Elementa. Daniela Kappel

Elementa - Daniela Kappel


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sie sich gab.

      Nachdem sie gegessen hatten und Daria den Abwasch erledigt hatte, zog sie sich in das schäbige, enge Bad zurück, um sich bettfertig zu machen. Seufzend wühlte sie in der Kiste zu ihren Füßen nach ihrer Bürste, dem Zahnputzzeug und dem Duschgel.

      Als sie alles beisammen hatte, stellte sie das Wasser in der Dusche so heiß wie möglich und schlüpfte aus ihren Sachen. Die Hitze des dampfenden Wassers breitete sich allmählich in ihrem Körper aus und sie begann sich zu entspannen. Der Umzugsstress der letzten Tage fiel nach und nach von ihr ab und ihre Verspannungen im Nacken lösten sich, was auch den Kopfschmerz endlich dämpfte.

      Viel zu schnell war das warme Wasser aufgebraucht und so wusch Daria sich in Windeseile, um dem kalten Schauer zu entgehen.

      Mit einem kratzigen Handtuch umhüllt stellte sie sich vor den Spiegel, den sie erst einmal vom Dampfschleier befreien musste, um darin etwas sehen zu können. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und gelegentlichem Quieken entwirrte sie das Haargummi aus ihren Locken und fächerte die Mähne über ihren Schultern auf, um sich daran zu machen, sie zu frisieren. Keine leichte Aufgabe bei ihren langen Strähnen, die sie eindeutig zu sehr vernachlässigte.

      Wenn ihre Haare frisch gewaschen und gekämmt waren, ergossen sich die blonden Locken wie ein Wasserfall über ihren Rücken und glänzten im Sonnenlicht schillernd wie das Perlmutt im Inneren einer Muschel. Doch da sie weder das Geld für teure Haarkuren noch die Muse oder Fähigkeit hatte, sich ihre Haare zu einer geeigneten Frisur zu formen, hingen sie meist schlapp und leblos von ihrem Kopf.

      Früher hatte ihre Mutter ihr immer kunstvolle Zöpfe geflochten und diese geschickt hochgesteckt. Da ihre Mutter aber viel zu früh gestorben war, hatte sie nie Gelegenheit gehabt, Daria das Flechten beizubringen.

      Endlich war sie damit fertig, die Knoten aus ihrem Haar zu bürsten, und massierte sich die Hand, da diese schon krampfte.

      Nachdem sie sich noch die Zähne geputzt und ihren Schlafanzug angezogen hatte, kuschelte sie sich in die Laken und versuchte, ihren müden Geist zum Schlafen zu bewegen.

      Noch ein Tag Wochenende, dann würde sie sich am Montag in der hiesigen Schule einschreiben lassen. Zumindest für die nächsten paar Wochen war der Trubel des Umzugs wieder überstanden.

      Mit einem tiefen Seufzen drehte sie sich ein letztes Mal um und schloss ihre Augen. Kaum hatte sie in den Schlaf gefunden, wurde sie unsanft geweckt. Ein leises Klopfen ließ sie aufschrecken und im Bett hochfahren. Eine schwache Frauenstimme rief den Namen ihres Vaters, immer und immer wieder. Daria realisierte langsam, dass das stetige Klopfen von der Eingangstüre her rührte, und die Stimme der Vermieterin gehörte.

      Was wollte sie um diese Uhrzeit nur? Es musste weit nach elf sein.

      Zu dem nun forscher werdenden Klopfen mischte sich ein röchelndes Schnarchen. Ihr Vater ließ sich offenbar nicht so leicht wecken. Daria rappelte sich auf und schlurfte träge ins Wohnzimmer, wo ihr Vater sein Nachtlager aufgeschlagen hatte. Bei jedem Klopfen zuckte er im Schlaf, wach wurde er davon aber nicht.

      „Papa! Papa, da ist jemand an der Tür!“ Daria packte ihren Vater am großen Zeh und rüttelte kräftig daran, um ihn schnellstmöglich wach zu bekommen.

      Langsam regte er sich. „Was? Was ist denn, mein Liebes?“, fragte er noch völlig verschlafen und rieb sich die Nase.

      „Die Vermieterin steht vor der Tür und ruft nach dir! Hast du die Anzahlung schon erledigt?“ Darias Stimme klang vorwurfsvoll, denn sie hatte keine Lust, morgen gleich wieder vor die Türe gesetzt zu werden.

      „Was? Ja, hab ich doch.“ Jetzt öffnete er endlich die Augen und stand auf, um zur Tür zu gehen.

      Daria war in ihr Zimmer zurückgegangen, hatte aber die Türe nur angelehnt, um mitzubekommen, was die Vermieterin ihrem Vater zu sagen hatte.

