Geheimauftrag für Sax (1). H. Georgy

Geheimauftrag für Sax (1) - H. Georgy


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hatte sie beide aufgespürt. Gerade noch rechtzeitig, bevor das Gerät an die Kontaktleute des Konsortiums aus dem Irak ging, war es ihm gelungen, sie zu überzeugen, es für ihn zurück zu beschaffen.

      Er hatte ihr zunächst einfach mehr Geld angeboten, als für sie wohl andernfalls herausgesprungen wäre, und dann, naja, ihr noch einiges mehr versprochen, auf nicht finanzieller Ebene.

      Sie hatte daraufhin ihrem „Jetzt-Ex“ den Prototyp geklaut und zusammen waren sie und Freysing über den halben Balkan geflüchtet. Ein abenteuerlicher Weg, bei dem es zweimal energische Versuche gab, sie abzufangen und das Gerät zurückzubekommen.

      Bedauerlicherweise musste er dabei zwei Leute der Opposition in Notwehr umbringen, aber so war das nun mal. Keine Gewissensbisse! Schließlich hatte sie ihr Fluchtweg zuletzt nach Norditalien geführt, wo sie spät am Abend und müde in den Landgasthof eingekehrt waren, den Freysing von früheren Reisen her kannte. Vor allem, wenn diese eher privater Natur waren. Niemand würde sie hier so schnell finden, außer seiner eigenen Dienststelle.

      Nachdem Sie ihm vorhin gesagt hatte, dass sie den Prototyp nicht „für ein Dankeschön und einen Fick“ zurückgeben würde, war ihm allerdings klar geworden, dass sie wissen musste: Mit Geld hatte sie von ihm nicht zu rechnen. Und das wiederum musste ihr schon länger im Kopf herumgegangen sein.

       Jetzt galt es heraus zu finden, warum sie sich, unter diesen Umständen, nicht gleich, nachdem sie aus der Türkei draußen waren, oder spätestens in Italien, wieder von ihm getrennt hatte, sondern erst jetzt plötzlich davon laufen wollte.

      Gelegenheiten genug hätte es gegeben.

      „Du hast ja keine Ahnung, auf was du dich da einlässt!“ meinte sie mehr störrisch als warnend. „Die Leute, für die ich tätig bin, verstehen keinen Spaß. Die legen dich um, ohne vorher mit dir ins Bett zu gehen.“ Sie war in ihren markanten elsässischen Dialekt verfallen, wie immer, wenn sie aufgeregt war.

      „Das ist aber nicht die feine französische Art!“, entgegnete er und äffte dabei ein wenig ihren Stimmfall nach, weil er wusste, dass sie das ärgerte.

      „Deine Sprüche werden dir ausgehen, wenn sie mit dir Sachen machen, die man nicht als wahre Freude bezeichnen kann.“ Ihre Augen funkelten bei dem Gedanken daran, was man ihm wohl antun würde.

      „Du willst also nicht reden?“ fragte er nach.

      Sie bewegte einmal den Kopf zu einem schwachen „Nein“ hin und her und schwieg.

      „Okay. Ich mache dir jetzt ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.“ sagte er langsam und fügte dann hinzu: „Wenn wir morgen früh gleich aufbrechen, können wir in drei bis vier Stunden auf deutschem Boden sein. Die Behörden dort werden dich einkassieren. Industriespionage, Mordversuch. Da kommt einiges zusammen. Ich schätze so zehn Jahre bis lebenslänglich. Wenn du aus Moabit rauskommst, bist du nicht mehr ganz so hübsch, schätze ich.“

      „Was ist denn daran ein Angebot!“ keuchte sie entrüstet hervor und wusste dabei, dass sie sich niemals „einfach so“ durch Österreich hindurch schmuggeln lassen würde.

      „Geduld! Ich wollte dir nur kurz vor Augen führen, in welcher Situation du dich befindest. Wenn du mir die Informationen gibst, die ich haben will, dann kommst du mir auf dem Weg nach München abhanden. Kein Mensch wird Fragen stellen. Du hast mich eben überlistet.“

      „Und der Prototyp?“

      Er lächelte wieder.

      „In der Aktentasche befindet sich wohl nur ein umlackierter externer 4-86er Festplattenspeicher mit Dateien von stundenlangen Blauwal-Gesängen , und das dürfte für die Irakis ungefähr denselben Wert haben wie eine X-Box.“

      Sie machte ein etwas entgeistertes Gesicht.

      „Ja, ich habe das Teil bereits in Skopje ausgetauscht und meinem Kontakt dort übergeben, nachdem wir das erste Mal angegriffen worden waren!“ bestätigte er ihre Vermutung, er habe sie gelinkt.

