richtig. – Indem es jenen entweder ähnlich ist oder unähnlich? – Freilich. – Und das macht ja, sprach er, keinen Unterschied. Denn so oft du etwas sehend von dieser Gesichtswahrnehmung aus dir noch ein anderes vorstellst, es sei nun ähnlich oder unähnlich, so ist notwendig dieses Vorstellen eine Erinnerung gewesen. – Allerdings. – Wie aber weiter, sprach er, begegnet uns wohl so etwas bei den gleichen Hölzern und andern, von denen wir eben sprachen; scheinen sie uns eben so gleich zu sein, wie das gleiche selbst? oder fehlt etwas daran, daß sie nicht so sind wie das gleiche, oder nichts? – Gar viel, sprach er, fehlt daran. – Müssen wir nun nicht gestehen, wenn jemand der etwas sieht, bemerkt, dieses was ich hier sehe will zwar sein wie etwas gewisses anderes, es bleibt aber zurück, und vermag nicht so zu sein wie jenes, sondern ist schlechter, daß der welcher dies bemerkt notwendig jenes vorher kennen muß, dem er sagt, daß das andere zwar gleiche, aber doch dahinter zurückbleibe? – Notwendig. – Und wie? geht es uns nun so mit den gleichen Dingen und dem Gleichen selbst? – Auf alle Weise. – Notwendig also kennen wir das Gleiche schon vor (75) jener Zeit, als wir zuerst gleiches erblickend bemerkten, daß alles dergleichen strebe zu sein wie das Gleiche, aber doch dahinter zurückbleibe? – So ist es. – Aber auch das geben wir doch zu, daß wir eben dieses nirgend anders her bemerkt haben, noch im Stande sind zu bemerken, als bei dem Sehen oder Berühren oder irgend einer andern Wahrnehmung, denn diese sind mir alle einerlei. – Sie sind auch einerlei, o Sokrates, für das, wohin unsere Rede will. – Aber doch an den Wahrnehmungen muß man bemerken, daß alles so in den Wahrnehmungen vorkommende jenem nachstrebt, was das gleiche ist und daß es dahinter zurückbleibt. Oder wie wollen wir sagen? – So. – Ehe wir also anfingen zu sehen oder zu hören, oder die anderen Sinne zu gebrauchen, mußten wir schon irgendwoher die Erkenntnis bekommen haben des eigentlich Gleichen, was es ist, wenn wir doch das Gleiche in den Wahrnehmungen so auf jenes beziehen sollten, daß dergleichen alles zwar strebt zu sein wie jenes, aber doch immer schlechter ist. – Notwendig nach dem vorhergesagten, o Sokrates. – Nun aber haben wir doch gleich von unserer Geburt an gesehen, gehört und die anderen Sinne gebraucht? – Freilich. – Und wir mußten, sagen wir, schon ehe dieses geschah, die Erkenntnis des Gleichen bekommen haben? – Ja. – Ehe wir also geboren wurden müssen wir sie, wie sich zeigt, bekommen haben. – So zeigt es sich. – Wenn wir sie also vor unserer Geburt empfangen haben, und in ihrem Besitz geboren worden sind: so erkannten wir auch schon ehe wir wurden und sobald wir da waren nicht das Gleiche nur und das Größere und Kleinere, sondern alles dieser Art insgesamt. Denn es ist uns ja jetzt nicht eben mehr von dem Gleichen die Rede, als auch von dem Schönen selbst und dem Guten selbst und dem Rechten und Frommen, und wie ich sage von allem, was wir bezeichnen, als dies selbst was es ist, in unsern Fragen wenn wir fragen und in unsern Antworten wenn wir antworten. So daß wir notwendig von diesem allen die Erkenntnisse, schon ehe wir geboren wurden, erhalten haben. – So ist es. – Und daß wir, wenn wir sie nicht immer wieder vergäßen nachdem wir sie bekommen, auch immer wissen und uns ihrer das ganze Leben hindurch bewußt sein würden. Denn das heißt ja wissen, eine empfangene Erkenntnis besitzen und nicht verloren haben? oder heißt das nicht vergessen, o Simmias, Verlust einer Erkenntnis? – Auf alle Weise, sagte er, o Sokrates. – Und wenn wir, meine ich, vor unserer Geburt sie besaßen und sie bei der Geburt verloren haben, hernach aber beim Gebrauch unserer Sinne an solchen Gegenständen eben jene Erkenntnisse wieder aufnahmen, die wir einmal schon vorher hatten: ist dann nicht, was wir lernen heißen, das Wiederaufnehmen einer uns schon angehörigen Erkenntnis? und wenn wir dies wiedererinnern nennen, werden wir es nicht richtig benennen? – Gewiß. – Denn das hatte sich uns doch als möglich gezeigt, daß wer etwas wahrnimmt, es sei (76) nun durch Gesicht und Gehör, oder irgend einen anderen Sinn, dabei etwas anderes vorstellen könne, was er vergessen hatte und was diesem nahe kam als unähnlich oder als ähnlich. Also, wie ich sage, eines von beiden, entweder sind wir dieses wissend geboren worden, und wissen es unser Leben lang alle, oder die, von denen wir sagen daß sie hernach erst lernen, erinnern sich dessen nur, und das Lernen ist eine Erinnerung. – Wohl gar sehr verhält es sich so, Sokrates. – Welches nun wählst du, o Simmias, daß wir wissend geboren werden, oder daß wir uns hernach dessen erinnern, wovon wir schon vorher eine Erkenntnis gehabt hatten? – So im Augenblick, o Sokrates, weiß ich nicht zu wählen. – Wie aber? kannst du hier wählen, oder was dünkt dich hievon? muß ein wissender Mann von dem was er weiß Rechenschaft geben können oder nicht? – Ganz notwendig, o Sokrates, sprach er. – Und dünkt dich denn, daß Alle Rechenschaft zu geben im Stande sind von dem, was wir eben anführten? – Das wünschte ich wohl, sprach Simmias; aber ich fürchte vielmehr, es möchte uns schon morgen hier zu Lande keiner mehr gefunden werden, der dies gehörig zu tun vermöchte. – Du meinst also nicht, o Simmias, daß Alle dieses wissen? – Keinesweges. – Also erinnern sie sich dessen, was sie einst gelernt hatten. – Notwendig. – Wann aber hatten
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