      „Herr Hellar, entschuldigen Sie bitte die späte Störung, aber ich habe ein Ferngespräch für Sie. Ein Mann wartet in der Leitung. Er meinte, es sei von größter Bedeutung, dass Sie heute noch mit ihm reden“, berichtete sie kurz und knapp und fügte dann noch mürrisch hinzu: „Das Telefon hat übrigens auch mich aus dem Bett geholt. Ich würde Sie bitten, diesem Mann zu sagen, er soll nur mehr tagsüber hier anrufen!“ Damit drehte sie sich um und ging in ihre Wohnung nebenan, um dort auf Darias Vater zu warten.

      Dieser schlüpfte unbeholfen in seine Schuhe, warf sich eilig seine Jacke über den Schlafanzug und folgte der Vermieterin. Daria blieb mit einem Fragezeichen im Kopf zurück. Wer zur Hölle rief ihren Vater an? Wer wusste, dass sie hier waren, und was war so eilig, dass es mitten in der Nacht besprochen werden musste?

      Kurz war sie versucht, ebenfalls nach nebenan zu gehen, verkniff es sich dann doch und wartete ungeduldig auf die Rückkehr ihres Vaters.

      Während er die paar Meter bis zur Wohnung der Vermieterin zurücklegte, fragte sich Erik fieberhaft, wer ihn hier anrufen könnte. Es gab niemanden mehr in seinem Leben außer Daria. Keine Großeltern, Geschwister oder Freunde.

      Als er den Hörer abnahm, war ihm leicht mulmig zumute. Skeptisch meldete er sich mit einem zaghaften: „Ja?“ Sein Herz pochte laut vor Aufregung und er hoffte, dass man es nicht durch das Telefon hören konnte.

      „Hallo? Spreche ich mit Erik Hellar?“, fragte eine tiefe Männerstimme am anderen Ende der Leitung.

      Erik räusperte sich und gab sein Bestes, mit fester und sicher klingender Stimme zu antworten. „Ja, hier ist Erik Hellar“, wiederholte er seinen Namen.

      „Herr Hellar!“, begann der Mann und Erik meinte, Euphorie in seiner Stimme mitschwingen zu hören. „Als Erstes muss ich mich dafür entschuldigen, Sie zu so später Stunde zu belästigen. Es ist nur so, dass ich eben erst von einer Geschäftsreise zurückgekehrt bin, mein Anliegen an Sie jedoch keinen weiteren Aufschub duldet. Außerdem bitte ich Sie, mich zur Gänze anzuhören, bevor Sie eine Entscheidung treffen! Habe ich Ihr Wort?“, wollte der Mann wissen.

      Erik runzelte angestrengt die Stirn und kratzte sich lautlos am Ohr.

      Welche Entscheidung sollte er treffen?

      Nach einer kurzen Pause, die der Mann geduldig abwartete, entschied Erik, es darauf ankommen zu lassen. „Ja, ich werde mir alles anhören, was Sie mir zu sagen haben“, erwiderte er unsicher. Die Muskeln in seinem Gesicht arbeiteten unentwegt, als würden sie die Spannung, welche sich in ihm aufgebaut hatte, zermahlen wollen.

      „Mein Name ist Alarik Terres“, stellte sich der Unbekannte vor. „Ich bin wie Sie und Ihre Tochter ein Elementträger.“

      Vor Schreck ließ Erik beinahe den Hörer fallen.

      Wer war dieser Mann und was wollte er bloß von ihnen?

      Er zog scharf die Luft ein und wollte bereits etwas sagen, als Alarik ihm zuvorkam: „Bitte, Herr Hellar, Sie brauchen sich nicht aufzuregen, ich bitte Sie noch einmal, mich anzuhören.“

      Erik schluckte geräuschvoll, blieb aber ansonsten stumm und lauschte aufgewühlt den weiteren Worten Alariks.

      „Vor knapp zwei Jahren haben Sie eine Bewerbung an das Wasserkraftwerk am Grenzer See geschickt. Nun, ich bin mittlerweile Teilhaber dieser Firma und Personalumstrukturierungen haben zur Folge, dass wir einen Posten neu besetzen müssen. Diese spezielle Stelle kann nur jemand mit Ihren Fähigkeiten …“, er betonte das Wort und beinahe konnte Erik ein Augenzwinkern erahnen, „… besetzen. Bitte seien Sie nicht skeptisch mir gegenüber. Mir liegt das Unternehmen sehr am Herzen, daher suche ich meine Mitarbeiter gewissenhaft aus und bin der Überzeugung, dass nur Sie diese Arbeit zu meiner Zufriedenheit erledigen können!“

      Erik schwirrte der Kopf, doch Alarik war noch nicht fertig.

      „Abgesehen davon, dass dieser anspruchsvolle und für Sie sicherlich interessante Job ein stattliches Einkommen bringt, kann ich Ihnen viele weitere Vergünstigungen bieten. Ihnen und Ihrer Tochter. Daria, nicht wahr?“ Alarik stellte diese Frage, obwohl er die Antwort darauf mit Sicherheit wusste, und wartete


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