Liebe ist.... Evanda Klug
Schreck wäre mir beinahe mein Stift aus der Hand gefallen und schon mache ich denselben Fehler wieder und sehe meinem Chef in seine blauen Laserstrahler. Die müssten echt verboten werden.
„Ähm, wie bitte? Nein, wie kommen Sie da drauf?“ Wie sinnfrei ist das denn? Frage ich mich, nachdem mir die Worte bereits über die Lippen gehuscht sind.
„Na ja, Sie starren auf Ihren Block, als ob Sie dort die Antworten auf die Fragen des Lebens vermuten und deswegen frage ich mich, ob mit Ihnen alles in Ordnung ist.“
Er hat ja keine Ahnung und wenn ich will, dass das so bleibt, sollte ich mich schleunigst wieder zusammenreißen! Ich verpasse mit gedanklich eine Kopfnuss und sage nur: „Nein, alles bestens. Ich gehe dann mal und setze die Briefe auf. Der nächste Termin ist heute Nachmittag.“ Ich stehe auf und gehe aus seinem Büro, so schnell es meine High-Heels zulassen, ohne dass ich renne.
Doch das Schicksal meint es heute nicht gut mit mir. Mein Chef folgt mir.
„Lisa!“ Ich drehe mich um. „Sie machen jetzt eine Kaffeepause und in einer halben Stunde treffen wir uns in meinem Büro und nehmen uns den Fall Schuster vor. Ist das in Ordnung?“
Er fragt wirklich, ob es in Ordnung ist. Dieser Mann macht mich wahnsinnig. Kann er nicht wenigsten ein Ekel sein, wenn er schon so gut aussieht? Nein, so viel Glück habe ich nicht. Ihn muss man einfach lieben, zumindest, wenn man eine Vagina besitzt. Und ich besitze definitiv eine.
„Klar! Wenn Sie wollen. Dann in einer halben Stunde.“, sage ich und halte seinem Blick tapfer stand bis er sich wegdreht und wieder in sein Büro geht.
Nochmal Glück gehabt, zumindest für eine halbe Stunde bin ich vor Fräulein Östrogen und Fräulein Gestagen sicher. Man muss die kleinen Dinge zu schätzen wissen.
Kapitel 14
Zurück in meinem Büro mache ich die Tür zu und lehne mich erst mal dagegen. Diese Frau hat wirklich keine Ahnung, wie bezaubernd sie ist. Und ich habe keine Ahnung, wie ich das die letzten fünf Jahre, die wir schon zusammenarbeiten, ausgehalten habe, ohne Dinge zu tun, für die ich wohl wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz belangt worden wäre. Eigentlich gehört mir dafür ein Orden verpasst.
Ich bete nur, dass sie nichts von meiner Unruhe gemerkt hat. Ich muss schnellstens zu der gewohnten Professionalität zurück. Ich kann mir keine Komplikationen leisten und das wäre eindeutig eine.
Ich setze mich an meinen Schreibtisch und rufe die Akte Schuster auf. Vielleicht kann ich heute etwas entdecken, was mir am Samstag entgangen ist.
Kapitel 15
Es ist 19 Uhr. Wir sitzen immer noch im Büro über der Akte Schuster als mein Chef meint: „Wir hören jetzt auf. Anstatt Antworten zu bekommen, haben wir nur noch mehr Fragen zu den Geschehnissen in der Tatnacht. Das bringt so nichts. Ich werde Schuster nächste Woche fragen und ihm den Ernst der Lage erklären. Vielleicht rückt er dann mit der Wahrheit raus.“
„Eher unwahrscheinlich, wenn er es bisher nicht für nötig gehalten hat. Dass es ernst wird, müsste er schon gemerkt haben.“, sage ich.
„Tja, einen Versuch ist es wert. Ansonsten muss ich ihm mit Mandatsniederlegung drohen. Vielleicht hilft das ja.“
„Im Ernst? Sie würden das Mandat niederlegen?“ Ich bin ehrlich schockiert.
„So kann ich ihn jedenfalls nicht vertreten und ich habe nicht vor, im Gerichtssaal vorgeführt zu werden!“, sagt er verärgert.
Ich nicke, da ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll.
„Haben Sie heute Abend schon was vor? Ich würde Sie gerne zum Essen einladen. Als Entschädigung dafür, dass Sie den ganzen Tag mit mir an dem Fall gebrütet haben!“
In dem Moment scheint mein Gehirn in den Feierabend abgehauen zu sein, denn die Worte kommen nur verzögert bei mir an.