      „Deinem Kontakt? Ich wüsste nicht, das die DEMTAG auf dem Balkan ein Werk hätte!“ sagte sie und erinnerte sich dunkel an einen Mann in einer Gaststätte in der mazedonischen Hauptstadt, mit dem Freysing gesprochen hatte. Ihr hatte er gesagt, es sei um den Fluchtweg gegangen, was auch bedingt stimmte.

      DEMTAG war das Kürzel für den Rüstungsbetrieb, für den Günter Freysing angeblich arbeitete, und für den auch Dr. Stahlmann tätig gewesen war: ´Deutsche Marine-Technik Aktiengesellschaft´.

      Aber sie war ja nicht auf den Kopf gefallen. „Du arbeitest gar nicht für die DEMTAG!“ stellte sie daher sogleich fest. Die Überraschung wirkte echt.

      „Ich arbeite, sagen wir, für eine Regierungsstelle, die es nicht so schön findet, wenn deutsches Kriegsgerät in Hände fällt, in denen es nichts zu suchen hat.“

      Sie lächelte sogleich ein wenig, fast schnippisch.

      „Und ich arbeite, sagen wir, für eine andere Regierungsstelle, die es nicht so schön findet, wenn ein deutscher Rüstungsbetrieb Pläne für den Bau von Kriegsgerät, die er zuvor einem anderen Land gestohlen hat, dazu verwendet, einen eigenen Prototyp für ein Marineverteidigungssystem zu bauen.“

      Günter Freysing runzelte die Augenbrauen.

      „Du meinst, die DEMTAG hat die Pläne für das System irgendwo gestohlen?“ hakte er etwas ungläubig nach.

      „Was dachtest du? Dass ein eher kleines mittelständisches Unternehmen trotz Wirtschaftskrise innerhalb von fünf, sechs Jahren zu einem führenden Rüstungsbetrieb in Westeuropa wird, mit Aktienkursen, die durch die Decke schießen, ohne das es nicht mit rechten Dingen zu geht?“

      Sie plauderte nun ungehemmt, nachdem sie in Freysing einen Gleichgesinnten sah und nicht mehr einen Mittelsmann des Werkes. Sie war natürlich an ihm drangeblieben, nachdem sie hoffte, von ihm mehr Informationen zu bekommen als von ihrem „Ex“ Stahlmann.

      „Deutschland ist eines der führenden Länder, wenn es um die Entwicklung von kleineren Kriegsschiffen oder U-Booten oder Technologie hierfür geht. Wir brauchen keine Technik zu stehlen, wir haben in diesem unserem Lande den Grips, selber welche zu erfinden!“ entgegnete er, wenig von ihrer Behauptung überzeugt.

      „Ja, wenn man die richtigen Köpfe im Unternehmen hat! Die DEMTAG hatte die nicht, und trotzdem ist es ein Senkrechtstarter geworden. Jemand hat ein Schweinegeld damit und mit anderen „Entwicklungen“ vorher verdient, und damit meine ich nicht nur die Leute, die bei der DEMTAG im Vorstand sitzen.“

      Günter Freysing nahm das Etui mit den „St. James´“ von der Nachtkommode, zog zwei Zigarillos heraus, steckte sie in den Mund und zündete sie beide mit dem Goldfeuerzeug an, das er zu seinem letzten runden Geburtstag geschenkt bekommen hatte, von Susanne Heydt, einer Frau, die ihm zu der Zeit sehr nahe gestanden hatte. Zu nahe, wie er inzwischen fast fand.

      Dann nahm er eine aus dem Mund und hielt sie dem „Mädchen“ hin, dass sie dankbar lächelnd entgegennahm. Der Tabak war ihr jetzt nicht mehr zu stark, wie sie unterwegs einmal vorgegeben hatte. Nach ein paar durchaus kräftigen Zügen auf Lunge sprach sie weiter.

      „Man hat mich auf Julius angesetzt. Ich bin seine Freundin geworden und habe ihn dazu gebracht, den Prototyp zu stehlen, um selber dann feststellen lassen zu können, wie viel von unseren Plänen da drin steckt. Zumindest dachte ich das, denn tatsächlich war er längst von dem Nahost-Konsortium angeworben worden. Ich wollte ihn schließlich kompromittieren, damit er mir Insider-informationen über die DEMTAG gibt. Leider ist der Schweinehund dann auf die Idee gekommen, mich sitzenzulassen, um die Sache alleine durch zu ziehen. Das, also den tatsächlichen Verkauf, konnte ich natürlich nicht zulassen.“

      „Und wer hat dich angesetzt?“ fragte er nochmals, obwohl er es beinahe schon ahnte. Sie zögerte auch nur noch einen Augenblick. Dann sagte sie mit fester Stimme:

      „Direction Générale de la Sécurité Extérieure – DGSE.

      „Französischer Geheimdienst!“ stellte Günter Freysing nickend fest.


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