PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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Nun aber ist es so prächtig geworden, daß du gar nicht merken kannst, was Tag bedeutet, wiewohl Einige sagen, weil der Tag den Menschen taugt zu ihren Verrichtungen, deshalb heiße er Tag.

      Hermogenes: Das mag wohl sein.

      Sokrates: Und das Tor, weißt du doch, nannten die Alten Dohr und Dühre.

      Hermogenes: Freilich.

      Sokrates: Tor nun bedeutet gar nichts, aber Dohr und Dühre ist es ganz richtig von Durchführen genannt worden. Nun heißt es aber Tor; und so ist es mit gar vielen andern.

      Hermogenes: Offenbar.

      Sokrates: Eben so deutet zuerst das Billige, wenn man es so spricht, das Gegenteil an von allen Worten durch welche das Gute bezeichnet wird. Denn obgleich es auch eine Art des Guten ist, scheint es doch ein liegendes und ein bindliches für die Bewegung zu sein, als wäre es dem Gefährlichen verwandt.

      Hermogenes: Allerdings, Sokrates, gar sehr scheint es so.

      Sokrates: Aber gar nicht, wenn du dich des alten Wortes (419) bedienst, welches mir weit richtiger vorkommt als das jetzige; sondern es stimmt vielmehr mit allem bisherigen Guten überein, wenn du statt des i das ei wieder herstellst. Beilig nennt dann, nicht billig, das Gute der Worterfinder, wie er das immer lobt, und ist gar nicht mit sich selbst im Streite, sondern das beeilende und förderliche und gewinnvolle und gute und vorteilhafte und nützliche deutet durch verschiedene Namen dasselbe an, nämlich das durchziehende und fortgehende überall zu loben, das aufhaltende und bindende aber zu tadeln. So wird auch das Hinderliche, wenn du nur bedenkst, daß dies noch von der alten Aussprache herrührt, und daß sie ehedem das hinden nannten, was wir jetzt hinten nennen, dir ganz dieselbe Beziehung anzeigen, daß nämlich das hintenlegende und zurückhaltende das hinderliche genannt wird.

      Hermogenes: Wie ist es aber mit Wollust, Schmerz, Bestreben und dergleichen Worten, Sokrates?

      Sokrates: Die scheinen mir eben nicht sehr schwer, Hermogenes. Die Wollust nämlich ist für die zum Genuß hinstrebende Handlung der Namen, man hat nur das n herausgeworfen und das t hinten angesetzt, und sagt statt Wollnuß Wollust. Der Schmerz aber scheint gleichsam von dem Schmelzen und Aufgelöstsein des Herzens den Namen zu haben, welches sich bei diesem Zustande vorfindet. Die Unlust aber ist das verhindernde der Lust und des Genusses. Die Angst ist wohl etwas wunderlich gebildet von dem Beengen des Gehens. Die Betrübnis aber scheint vom hineingetrieben werden des Schmerzens genannt zu sein. Die Beschwerde sieht wohl Jeder, daß sie die Schwierigkeit des Werdens darstellen soll. Die Freude dagegen scheint von dem freien und leichten Fluß der Seele so zu heißen. Das Vergnügen aber müßte von dem genügsamen Werden in der Seele, was es bezeichnen soll, eigentlich Werdgenügen heißen, mit der Zeit aber hat man Vergnügen daraus gemacht. Die Fröhlichkeit bedarf nicht erst erklärt zu werden, denn Jedem muß klar sein, daß sie von dem Forteilen der Seele mit den Dingen eigentlich den Namen Forteiligkeit bekommen hat, doch sagen wir nun einmal Fröhlichkeit. Auch das Bestreben ist nicht schwer. Es hat von dem Herbeiströmen des Triebes den Namen, der Trieb aber von dem Treiben und Heben der Seele. Ferner der Reiz ist als der die Seele am stärksten ziehende Fluß so genannt worden. Denn weil er rege fließt und sich nach den (420) Dingen hinzieht, und so die Seele heftig anzieht vermöge dieses regen Fließens, von dieser Eigenschaft ist er Reiz genannt worden. Die Sehnsucht aber deutet durch ihren Namen an, daß sie nicht auf ein gegenwärtiges fließendes und bewegliches geht, sondern auf ein anderwärts gesehenes und gesuchtes, weshalb sie Sehnsucht heißt, so daß das nämliche, wenn das zugegen ist, wonach Jemand strebt, Reiz heißt, wenn es aber entfernt ist, alsdann Sehnsucht. Die Neigung ferner, weil diese Bewegung von außen hineingeht und nicht einheimisch ist bei dem der sie hat, sondern erst aufgenommen durch die Augen, ist von diesem Eingehn anfangs Hineingehung genannt worden, jetzt aber sagt man mit Wegwerfung des Anfangs und Zusammenziehung des letzten, und indem man das n vor dem g verschluckt, Neigung. Aber warum sagst du nicht etwas neues, was wir vornehmen sollen?

