Wir kamen mit der Mayflower. S.C. Bauer
und ich sind sofort begierig darauf, mehr zu erfahren über die Separatisten aus Holland und vor allem über die geheime Mission, über die John Goodman nicht reden will.
»Jetzt komm schon, wir verraten es auch keinem«, drängt Peter ihn, sein Geheimnis preiszugeben, als wir einen Spaziergang mit den Hunden machen.
Goodmans Lächeln verschwindet und er setzt eine verschlossene Miene auf. »Ich werde bestimmt nichts sagen. Diese Angelegenheit ist gefährlich für jeden, der davon weiß.«
Damit macht er es nur noch spannender, aber er sieht nicht so aus, als würde er uns einweihen wollen.
»Gut, dann erzähle uns doch wenigstens etwas über die Leute aus Leiden, die mit uns zu den Kolonien fahren. Schließlich müssen wir mit ihnen leben, da wäre es gut, wenn wir wissen, was auf uns zukommt.« Meine Worte klingen wunderbar vernünftig.
John Goodman überlegt. Schließlich nickt er. »Warum nicht? Ein paar Dinge kann ich euch ruhig erzählen.
Peter wirft mir einen anerkennenden Blick zu und ich lächle selbstzufrieden.
»Die Gemeinde in Leiden wird angeführt von Pastor John Robinson. Ihre Mitglieder stammen ursprünglich aus England, wo sie wegen ihres Glaubens hart verfolgt wurden. Als sie erfuhren, dass zahlreiche Inhaftierte in London in den Gefängnissen verhungern, erschien ihnen Holland als passende Zuflucht, da es bekannt ist für seine liberale Regierung. So verließen sie England und siedelten sich in Leiden an. Viele von ihnen mussten bei ihrer Flucht aus England ihr Vermögen zurücklassen und verdingen sich jetzt in der Wollproduktion, in schlecht bezahlten Anstellungen«, erfahren wir von John.
»Trotz der harten Arbeit gefiel es ihnen bisher in Leiden gut, denn sie konnten ihren Glauben ungestört ausleben«, fährt John fort. »Aber jetzt läuft der Friedens-Vertrag zwischen Holland und dem katholischen Spanien aus und sie fürchten, dass die Holländer religiöse Zugeständnisse machen müssen an die Spanier. Dann wird es vorbei sein mit der Religionsfreiheit in Holland. Sie sind zudem nicht einverstanden, dass ihre Kinder sich an die freizügige Lebensweise der Holländer anpassen und ihren Eltern und deren Überzeugungen immer kritischer gegenüber stehen. So sind sie zu dem Entschluss gelangt, die gefährliche Reise in die Neue Welt zu wagen, um dort eine Kolonie nach ihren Grundsätzen und ihren religiösen Überzeugungen zu errichten.«
Für mich klingt das nach sehr vernünftigen Leuten, die umsichtig ihre Zukunft planen.
»Im Grunde sind sie nicht sehr verschieden von uns. Auch wir wollen in Frieden und Freiheit nach unseren Vorstellungen leben«, meint Peter und ich nicke zustimmend.
Am Tag unserer Abreise sind wir auf den Beinen, noch bevor die Sonne aufgeht. Wir bringen unsere restlichen Habseligkeiten, wie Kleidung, Kochgeschirr, Kamm, Schwämme und Bettzeug, an Bord. Es dauert einige Zeit, weil wir nicht die Einzigen sind, die ihren Kram verstauen und sich einen guten Platz auf dem Schiff suchen, um sich darin häuslich einzurichten.
Es herrscht geschäftiges Treiben rund um mich. Staunend sehe ich zu, wie die Seeleute ein in seine Einzelteile zerlegtes, riesiges Boot, mit dem man Segeln und Rudern kann auf das Schiff bringen. Es bleibt nicht die einzige wuchtige Fracht. Ächzend ziehen die Matrosen eine tonnenschwere metallene Schraube, über die Schiffsplanken. Es ist ein Jackscrew, eine Art Winde, mit der man schwere Lasten heben kann. Ich frage mich, wo sie das alles bloß verstauen wollen.
