Multilaterales Instrument. Florian Haase

Multilaterales Instrument - Florian Haase


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target="_blank" rel="nofollow" href="#ub16d84c6-519a-4a73-bced-7e9cac532502">Art 5 Abs 1 steht in engem Zusammenhang mit der Abs 8–10 der Bestimmung und ist auch nur vor diesem Hintergrund zu verstehen. Zunächst ist, falls eine der Optionen nach Abs 1 gewählt wird, eine entsprechende Notifizierung an den Verwahrer vorzunehmen, Art 5 Abs 10 S 1. Wird keine der Optionen gewählt, ist ein Vorbehalt nach Art 5 Abs 8 zu erklären. Wird Option A oder B gewählt, kann über einen Vorbehalt nach Art 5 Abs 9 dem jeweils anderen Vertragsstaat die Wahl der Option C zwischen den konkreten Vertragsparteien untersagt werden. Art 5 Abs 9 schränkt daher die Wahlfreiheit eines Vertragsstaats in Bezug auf die Option C nach Art 5 Abs 1 S 2 nicht ein, setzt der gewählten Option aber Schranken im Verhältnis zu demjenigen Vertragsstaat, der sich für die Anwendung der Option A oder B entschieden hat.

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      Art 5 Abs 2 S 1 schränkt als Option A die Anwendung der Freistellungsmethode auf Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person unter bestimmten, im folgenden Vorschriftstext genannten Voraussetzungen ein. Die Vorschrift bezieht sich daher auf eine dem Art 23A OECD-MA vergleichbare Vorschrift, die die entsprechenden Einkünfte oder das entsprechende Vermögen im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen von der Besteuerung freistellt.

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      Vor diesem Hintergrund bestimmt Art 5 Abs 2 S 1, dass die Freistellungsmethode durch den Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtige nicht anzuwenden ist, wenn der andere Vertragsstaat die Bestimmungen des unter das MLI fallenden Steuerabkommens so anwendet, dass diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Steuer befreit sind bzw ist oder der Satz, mit dem diese Einkünfte oder dieses Vermögen besteuert werden können, begrenzt ist. Mit leichten Abweichungen im Wortlaut entspricht dies dem Regelungsgehalt der unilateralen Vorschrift des § 50d Abs 9 S 1 Nr 1 EStG, sodass sich für Deutschland, falls diese Option gewählt würde, keine Änderungen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage ergeben. Bemerkenswert ist allerdings der Passus „um eine Doppelbesteuerung zu beseitigen“, der sich in § 50d Abs 9 S 1 Nr 1 EStG nicht findet. Sofern daher ein DBA eine doppelte Nichtbesteuerung herbeiführen würde, wäre nach dem Wortlaut des Art 5 Abs 2 S 1 die Steuerfreistellung jedenfalls aus diesem Grund nicht zu versagen.

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      Art 5 Abs 2 modifiziert die dem Art 23A Abs 4 OECD-MA entsprechenden Vorschriften in erfassten Steuerabkommen und geht sachlich darüber hinaus, indem nicht nur die Anwendung der Freistellungsmethode nach Art 23A Abs 1 OECD-MA ausgeschlossen wird, sondern sämtliche „Bestimmungen eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens“, nach denen anderenfalls Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person in diesem Vertragsstaat von der Steuer befreit würde, unter den im MLI genannten Bedingungen nicht gelten sollen. Auch im Wortlaut sind gegenüber Art 23A Abs 4 OECD-MA einige redaktionelle Änderungen vorgenommen worden (siehe auch Rn 62 des Explanatory Statements zu Art 5).

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      Viele bestehende DBA enthalten jedoch keine Bestimmung, nach denen gleichsam ersatzweise die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt, wenn und soweit der Quellenstaat auf die Einkünfte oder das Vermögen nur einen begrenzten Steuersatz anwendet. Um in diesen Fällen eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, bestimmt Art 5 Abs 2 S 2 MLI, dass bei Versagung der Freistellungsmethode der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen von der Steuer vom Einkommen oder Vermögen dieser ansässigen Person einen Abzug in Höhe der im anderen Vertragsstaat entrichteten Steuer gewährt (siehe insoweit Rn 63 des Explanatory Statements zu Art 5 MLI). Dieser Abzug darf jedoch nach S 3 der Norm den Teil der vor Gewährung des Abzugs berechneten Steuer nicht übersteigen, der den Einkünften oder Vermögenswerten zugerechnet werden kann, die im anderen Vertragsstaat besteuert werden können. In der Variante der Versagung der Freistellungsmethode hingegen aufgrund der Tatsache, dass der Quellenstaat keinerlei Besteuerung vornimmt, verbleibt es nach den allgemeinen Regeln bei der Anwendung der Anrechnungsmethode.

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      Art 5 Abs 3 MLI ergänzt die Bestimmung des Abs 2 – beide zusammen bilden die wählbare Option A. ME hat die Vorschrift aber nur einen deklaratorischen Charakter. Sie bestimmt, dass der Abs 2 der Norm für ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen gilt, nach dem ein Vertragsstaat (dh der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen) anderenfalls die in Abs 2 beschriebenen Einkünfte oder das dort beschriebene Vermögen von der Steuer befreien müsste. Diese Rechtsfolge hätte sich allerdings auch unmittelbar aus Abs 2 ergeben (können), wenn man diese Vorschrift sprachlich ein wenig abweichend gefasst hätte oder sie in diesem Sinne interpretieren würde. Immerhin haben die Sachvorschriften des MLI den Sinn, möglichst viele bereits bestehende DBA inhaltlich iSd MLI zu ändern bzw diese zu ergänzen. Insofern hätte es einer solchen ausdrücklichen Anordnung nicht bedurft bzw man hätte diese regelungstechnisch „vor die Klammer ziehen“ können. So aber ist Art 5 Abs 3 nach der Konzeption des MLI eine unerlässliche KompatibiBuchstätsklausel.

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      Rn 65 der Explanatory Statements zu Art 5 hat ebenfalls einen klarstellenden Charakter. Danach soll Art 5 Abs 3 nicht auf Bestimmungen anwendbar sein, die dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen ein ausschließliches Besteuerungsrecht für bestimmte Kategorien von Einkünften zugestehen. Als Bsp nennt die Ausführungsvorschrift im Grundsatz quellensteuerbelastete Einkünfte, auf die der Quellenstaat nach dem DBA keine Quellensteuer erheben darf.

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      Art 5 Abs 4 S 1 bildet zusammen mit dem komplementären Abs 5 die wählbare Option B. Sie hat iE einen ähnlichen Regelungsgehalt wie Option A, dh sie versagt unter bestimmten Bedingungen die Anwendung der Freistellungsmethode im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen, bezieht sich aber im Unterschied dazu lediglich auf Dividenden. Bemerkenswert ist, dass die Festlegung darüber, was Dividenden sind, insoweit allein dem Ansässigkeitsstaat überantwortet ist. Sind daher Einkünfte nach dem Recht des Ansässigkeitsstaates als Dividenden anzusehen und wendet dieser Staat auf die Dividenden an sich die Freistellungsmethode an (so namentlich bei sog Schachteldividenden nach einer dem Art 10 OECD-MA nachgebildeten Vorschrift),


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