Heil mich, wenn du kannst. Melanie Weber-Tilse

Heil mich, wenn du kannst - Melanie Weber-Tilse


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Zustand bringen wird. Ihr Gesicht kann unter keinen Umständen so bleiben.«

      Jeff nickte stumm, fast dankbar dafür, dass St. Claire die unangenehme Situation einfach so umschiffte. Von Ms. Denver hingegen kam keine Regung.

      »Klar soweit?«, knurrte Patrick.

      »Ja, Sir!«

      Francoise

      Jefferson hatte gerade den Motor ausgestellt, als Fran schon aus dem Auto flüchtete. Sie ließ ihm keine Zeit auszusteigen oder gar die Tür zu öffnen. Mit schnellen Schritten war sie an der Haustür des mehrstöckigen Hauses und schloss mit zittrigen Fingern auf.

      Sicherlich sahen die beiden Männer ihr gerade hinterher und redeten darüber, was für ein verkorkstes Weibsbild sie war. Wobei sie sicher war, dass Jefferson nichts Peinliches ausplaudern würde.

      Anstatt den Aufzug zu nehmen, raste sie die Treppen hinauf. Das Brennen in ihren Beinen tat gut und holte sie von ihrem Trip herunter. Es war lange her, dass sie die letzte Panikattacke gehabt hatte und sie wusste, dass es einige Zeit dauerte, bis sich der verdammte Hormoncocktail in ihrer Blutbahn wieder abbaute.

      Sie trat in ihre Wohnung ein, kickte sich die Pumps von den Füßen und eilte ins Schlafzimmer. Hastig riss sie eine weiche Stoffhose, Rollkragenpulli, Unterwäsche und Stiefel aus dem Schrank und verschwand mit den Sachen im Bad.

      Ihr blasses Gesicht starrte ihr aus dem Spiegel entgegen. »Das hast du wieder super hinbekommen. Kannst stolz auf dich sein«, spie sie sich entgegen. Sie hatte sich sechs Jahre lang in der Thompson Holding einen Ruf aufgebaut, der nach all den Vorkommnissen und Ereignissen der letzten Wochen und Monate, anfing zu bröckeln. Sollte sie gezwungen sein, umzuziehen? So wie sie heute die Kontrolle verloren und Jefferson zugerichtet hatte, sollte sie dringend darüber nachdenken. Er hatte nur hilfsbereit sein wollen und sie war auf ihn losgegangen wie eine Furie.

      Sie würde darüber nachdenken, sobald sie ruhiger war. Jetzt musste sie ihre Mauer wieder aufbauen, damit sie den Tag an der Seite ihres Chefs überstand. Sie verzichtete auf Schminke und band sich nur ihre langen blonden Haare zu einem Zopf zusammen. Es war ungewohnt, sich nicht noch zusätzlich hinter der aufgemalten Maske verstecken zu können. Francoise holte ihr Handy aus dem Täschchen … aus dem, mit dem sie Jefferson verletzt hatte und steckte es in ihre Manteltasche. Ein paar Dollar wanderten noch dazu, dann war sie fertig und ging langsam die Treppe hinab.

      Wie nicht anders zu erwarten, lehnte Jeff am Auto und wartete auf sie. Fest presste sie ihre Lippen aufeinander, als sie die Wunde auf seiner Wange sah. Scheiße, wie hatte sie sich nur so vergessen können? Wobei sie fast bei der sich selbst gestellten Frage aufgelacht hätte. Sie wusste genau, warum sie so reagiert hatte und wahrscheinlich hätte jeder Therapeut ihr bei der Schilderung verständnisvoll zugenickt. Nur dass sie keinem dieser Fachidioten vertraute. Keiner von ihnen würde sich je in ihre Lage versetzen können. Studium hin, Studium her.

      »Francoise«, er nickte ihr kurz zu, als er diesmal die hintere Tür aufhielt, damit sie sich neben Patrick St. Claire, ihren Chef und Mitinhaber der Thompson Holding setzen konnte.

      Dieser schaute von seinem Tablet auf, als sie einstieg. »Es tut mir leid, dass wir am Wochenende arbeiten müssen, aber die Firma ist seit dem letzten Vorfall wirklich gebeutelt.«

      »Ich weiß, Patrick. Kein Problem. Es tut mir leid, dass ich nicht darüber nachgedacht habe und stattdessen feiern war.«

      Ihr fiel sofort Jeffs Blick im Rückspiegel auf. Sie nannte ihren Chef selten Patrick, obwohl Juliette, dessen Freundin, mit ihr per Du war und sie auch schon einige Male zum Essen eingeladen hatte. Für Fran war es eine neue Erfahrung, denn die letzten Jahre hatte sich keiner der Kollegen die Mühe gemacht, sie näher kennenzulernen. Schon gar nicht die weiblichen Kollegen. Noch nicht einmal die Männlichen, denen sie näher gekommen war, hatten Anstalten gemacht, sich mit ihr zu treffen.