In den letzten beiden Tagen sind die Mitglieder unserer Gruppe aus England eingetroffen. Es sind Familien und alleinstehende Männer, die von den Kaufleuten angeworben wurden. Sie kommen aus London, Essex, Surrey, und einem guten Dutzend weiterer Grafschaften, und haben Kinder, Diener und jede Menge Gepäck bei sich. Die meisten von ihnen haben wie wir, all ihr Geld in das Unternehmen gesteckt.
Es scheinen rechtschaffene Leute zu sein. Da ist ein altes Ehepaar, die Rigsdales. Sie haben keine Kinder, aber ein junger Mann, Edmund Margesson scheint mit ihnen gut bekannt zu sein. Sie plaudern angeregt miteinander.
Ein weiterer junger Mann geht mit seiner hübschen brünetten Frau und einem Baby an Bord. Sie nicken mir zu und lächeln. Es sind Francis und Sarah Eaton, die in demselben Gasthof wie wir abgestiegen sind. Sie haben ihren kleinen Sohn Samuel dabei, der gerade mal ein halbes Jahr alt ist. Wir haben uns beim Abendessen in der Wirtsstube kennengelernt und Mr. Eaton hat uns erzählt, dass er Zimmermann von Beruf ist. Ich grüße freundlich zurück.
Ihnen folgen weitere Passagiere, die wir aus unserem Gasthof kennen. Richard Clarke, ein junger mittelloser Hafenarbeiter, der sich ein besseres Leben in der Neuen Welt erhofft.
Mr. Warren, ein Familienvater, der Frau und Kinder vorerst hier lässt, bis es in der neuen Heimat sicher für sie ist.
Richard Britteridge ein wortkarger Mann im besten Alter, der knapp erwähnt hat, alleinstehend zu sein.
Eine Familie die wir noch nicht kennen, weckt besonders mein Interesse. Die Frau ist nicht mehr ganz jung und guter Hoffnung. Ihr Bauch wölbt sich deutlich, die Schwangerschaft ist weit fortgeschritten. Sie ist groß, dunkelhaarig und attraktiv. Ein Mädchen im Alter meines Bruders Joseph und ein Junge, der etwas jünger zu sein scheint, drängen sich an ihrer Seite. Auf dem Arm trägt sie ein kleines Kind von 1-2 Jahren.
Ihr Mann ist gut aussehend auf eine etwas herbe Art und wirkt verwegen und energisch. Er lächelt viel und schüttelt eifrig Hände. Offenbar ist er mit einigen der Mitreisenden bekannt.
Plötzlich taucht meine Mutter neben mir auf. »Was stehst du hier so untätig herum und gaffst? Findest du dir keine Beschäftigung?«, fährt sie mich an. Sie wirkt gereizter als sonst und ich sehe hinter ihr den Grund der üblen Laune. Mrs. Martin. Ich schaue in ihre blasierte Miene und meine Mutter tut mir leid.
Mein Vater kommt mit Mr. Martin zu uns. Mr. Martins Blick fällt auf die Familie mit der schwangeren Frau. »Mrs. Hopkins, Elizabeth!« ruft er überschwänglich und winkt ihr mit ausgestrecktem Arm zu. Sie schaut in unsere Richtung und für einen kurzen Moment sehe ich, wie sich ihre Mundwinkel nach unten senken. Dann hat sie sich in der Gewalt und nickt Mr. Martin lächelnd zu.
Aufgeräumt wendet er sich an meinen Vater. »Kommt, mein Freund, ich mache euch mit den Hopkins bekannt. Stephen Hopkins braut das beste Bier in ganz England und hatte bis vor Kurzem eine gut besuchte Taverne hier im Hafen«. Mr. Martin zieht meinen Vater am Ärmel zu der Familie hin und wir Frauen folgen ihnen.
Mr. Hopkins begrüßt uns und Mrs. Hopkins lächelt uns freundlich zu. Sie schüttelt kühl Mrs. Martin die Hand und wendet