Multilaterales Instrument. Florian Haase
Gewinne einer im Quellenstaat ansässigen Person nach dem Recht dieses anderen Vertragsstaats abzugsfähig ist.
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Für Deutschland ergibt sich aus Option B auf den ersten Blick keine Änderung der Rechtslage, weil das unilaterale Korrespondenzprinzip des § 8b Abs 1 S 2 KStG bereits eine vergleichbare Vorschrift enthält. Insofern stellt sich allerdings die Frage des Verhältnisses bzw der Rangfolge zwischen dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg und § 8b Abs 1 S 2 KStG. Diese Frage beantwortet § 8b Abs 1 S 3 KStG im Wege eines Treaty override dahingehend, dass auch in den Fällen, in denen sich der Steuerpflichtige statt auf die Freistellung nach § 8b Abs 1 S 1 KStG auf das Schachtelprivileg beruft, gleichwohl das unilaterale Korrespondenzprinzip Anwendung finden soll.
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Unklar ist der Regelungsgehalt von Art 5 Abs 4 S 2 und 3 S 2 dieser Norm bestimmt, dass der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen von der Steuer vom Einkommen dieser ansässigen Person einen Abzug in Höhe der im anderen Vertragsstaat entrichteten Steuer vom Einkommen gewährt. S 3, der inhaltlich komplementär zu Art 5 Abs 2 S 3 bei Option A gefasst ist, ergänzt sodann dahingehend, dass dieser Abzug jedoch den Teil der vor Gewährung des Abzugs berechneten Steuer vom Einkommen nicht übersteigen darf, der den Einkünften zugerechnet werden kann, die im anderen Vertragsstaat besteuert werden können.
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S 2 bedeutet einen gewissen Widerspruch zu S 1, weil diese Vorschrift davon ausgeht, dass die Dividende im Quellenstaat das steuerpflichtige Einkommen im Wege eines Abzugs gemindert hat. Dann aber kann es denklogisch keine Steuer geben, die in diesem Staat zu entrichten wäre. Es können daher nur Fälle gemeint sein, in denen der Quellenstaat die Einkünfte nicht als ausnahmsweise abzugsfähige Dividende ansieht, sondern eine abweichende Qualifikation der Einkünfte vornimmt. Wird die Dividende im Quellenstaat daher beispielsweise als Zins angesehen und die Zinszahlung mit einer Quellensteuer belegt, so hat die Entlastung nach S 2 ihre Berechtigung. Viele Staaten allerdings sehen nach ihrem nationalen Recht bei in das Ausland gezahlten Zinsen keine Steuerpflicht vor (wie auch Deutschland mit Ausnahme des § 49 Abs 1 Nr 5 c) aa) EStG), sodass die praktische Bedeutung dieser Vorschrift sehr begrenzt sein wird.
5. Abs 5
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Art 5 Abs 5 wiederum ist mE deklaratorisch und komplementär zu Abs 3 der Norm gefasst. Abs 4 gilt danach für ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen, nach dem ein Vertragsstaat anderenfalls die in Abs 4 beschriebenen Einkünfte von der Steuer befreien müsste.
6. Abs 6
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Art 5 Abs 6 bildet gemeinsam mit Abs 7 der Norm die wählbare Option C. Buchst a) schreibt die Steueranrechnungsmethode fest und modifiziert Art 23B OECD-MA iSd BEPS-Aktionspunkts 2. S 1 der Vorschrift bestimmt insoweit, dass der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen (i) einen Abzug von der Steuer vom Einkommen dieser ansässigen Person in Höhe der in diesem anderen Vertragsstaat entrichteten Steuer vom Einkommen bzw (ii) einen Abzug von der Steuer vom Vermögen dieser ansässigen Person in Höhe der in diesem anderen Vertragsstaat entrichteten Steuer vom Vermögen gewähren soll, sofern der Steuerpflichtige Einkünfte oder Vermögen hat, die bzw das nach einem unter das MLI fallenden Steuerabkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden können bzw kann. Dieser Abzug darf jedoch nach S 2 der Vorschrift den Teil der vor Gewährung des Abzugs berechneten Steuer vom Einkommen oder Steuer vom Vermögen nicht übersteigen, der den Einkünften oder dem Vermögen zugerechnet werden kann, die bzw das im anderen Vertragsstaat besteuert werden können bzw kann.
