Steuerstrafrecht. Johannes Franciscus Corsten
106 ff.) verbundene Hoffnung, dass den verwaltungsinternen Strafmaßtabellen ein Ende bereitet werde,[186] hat sich bislang nicht erfüllt. Auch die vom 1. Senat des BGH bei einer anderen Gelegenheit geäußerte Skepsis gegenüber einer „‚Mathematisierung‚ der Strafzumessung“ hat bislang noch keine Früchte im Steuerstrafrecht getragen.[187]
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Seit 2017 ist das Fahrverbot gem. § 44 StGB als Nebenstrafe ausgestaltet, deren Verhängung nicht mehr auf den Zusammenhang mit Delikten aus dem Straßenverkehr beschränkt ist.[188]
(2) Strafrechtliche Nebenfolgen
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Als Nebenfolge einer Steuerstraftat kommt der Verlust der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit gem. § 45 Abs. 2 StGB in Betracht (§ 375 Abs. 1; Details s. § 375 Rn. 19 ff., 31 ff.; s. auch § 370 Rn. 367 ff.).[189]
(3) Strafrechtliche Vermögensabschöpfung
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Das 2017 neu gefasste Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (§§ 73 ff. StGB) findet Anwendung auf das Steuerstrafrecht.[190] So kann bspw., unbeschadet etwaiger Ansprüche des Steuerfiskus, bei einer Steuerhinterziehung gem. § 370 ein Betrag in Höhe der verkürzten Steuern als „erlangtes etwas“ gem. § 73 Abs. 1 StGB eingezogen werden, da sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart hat.
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Zusätzliche Einziehungsmöglichkeiten bietet § 375 Abs. 2 S. 1: Nach Nr. 1 können Waren eingezogen werden, auf die sich die Hinterziehung von Verbrauchsteuern bezieht, nach Nr. 2 zudem Beförderungsmittel, die zur Tat benutzt worden sind (für Details s. § 375 Rn. 34 ff.).
b) Besonderheiten des Steuerstrafrechts (Abs. 2 Hs. 2)
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Die Vorschriften des allgemeinen Strafrechts finden keine Anwendung, wenn und insoweit die Strafvorschriften der Steuergesetze (etwa der §§ 369 ff.) etwas anderes bestimmen.[191]
aa) Anwendbarkeit auf reine Auslandstaten, § 370 Abs. 7
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Eine Abweichung von den üblichen Regeln des Strafanwendungsrechts (§§ 3 ff. StGB) ergibt sich aus der vereinzelten Geltung des Steuerstrafrechts auch für reine Auslandstaten (§ 370 Abs. 7,[192] s. auch § 35 MOG[193]), auch hins. ausländischer Steuern (§ 370 Abs. 7 i.V.m. Abs. 6[194]).
bb) Strafbefreiende Selbstanzeige, § 371
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Eine Abweichung von § 24 StGB bildet bei § 370 das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige gem. § 371, die auch noch nach Vollendung und Beendigung der Tat (Rn. 57 ff., 64 ff.) Straffreiheit ermöglicht (persönlicher Strafaufhebungsgrund; Details s. § 371 Rn. 1 ff.).[195] § 24 StGB wird gleichwohl nicht verdrängt, sondern bleibt nach allg. Meinung bei Vorliegen seiner Voraussetzungen parallel anwendbar.[196]
cc) Absehen von Strafverfolgung gegen Steuernachzahlung, § 398a
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Eine 2011 durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz eingeführte Sonderregelung enthält § 398a, der bei Fällen, in denen die strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 wegen Überschreitung der Wertgrenze von 50 000 EUR ausgeschlossen ist, gleichwohl ein Absehen von der Strafverfolgung ermöglicht, wenn der Täter die hinterzogenen Steuern samt eines „Strafzuschlags“ in Höhe von 5 % nachzahlt.[197]
dd) Strafrechtliche Verjährung, §§ 367, 396 Abs. 3
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Einige Abweichungen ergeben sich bei der strafrechtlichen Verjährung. Abweichend von § 78 Abs. 4, Abs. 3 Nr. 4 StGB ist gem. § 376 Abs. 1 bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 3 eine Verjährung von zehn Jahren statt der Regelstrafandrohung von fünf Jahren vorgesehen.[198]
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Eine Abweichung von § 78c StGB stellt die Regelung der Unterbrechung der Verjährung gem. § 376 Abs. 2 dar, nach der die Verfolgungsverjährung auch dann unterbrochen wird, wenn dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet wird (Details s. § 376 Rn. 110 ff.).
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Anders als im Strafverfahren ruht die Verjährung bei Aussetzung des steuerstrafrechtlichen Verfahrens (§ 396 Abs. 3) (Details s. § 396 Rn. 71 ff.).[199]
Anmerkungen
Kohlmann-Ransiek § 369 Rn. 9; Joecks/Jäger/Randt-Joecks § 369 Rn. 3; MK-StGB-Schmitz § 369 AO Rn. 5. – Zur Entstehungsgeschichte der Norm s. Kohlmann-Ransiek § 369 Rn. 1.
Zu den FinB gehören gem. § 386 Abs. 1 S. 2 vor allem das FA und das HZA, in bestimmten Fällen (§ 5 Abs. 5 FVG, FinVerwGesetz) auch das Bundeszentralamt für Steuern. Zur Ermittlungszuständigkeit beim Zusammentreffen von Steuerstraftat und Allgemeindelikt s. Sediqi wistra 2017, 259.
§ 32 ZollVG ermöglicht die Nichtverfolgung von nicht-gewerblich begangenen Steuerstraftaten (und Steuerordnungswidrigkeiten)