Wir kamen mit der Mayflower. S.C. Bauer

Wir kamen mit der Mayflower - S.C. Bauer


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Rei­se zu unter­stüt­zen. Da­von hat wie­de­rum die Lon­don Com­pa­ny er­fah­ren und Tho­mas Wes­ton ins Spiel ge­bracht.

      Wes­ton ist ein aal­glat­ter Eisen­händ­ler aus Lon­don, der nur sei­nen Pro­fit im Sinn hat. Er wit­tert die Ge­le­gen­heit auf ein gu­tes Ge­schäft und ver­spricht, sich bei der Lon­don Com­pa­ny da­für ein­zu­set­zen, dass doch noch die Ur­kun­de so aus­ge­stellt wird, dass wir in ganz Neu­eng­land sie­deln kön­nen. Zu­dem hat er an­ge­bo­ten, pri­va­te In­ves­to­ren für das Unter­neh­men zu ge­win­nen, und so ist es zur Grün­dung der Ge­sell­schaft der Kauf­leu­te ge­kom­men, die jetzt unse­re Rei­se fi­nan­ziert.

      Als der Früh­ling da ist, steigt in mir die Auf­re­gung we­gen der be­vor­ste­hen­den Rei­se. Eines Nach­mit­tags kommt Mr. Mar­tin mit Tho­mas Wes­ton zu uns. Mei­ne Mut­ter und ich dür­fen blei­ben und hö­ren was die Män­ner mit mei­nem Va­ter be­spre­chen. Mr. Wes­ton ist sehr auf­ge­bracht. Of­fen­bar gibt es Schwie­rig­kei­ten we­gen des Ver­tra­ges mit den Kauf­leu­ten.

      »Mr. Mul­lins, es ist ein Jam­mer. Ich war bei der Lon­don Com­pa­ny und konn­te er­wir­ken, dass ein wei­te­rer Punkt in das Land­pa­tent ein­ge­fügt wird, so­dass unse­re Sied­lungs­er­laub­nis für ganz Neu­eng­land gilt. Ich arbei­te noch da­ran, dass die Re­gie­rung die­ser Re­ge­lung zu­stimmt. Ich den­ke, wir krie­gen es durch. Aber es gibt Prob­le­me mit den Geld­ge­bern der Mer­chant Com­pa­ny. Sie mur­ren weil sich die Kos­ten der Rei­se bis­her auf fast 7000 Pfund be­lau­fen. We­gen der ho­hen Sum­me, die das Unter­neh­men ver­schlingt, woll­ten ei­ni­ge schon ab­sprin­gen. Ich muss­te Zu­ge­ständ­nis­se ma­chen, da­mit sie wei­ter­hin ihr Ka­pi­tal in die Rei­se ste­cken. Es gibt jetzt eine Be­din­gung die ver­langt, dass al­le Sied­ler bis zur Be­glei­chung der Schul­den täg­lich arbei­ten müs­sen, um die In­ves­ti­tion mit Pro­fit zu­rück­zu­zah­len. Die ur­sprüng­li­che Be­din­gung, dass an zwei Ta­gen der Wo­che für eige­ne Er­trä­ge ge­wirt­schaf­tet wer­den kann, wur­de aus dem Ver­trag ge­stri­chen. Wie soll ich das den Leu­ten aus Lei­den bei­brin­gen? Sie wer­den da­mit nicht ein­ver­stan­den sein«, klagt Mr. Wes­ton.

      Mir er­scheint die neue Klau­sel un­an­nehm­bar. Es be­deu­tet, dass wir uns al­le jah­re­lang ab­schuf­ten müs­sen, um unse­re Schul­den bei den Kauf­leu­ten zu be­glei­chen und kein eige­nes Ver­mö­gen auf­bau­en kön­nen. Mein Va­ter wirkt ge­nau­so ir­ri­tiert wie ich. »Ver­zeiht mir Mr. Wes­ton, aber auch ich fin­de, dass die ge­än­der­ten Be­din­gun­gen eine Zu­mu­tung sind. Ich wer­de so auch nicht unter­schrei­ben.«

      Mr. Wes­ton kriegt einen hoch­ro­ten Kopf und ich se­he, wie ihm eine Ader an der Stirn an­schwillt vor Zorn. »Macht es bes­ser Mr. Mul­lins, wenn ihr könnt. Ich bin nicht im­stan­de die Geld­ge­ber um­zu­stim­men. Sie blei­ben bei ihren For­de­run­gen.«

      Ich he­ge heim­lich den Ver­dacht, dass Tho­mas Wes­ton die neu­en Be­din­gun­gen gut heißt. Im­mer­hin hat er selbst sein Ka­pi­tal in die Unter­neh­mung ge­steckt und ist einer der füh­ren­den Per­so­nen der Ge­sell­schaft der Kauf­leu­te.

      Mein Va­ter setzt zu einer schar­fen Er­wi­de­rung an, doch Mr. Mar­tin be­eilt sich zu be­schwich­ti­gen: »Aber bit­te mei­ne Her­ren! Wir sind doch Gent­le­men. Ge­wiss wer­den wir eine Lö­sung fin­den, die uns al­le zu­frie­den­stellt.«

      Sie fin­den sie nicht und ei­ni­gen sich schließ­lich da­rauf, vor­erst die ge­än­der­ten Be­din­gun­gen für sich zu be­hal­ten und Mr. Car­ver und Mr. Cush­man da­von nichts zu er­zäh­len.