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Eine Ausnahme besteht nach dem Klammerzusatz in Art 5 Abs 6 S 1 nur in den Fällen, in denen der Quellenstaat die Einkünfte nur besteuern darf, weil es sich auch um Einkünfte einer in diesem anderen Vertragsstaat ansässigen Person handelt. Diese Einschränkung erscheint sachgerecht, weil auch nach nationalem Verständnis in § 34c EStG für die Steueranrechnung die Steuersubjektidentität verlangt wird. Ist diese nicht gegeben, weil der Steuerpflichtige aus der Sicht des Quellenstaats eine andere Person ist, besteht kein Bedürfnis für die Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Fraglich ist allerdings die Verwendung des Wortes „auch“. Sie legt nahe, dass es Einkünfte geben könnte, die gleichzeitig einer ansässigen Person im Ansässigkeitsstaat und einer anderen, im Quellenstaat ansässigen Person zugerechnet werden. Art 5 Abs 6 S 1 scheint lediglich diese Sonderfälle behandeln zu wollen. Die Fälle einer alternativen Zurechnung von Einkünften wären dann nach dem allgemeinen Grundsatz der Steuersubjektidentität zu lösen (und die Anrechnung entsprechend zu verneinen).
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Buchst b) der Norm schreibt die Anwendung des Progressionsvorbehalts unter der Freistellungsmethode fest. Für Deutschland werden sich daraus keine materiellen Änderungen ergeben, weil die meisten dt DBA die Anwendung des Progressionsvorbehalts bereits vorsehen. Zudem eröffnet nach dt Lesart ein DBA lediglich den Progressionsvorbehalt, während die Rechtsgrundlage für seine Durchführung im nationalen Recht verortet ist (hier § 32b Abs 1 Nr 3 EStG). Insoweit ist nach der Rechtsprechung des BFH der Progressionsvorbehalt nur ausgeschlossen, wenn ein DBA ein geschriebenes Verbot enthält (BFH BStBl II 2003, 302 ff). Ein solcher Ausschluss dürfte damit nach der Umsetzung des MLI praktisch noch seltener werden.
7. Abs 7
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Art 7 Abs 7 MLI ist die Anwendungsregel zu Abs 6 der Norm. Anders als bei Abs 3 und 5 jedoch besitzt die Bestimmung jedoch keinen deklaratorischen Charakter, sondern legt das Verhältnis zum Methodenartikel eines erfassten Steuerabkommens fest. Den Vertragsstaaten wird danach die Möglichkeit gegeben, flächendeckend zur Anrechnungsmethode als international anerkannter Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen überzugehen. Deutschland hingegen hat bislang erklärt, an der Steuerfreistellungsmethode zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen festhalten zu wollen – das ist richtig so, weil damit das Konzept der KapitalimportneutraBuchstät verwirklicht wird und die inländischen Unternehmen im Ausland wettbewerbsfähig bleiben. Insofern wird die Vorschrift von Deutschland als „Exportweltmeister“ wohl kaum umgesetzt werden.
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Rn 71 der Explanatory Statements präzisiert, dass Abs 7 nicht dahingehend verstanden werden könne, dass Dividenden, die nach dem nationalen Recht des Ansässigkeitsstaates in diesem Staat von der Steuer befreit sind, nicht auch im Sinne eines erfassten Steuerabkommens von der Steuer befreit seien. Insbesondere bei Schachteldividenden, die nach dem Recht vieler Staaten bereits unilateral von der Besteuerung freigestellt sind, wird daher nicht