      Hermogenes: Was meinst du also von Gedanken und dergleichen?

      Sokrates: Gedanken ist entweder nach dem Gehn auf das Denken benannt, wodurch die Seele das Wissen sucht, oder auch weil es der Dank oder Lohn ist für das Gehn der Seele. Doch gefällt mir jenes besser. Auch stimmt die Meinung damit überein, welche des Menschen Einigung mit den Dingen ist, wodurch er erfährt wie alles was ist geeignet ist; so wie auch Entwurf und Beratschlagung von Schlägen und Werfen, und Nachdenken, das nach den Dingen Lenken der Seele, dies alles hiemit zusammenhängt und auf mancherlei Weise den Wurf bezeichnet, so wie im Gegenteil der Zweifel bedeutet, daß einer vom Ziel weit ab gefehlt, und also nichts getroffen hat was er entwarf, oder worüber er beratschlagt und nachgedacht hatte.

      Hermogenes: Nun kommt es mir schon fast zu dicht auf einander, Sokrates.

      Sokrates: Der Gott geht eben zu Ende. Nur den Zwang möchte ich noch gern durchgehn, weil er doch mit dem letzten zusammenhängt, und das Freiwillige.

      Hermogenes: So tue das.

      Sokrates: Das Freiwillige wird als das was nicht widerstrebt, sondern sich vereinigen will mit dem eiligen, durch diesen Namen bezeichnet für das, was nach unserm Entwurfe kommt. Der Zwang hingegen als widerstrebend und gegen unsern Entwurf gehört zum Verfehlen und zur Torheit, und ist deshalb bezeichnet als das zwischen dem Engen durchgehende, weil dies als schwierig und rauh und holperig das Gehen aufhält. Daher heißt er vielleicht der Zwang, weil er abgebildet ist als der Gang zwischen dem Engen. – So lange nun noch Kraft da ist, wollen wir ihr nichts nachlassen; also laß du auch nicht nach, sondern frage.

      Hermogenes: So frage ich denn nach dem größten und schönsten, nämlich dem Wahren und Falschen und dem Seienden, ja nach dem wovon wir jetzt immer reden, dem Wort, was (421) das wohl für ein Wort ist.

      Sokrates: Du nennst doch etwas forschen?

      Hermogenes: Allerdings das Suchen.

      Sokrates: Es mag also wohl ein aus der Erklärung zusammengezogenes Wort sein, indem einer sagen wollte, es wäre das was man sucht. Du siehst es aber wohl leichter, wenn wir es so ausdrücken, daß es ganz bestimmt zum Vorschein kommt; es ist nämlich das, wonach geforscht ist. Die Wahrheit aber ist eben wie die übrigen auch zusammengezogen, so daß das göttliche ungetrübte in der Bewegung des Seienden angedeutet wird durch diesen Namen, Wahrheit nämlich als heitere Währung. Das Falsche aber ist das Gegenteil der Bewegung, und hier finden wir das stillgestellte und zur Ruhe gezwungene schon wieder geschimpft. Es wird nämlich hergenommen vom Schlaf, und ist ganz dasselbe, nur, wunderlich genug; umgekehrt, um eben die Meinung des Wortes zu verbergen. Das Sein aber und das Wesen trifft ganz mit der Wahrheit zusammen, denn es ist das in der Zeit gehn und das Währen, und eben so im Gegenteil das Nichts ist das nie gehts.

      Hermogenes: Das scheinst du mir sehr tüchtig zusammengeschlagen zu haben, Sokrates. Wenn dich aber nun einer fragt nach diesem Gehn und Fließen und Binden und Halten selbst, worin wohl die Richtigkeit dieser Benennungen besteht.

      Sokrates: Was ich dem antworten würde, meinst du?

      Hermogenes: Freilich.

      Sokrates: Eins habe ich schon vorher vorgebracht, was mich wohl dünkt eine gute Antwort zu sein.

      Hermogenes: Was war das?

      Sokrates: Zu sagen, wenn wir etwas nicht verstehen können, dies sei ein barbarisches und ausländisches Wort. Und vielleicht ist manches unter diesen in der Tat ein solches; es kann aber auch von ihrem Alter herrühren daß die ersten Worte uns unerforschlich sind. Denn da die Worte so nach allen Seiten herumgedreht werden; wäre es wohl nicht zu verwundern, wenn sich die alte Sprache zu der jetzigen nicht anders verhielte als eine barbarische.

      Hermogenes: Das wäre wohl gar nicht aus der Weise.

      Sokrates:


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