Mörderische Spiele. Michael Bardon

Mörderische Spiele - Michael Bardon


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wann die nächste Leiche in unseren Wäldern auftaucht.«

      »Das bin ich auch«, nickte Bach und schüttelte voller Unbehagen seinen Kopf.

      9

      »Stell dir das nur mal vor. Da wirft dieser Typ der armen Frau den Hundekadaver ins Genick. Das ganze Blut von dem toten Hund ist ihr am Hals herunter gelaufen. Ich habe zuerst gedacht, sie sei tot und dass er ihr die Kehle durchgeschnitten hat. Und dann bewegt sie sich auf einmal, schreit wie eine Verrückte und schlägt wie wild um sich. Ali ist fast zu Tode erschrocken und bei mir hat auch nicht viel gefehlt«, sagte ich und wischte mir mit der Hand aufgeregt über das Gesicht.

      »Unglaublich«, bestätigte Mia kopfschüttelnd, »und was war mit der anderen Frau?«

      »Die hatte einen Schock und ist wie eine Furie durch den Wald gerannt. Sie hat so laut geschrien, dass sie zum Schluss ganz heiser war. Hat kaum noch einen Ton herausgebracht, die Arme.«

      »Puh, da kriegt man ja schon eine Gänsehaut vom Zuhören«, meinte Mia und rieb sich über die Oberarme.

      Ich rückte meinen Stuhl geräuschvoll zurück, stand vom Tisch auf und lief zu unserer Kaffeemaschine hinüber.

      »Willst du auch noch einen, Schatz?«, fragte ich, kontrollierte mit einem Blick den Wasserstand und drückte anschließen mit dem Zeigefinger auf den grünen Schalter. Mit einem leisen Surren begann das Mahlwerk zu arbeiten. Genau vier Sekunden später lief der frisch gebrühte Kaffee bereits aus dem Automaten.

      »Ja, sei so lieb und mach mir auch einen. Mir ist kalt. Ich weiß nicht, ob es an deiner Geschichte liegt oder ob es hier drinnen wirklich so frisch ist. Kannst du nachher den Ofen anmachen?«

      »Klar, mach ich«, nickte ich, schnappte mir eine neue Tasse und drückte zum zweiten Mal auf das Knöpfchen des Kaffeeautomaten.

      »Und ihr habt diesen Verrückten im Wald wirklich noch gesehen? Mein Gott, ich will mir gar nicht vorstellen, was da alles hätte passieren können«, flüsterte Mia.

      »Wie meinst du das?«

      »Na, deine Schüler waren doch auch im Wald. Stell dir bloß mal vor, dass nicht die beiden Frauen, sondern deine Schüler die tote Frau gefunden hätten. Oder noch schlimmer, wenn ihr dem Typen in die Arme gelaufen wärt. Der war bestimmt bewaffnet, und ich meine nicht nur das Messer, mit dem er diesen armen Hund erstochen hat.«

      »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er gegen eine Gruppe von fast 30 Personen vorgegangen wäre. Der Kerl ist zwar aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wahnsinniger, aber auch die kennen ihre Grenzen«, wiegelte ich Mias Befürchtungen ab.

      »Vielleicht hast du recht, aber ich bin trotzdem heilfroh, dass ihr dem Kerl nicht in die Quere gekommen seid«

      »Naja«, sagte ich und verzog dabei mein Gesicht, »das stimmt nicht so ganz. Ali und ich haben diesen Typ ja noch gesehen. Und wenn Ali nicht schon von Weitem so laut geschrien hätte, hätten wir ihn vielleicht noch bei den beiden Frauen angetroffen. Aber so war er natürlich gewarnt und konnte sich rechtzeitig verkrümeln.«

      »Wie sah er denn aus?«

      Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee und ließ die Szenen im Wald noch einmal Revue passieren.

      »Hmm, also, ich weiß nicht so recht«, begann ich stotternd.

      Mia legte fragend ihre Stirn in Falten und presste ihre Lippen aufeinander. Dann zog sie eine Augenbraue steil in die Höhe und schaute mich herausfordernd an.

      »Naja, wir haben eigentlich nicht viel gesehen. Wenn man es richtig nimmt, fast gar nichts«, versuchte ich ihrer Frage auszuweichen.

      »Was hast du gesehen?«, fragte sie neugierig; ihre Stimme hatte einen fordernden Unterton bekommen.

      Im Geiste wandte ich mich hin und her. Sollte ich Mia wirklich alles erzählen? Vielleicht würde ich mit meinem Geschwätz wieder alte Wunden aufreißen? Immerhin war Mia selbst Opfer eines brutalen Überfalls geworden und hatte um ihr Leben fürchten müssen.