      Ich ma­che mir Sor­gen, dass das Unter­fan­gen gänz­lich schei­tert. Mein Va­ter hat all sein Geld in das Unter­neh­men ge­steckt. Mr. Mar­tin, hat dop­pelt so viel, wie wir zu ver­lie­ren, da er noch viel mehr in­ves­tiert hat.

      Im Ap­ril sol­len wir ab­rei­sen. Mr. Bot­hell rech­net da­mit, dass wir unser Haus, das jetzt ihm ge­hört bis da­hin ver­las­sen. Mein Va­ter kommt nach einer wei­te­ren Unter­re­dung mit Mr. Wes­ton be­sorgt nach Hau­se. Er wei­gert sich, Ein­zel­hei­ten zu er­zäh­len, weil er uns nicht noch mehr be­un­ru­hi­gen will, aber es ist klar, dass sich unse­re Ab­rei­se wie­der ver­zö­gern wird.

      Mr. Bot­hell ist nicht er­freut, ver­län­gert aber die Frist, die wir noch im Haus blei­ben kön­nen.

      Mei­ne äl­tere Schwes­ter Sa­rah und mein Bru­der Wil­liam, aus der Ehe mei­nes Va­ters mit sei­ner ers­ten Frau, kom­men uns be­su­chen. Es ist ein schmerz­li­cher Tag, denn kei­ner weiß, ob wir uns je wie­der­se­hen. Mein Va­ter ist be­drückt und ich wei­ne heim­lich im Stall in das Fell einer Zie­ge. Sie hält ganz still und ich füh­le mich et­was ge­trös­tet.

      Der Som­mer steht nun vor der Tür und wir sind im­mer noch da. Mr. Bot­hell´s Ge­duld wird dünn und er setzt uns eine letz­te Frist, zu der wir das Haus ver­las­sen müs­sen.

      Mein Va­ter ist sehr an­ge­spannt und mei­ne Mut­ter wird im­mer stil­ler. Mr. Cus­ham, kommt er­neut mit Mr. Car­ver aus Hol­land, um die Rei­se­vor­be­rei­tun­gen für die Lei­de­ner Grup­pe ab­zu­wi­ckeln. Mitt­ler­wei­le wis­sen die bei­den Agen­ten der Lei­de­ner Grup­pe von dem ge­än­der­ten Ver­trag und wei­gern sich wie er­war­tet, ihn zu unter­schrei­ben. Sie ver­su­chen, Mr. Wes­ton und die Lon­do­ner Kauf­leu­ten um­zu­stim­men, aber die Ver­hand­lun­gen schei­tern.

      An­fang Ju­li er­fah­ren wir von Mr. Mar­tin, dass es nun doch los­geht, ob­wohl es noch im­mer kei­ne Ei­ni­gung we­gen des Ver­tra­ges gibt. Wir sind er­leich­tert und hof­fen, dass nun die Ab­rei­se wirk­lich be­vor­steht.

      Mein Va­ter fährt vo­raus nach Lon­don, mit mei­nem Bru­der Jo­seph und Ro­bert Car­ter. Ro­bert ist der Lehr­ling mei­nes Va­ters und wird uns in die Neue Welt be­glei­ten. Ich kann ihn nicht be­son­ders gut lei­den, weil er mir gegen­über im­mer ziem­lich schnip­pisch ist. So­bald mein Va­ter je­doch in der Nä­he ist, be­han­delt er mich mit heuch­le­ri­scher Freund­lich­keit.

      Mit zwei Fuhr­wer­ken bringt mein Va­ter unser ge­sam­tes Fracht­gut nach Lon­don zu dem Schiff. Das zwei­te Fuhr­werk fährt Ro­bert Car­ter.

      Mei­ne Mut­ter und ich fol­gen ei­ni­ge Ta­ge spä­ter nach. Ein Cou­sin von mir, Pe­ter Brow­ne, den ich bis da­hin nicht ken­nen­ge­lernt ha­be, wird uns eben­falls auf unse­rer Rei­se be­glei­ten. Er bringt sei­ne rie­si­ge Mas­tiff-Hün­din Bir­die mit. Sie leckt mir die Hand und lässt sich von mir strei­cheln.

      Pe­ter lacht. »Nun klei­ne Cou­si­ne, Bir­die scheint dich zu mö­gen«. Er um­armt mich herz­lich, was ihm einen stra­fen­den Blick mei­ner Mut­ter ein­trägt.

      Pe­ter ist We­ber von Be­ruf und nur ein paar Jah­re äl­ter als ich. Er will, so­bald er ein Haus und einen Stall hat, Scha­fe aus Eng­land in die Ko­lo­nien brin­gen. »Du wirst se­hen Pri­scil­la, wir wer­den die bes­te Wol­le aus ihren Fel­len ma­chen, und wun­der­bar wei­che Stof­fe da­raus we­ben«, ver­traut er mir an. Sei­ne brau­nen Au­gen zwin­kern mir leb­haft zu. Ich mag ihn so­fort.

      Wir ha­ben noch im­mer eine Men­ge Ge­päck, es sind unse­re per­sön­li­chen Sa­chen, die wir wäh­rend der Rei­se brau­chen und Pe­ter hilft uns, sie im Wa­gen zu ver­stau­en.

      Als der Wa­gen los­fährt, schaue ich mich noch ein­mal um. Ich muss blin­zeln, da­mit ich nicht wei­ne, als ich das letz­te Mal das Haus se­he, in dem ich auf­ge­wach­sen bin.

      Mei­ne Mut­ter stupst mich in die Sei­te und sieht mich vor­wurfs­voll


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