      Und das war auch gut so. Schnell hatte sie gelernt, dass Männer sie in Ruhe ließen, wenn sie sich wie eine billige Schlampe verhielt. Und genau das wollte sie ... ihre Ruhe. Wieder trafen sich Jeffs und ihr Blick im Rückspiegel und sie überlegte, ob er aufhörte den heiligen Samariter zu spielen, wenn sie sich an ihn ranschmiss.

      Während sie noch darüber nachdachte, war sie unbewusst bereits in den Anmach-Modus gefallen. Sie befeuchtete ihre Lippen und sah Jefferson mit einem koketten Augenaufschlag an. Statt sie mit gierigem Blick zu bewundern, zog er runzelnd die Augenbrauen zusammen und sah nach vorn auf die Straße. Hatte sie etwas falsch gemacht, etwas anders als sonst gemacht? Vielleicht lag es daran, dass sie heute nicht zurechtgemacht war, wie sie es sonst war?

      Viel Zeit zum Nachdenken hatte sie nicht mehr, denn der Wagen hielt vor der Firma an und Jeff stieg aus, um ihr die Tür zu öffnen. Galant hielt er ihr die Hand entgegen und sie ließ sich von ihm hinaushelfen.

      »Danke«, hauchte sie und ließ die Hand über seinen Arm gleiten.

      »Gerne, Ms. Denver«, antwortete er fast schon steif und entzog ihr den Arm.

      Nun war es an ihr, verwundert dreinzusehen. Bisher hatte sie bei fast keinem Mann Probleme gehabt, ihn so weit zu bekommen, wie sie wollte. Außer bei Michael Thompson, denn der hatte mittendrin aufgehört und sie von sich geschubst. Wenn sie daran dachte, wurde sie heute noch rot. Immerhin hatte sie den Schwanz des Inhabers im Mund gehabt.

      »Kommen Sie«, riss Patrick Francoise aus ihren Gedanken und hielt ihr den Arm entgegen. Dabei hatten die Stiefel gar keine hohen Absätze und doch benahm er sich mittlerweile wie ein Gentleman. Als er damals in der Firma angefangen hatte, war er eiskalt, arrogant und ganz weit davon entfernt gewesen, ein mitfühlender Chef zu sein. Juliette Franklin tat ihm wirklich gut. »Es wartet viel Arbeit auf uns.«

      Und damit hatte er nicht übertrieben. Nach vier Stunden rauchte ihr der Kopf und sie hatte keine Lust mehr, weitere Personalakten durchzuschauen. Da vor nunmehr 48 Stunden der Vorstand empfindlich geschrumpft war, weil zwei von den Mitarbeitern in den Anschlag auf Michael Thompsons Eltern involviert waren, musste dringend Ersatz gefunden werden. Die Firma hatte schon durch Harold Thomas, der vor einem halben Jahr Gelder unterschlagen hatte, viel einbüßen müssen. Und doch war es nicht damit zu vergleichen, dass enge Mitarbeiter, die schon jahrelang an der Seite von Michaels Vater gearbeitet hatten, dessen Tod und die Übernahme der Firma geplant hatten. Das war ein schwerer Schlag für alle gewesen.

      Auch wenn die Firma fortschrittlich war, so hatte man immer noch nicht alle Daten der Mitarbeiter ins System eingepflegt, das hieß für Fran, dass sie Akten zwischen Patricks Büro und der Personalabteilung hin- und hertrug. Sie konnte getrost den nächsten Besuch im Fitnessstudio ausfallen lassen, wenn sie hier durch waren.

      Sie war gerade wieder auf dem Weg, einen Schwung Akten wegzubringen, als sie vor dem Aufzug direkt in Jefferson hineinrannte. Die Unterlagen fielen ihr aus dem Arm und verteilten sich über den Boden.

      »Scheiße«, fluchte sie, »können Sie nicht aufpassen?« Bevor er jedoch die Chance hatte zu antworten, besann sie sich. »Entschuldigung, Jefferson. Sie können nichts dafür. Ich bin nur übermüdet und habe Hunger. Außerdem kann ich keine weiteren Akten mehr sehen.«

      Sie lächelte ihn entschuldigend an und ging gleichzeitig mit ihm auf die Knie, um die Papiere aufzusammeln.

      »Mr. St. Claire hat mir aufgetragen, Essen zu besorgen.« Er zeigte auf die Boxen, die er abgestellt hatte und jetzt nahm sie auch den Geruch nach gebratener Ente und Nudeln wahr.

      »Chinesisch«, seufzte sie und raffte schnell die Akten zusammen. »Ich bringe die Akten weg und bin gleich wieder oben.«

      »Ich kann Ihnen helfen, Francoise.«

      Sie standen zusammen auf und ihr Blick glitt über seinen Oberkörper. Er hatte sich umgezogen und das Hemd lag eng an. Seinen Mantel trug er locker über den Arm, sodass man nur allzu deutlich die Muskeln erkennen konnte. Er war kein Hanswurst-Chauffeur, sondern ein wirklich stattlicher Mann. »Da bin ich mir sicher, aber ich schaffe das schon.«

      Natürlich war ihm aufgefallen, wo sie hingestarrt hatte und wieder musterte


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