      »Wahrscheinlich bilde ich mir das alles nur ein«, wiegelte ich ab, »ich hab ja auch nicht wirklich viel von diesem Mann gesehen.«

      Genervt schloss meine Frau die Augen und stützte das Kinn auf ihre Hände.

      »Ein Schatten, ein olivfarbener Schatten«, sprudelte es aus mir heraus, »der sich unglaublich schnell bewegt hat. Aber jetzt kommt das Seltsame«, ich machte eine kleine Pause, »irgendwie kam mir der Schatten bekannt vor. Ich weiß nicht, ob es die Körperhaltung war oder die Art, wie er sich bewegt hat? Vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem? Verdammt, ich weiß es einfach nicht! Doch das Erste was ich dachte war: Den kennst du!. Ich komme nur nicht darauf, woher ich ihn kenne. Verstehst du, was ich meine?«

      »So eine Art Déjà-vu?«, fragte Mia vorsichtig.

      »Ja, das beschreibt das Gefühl, das ich hatte, ziemlich genau. So ein dummes Gefühl, das einen beschleicht und man denkt: Das habe ich doch schon einmal erlebt, oder?. Genauso ist es mir in diesem Moment ergangen. Ich habe den Kerl oder besser: seinen huschenden Schatten gesehen und mir gleich gedacht An irgendjemand erinnert der dich. Seltsam oder?«

      »Unheimlich trifft es wohl eher«, meinte Mia mit zitternder Stimme.

      »Baaah, schau mich an«, sie reckte ihren Arm in die Höhe, »jetzt hab ich schon wieder Gänsehaut bekommen«

      »Da geht es dir wie mir«, stimmte ich ihr zu.

      Auch meine Härchen an den Unterarmen zeigten steil nach Oben. Meine Kopfhaut kribbelte unangenehm und eine böse Vorahnung nistete sich tief in meinen Magen ein. Gedankenfetzen rasten wirr durch meinen Kopf, ich fühlte mich schwindelig und schwach. Irgendetwas flüsterten mir meine Gedanken zu, doch sie waren viel zu schnell, viel zu chaotisch und noch viel zu verworren.

      Ich lauschte ihnen gebannt, versuchte mich auf sie zu konzentrieren. Doch ich konnte einfach noch nicht verstehen, was sie mir pausenlos zuriefen.

       *

      Der Fuchs fuhr mit seinem grünen Lada 4x4 auf der B 467 in Richtung Seligenstädter Dreieck. Er hielt sich streng an die vorgeschriebene Geschwindigkeit und rollte unauffällig im Strom der anderen Fahrzeuge mit. Im Geiste ging er noch einmal seine Check-Liste durch und vergewisserte sich, dass er nichts Wesentliches übersehen hatte.

      1. Kleidung sowie Schuhe gewechselt und im wasserdichten Rucksack verstaut.

      2. Rucksack im alten Dachsbau abgelegt, Loch abgedeckt.

      3. Autokennzeichen ausgetauscht und zusammen mit den Waffen im Geheimfach unter den Rücksitzen verstaut.

      4. Verräterische Dreckspritzer auf dem Auto abgewaschen, Schwamm wieder gereinigt und zusammen mit dem Wasserkanister sicher in den Kofferraum gepackt.

      Alles perfekt, dachte er und lehnte sich entspannt in seinem Autositz zurück.

      Mit einem prüfenden Blick in den Rückspiegel vergewisserte er sich, dass ihm kein Fahrzeug folgte. Sicherheitshalber setzte er seinen Blinker und verließ an der Ausfahrt Stockstadt die Schnellstraße. Routiniert durchfuhr er die beiden Verkehrskreisel, achtete dabei auf jedes Fahrzeug und bog anschließend wieder auf die Schnellstraße ab.

      Alles ist in bester Ordnung, dachte er, kein Auto hat meine kleine Spritztour mitgemacht.

      Doch Vorsicht war der Schlüssel zum Erfolg, nichts war so gefährlich wie die tägliche Routine. Das wusste er aus unzähligen Einsätzen in den Krisengebieten dieser Welt. Wer sich von der Routine einfangen ließ, wurde schnell zum Opfer seiner eigenen Schläfrigkeit.

      Dummen Menschen passierte so etwas, aber ihm, dem Fuchs, konnte solch ein gravierender Fehler nicht unterlaufen.

      Zeit, sich eine Zigarette zu gönnen, dachte er und fischte nach seinen Revals.

      Sie lagen einträchtig neben


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