Mein Schock scheint sich in meinem Gesicht widerzuspiegeln, denn er meint: „Na ja, ich wollte Sie schon öfter einladen aber es hat sich irgendwie nie eine gute Gelegenheit ergeben. Und heute machen wir ausnahmsweise zur gleichen Zeit Feierabend. Also, wie sieht´s aus?“ Er schenkt mir dieses umwerfende Lächeln, bei dem sich seine Grübchen zeigen. Für dieses Lächeln braucht der Mann einen Waffenschein! Verflucht noch eins.
„Ähm…“, weiter komme ich nicht, denn er sagt: „Sie müssen nicht. Wenn Sie nicht wollen, ist schon okay!“ Das Lächeln verschwindet und er steht auf.
„Doch!“, schreie ich, bevor ich mich zurückhalten kann und schon sind die Grübchen wieder da. „Ich hole nur meine Tasche und meine Jacke, dann kann es losgehen.“ Ich flitze aus dem Büro und schnappe mir das Erwähnte. Dann ist auch schon Dirk neben mir und wir verlassen gemeinsam das Büro.
Kapitel 16
Eine halbe Stunde später betreten wir das Finito Asphalto. Dirk hält mir die Tür auf und spricht mit dem Kellner, der uns einen Tisch für zwei etwas abseits des Trubels zuweist.
Ich war noch nie hier, obwohl ich schon davon gehört habe, dass das ´Finito Asphalto´ einen Besuch wert ist.
„Waren Sie schon einmal hier?“, fragt mich Dirk, als ob er meine Gedanken gerade gelesen hätte, und ich verneine. „Das Essen ist fantastisch, genauso wie der Wein!“, sagt er.
„Ein Glas guten Rotweins wäre jetzt wirklich toll!“, sage ich und schaue zu dem Kellner, der uns zwei Speisekarten bringt. Dirk bestellt eine Flasche Rotwein und eine Flasche Wasser, wofür ich ihm dankbar bin. Dann fällt mein Blick auf die Speisekarte und ich fange an, sie zu studieren. Nach kurzer Inaugenscheinnahme schaue ich über die Speisekarte in meiner Hand zu meinem Begleiter und frage: „Können Sie mir etwas empfehlen? Das hört sich alles so wunderbar an!“
Er lächelt und sagt: „Es schmeckt auch alles wunderbar. Probieren Sie sich einfach durch die Speisekarte. Ich glaube nicht, dass Sie heute das letzte Mal hier sind!“ Dann zwinkert er mir zu.
Ich stecke meine Nase wieder in die Karte und lege sie nach einer gefühlten Ewigkeit weg, nachdem ich mich endlich entschieden habe. Dirk grinst mich immer noch an. Irgendwie verunsichert mich das. Normalerweise haben wir privat keine Überschneidungen. Wir sehen uns nur im Büro und reden über die Arbeit. Privates war bisher Nebensache, so dass ich damit gerade nicht umgehen kann. Ich fange also an, vor mich hinzuplappern: „Sie sind wohl oft hier?“
Bevor er mir antworten kann, kommt schon unser Kellner und serviert den Wein. Er fragt nach unseren Essenswünschen und nachdem wir ihm diese mitgeteilt haben, lässt er uns wieder allein.
Dirk nimmt sein Glas, prostet mir zu und sagt: „Ja, ich bin oft hier. Aber noch nie in so charmanter und hübscher Gesellschaft. Darauf trinke ich!“ Ich nehme ebenfalls mein Glas und proste ihm zu.
Bis zum Essen unterhalten wir uns über dies und das und langsam entspanne ich mich. Dirk erzählt mir Geschichten aus dem Studium und wie er und Tobias Kuhn, sein Partner in der Kanzlei, sich kennengelernt haben. Wahrscheinlich hat auch der wirklich gute Wein einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der langsam gelösten Stimmung.
Das Essen ist der Hammer. Einfach Wahnsinn. Und dabei habe ich nur Gnocchi al Antonio bestellt. Die Soße ist aber einfach fantastisch. Besser geht’s nicht. Ja, den Laden muss ich mir merken.
Nach dem Essen trinken wir noch unseren Wein, als Dirk plötzlich fragt: „Hätten Sie was dagegen, wenn wir uns duzen?“
Ich bin sprachlos. Wahrscheinlich stehe ich unter Schock und anscheinend sieht man mir das an, denn er ergänzt: „Wir arbeiten jetzt seit fünf Jahren zusammen. Sie sind quasi meine Rechte Hand und ich vertraue Ihnen mehr als sonst jemandem. Ich kenne Ihren Bruder Stefan seit einer halben Ewigkeit und wir haben uns früher auch schon gesehen. Ich