Joayna. Victoria M. Castle

Joayna - Victoria M. Castle


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die Lippen, schloss erneut die Augen und ließ noch einmal die Stille um sie herum auf sich wirken, das leise Rauschen der Blätter.

      Sie lauschte auf den Wind, der durch die Baumkronen strich und begann erneut mit ihren Bewegungen.

      Diesmal glichen diese doch schon eher einem Kampf, als Lindsay recht schnell begann, einen Schlag mit der flachen Hand waagerecht nach vorne zu setzen und dabei einen Ausfallschritt nach vorne machte.

      Direkt drehte sie sich um ihre eigene Achse, schlug mit der linken Faust nach hinten, als hätte sie dort einen Gegner aus dem Hinterhalt erwischt und setzte ihre Rechte auf den unsichtbaren Gegner direkt hinterher.

      Sie duckte sich unter einem imaginären Angriff hinweg, als sie merkte, wie sich ihre Sinne schärften.

      Einen Moment hielt Lindsay mitten in ihren Bewegungen inne, schloss noch einmal die Augen und lauschte auf das leise Rauschen des Windes.

      Tief holte sie Luft, als sie sich mit einem Mal umdrehte, die Augen öffnete und ein Blatt entdeckte, welches der Wind soeben aus der Baumkrone gefegt hatte und langsam zu Boden segelte, nun jedoch in einer winzigen Flamme stand und einen Augenblick später gänzlich als Asche zu Boden fiel.

      Zufrieden lächelte Lindsay, als wäre es genau das gewesen, was sie gesucht hatte.

      Doch noch ehe sie hätte lange darüber triumphieren können, hörte sie hinter sich das leise Knacken eines am Boden liegenden Astes und sie wirbelte herum.

      Sofort sah sie ein violettes Licht vor sich erstrahlen, eine Silhouette, die eines Kriegers glich und mit dem Schwert nach ihr schlug.

      Rein im Reflex zuckte Lindsay zurück, ließ ihren Oberkörper so weit nach hinten beugen, dass sie gerade so der violett leuchtenden Klinge ausweichen konnte.

      Direkt holte der merkwürdige Gegner nach einem weiteren Schlag aus und Lindsay machte ein paar Schritte zurück, als sie in ihrer Hand ein eigenartiges Gefühl vernahm.

      Sofort blickte sie hinab und erkannte in ihrer Hand, dass ein violettes Leuchten auf ihrer Handfläche entstanden war, welches sich langsam ausbreitete und sich zu einem Schwert materialisierte, welches der Klinge des Gegners glich.

      Flüchtig zuckte ihr linker Mundwinkel, als sie direkt zu ihrem Gegner blickte und imstande war, den erneuten Angriff schnell genug zu parieren.

      Die seltsame Klinge in ihrer Hand fühlte sich hart und kalt an, wenn sie auch aussah, als wäre sie aus purem Licht geschaffen.

      Der Gegner vor ihr ließ ihr keine Chance über ihre Waffe nachzudenken, schlug mit unnatürlicher Geschwindigkeit auf sie ein und Lindsay hatte Mühe, in dem Tempo mitzuhalten.

      So konnte sie lediglich die meisten Schläge parieren, den anderen Ausweichen und war gezwungen, immer weiter rückwärts zu gehen, ehe sie an die Wand des Hauses stieß.

      Leise entwich ein Knurren ihren Lippen und sie suchte einen Ausweg aus ihrer Lage.

      Noch einmal parierte sie einen schnellen Schlag des Gegners, versuchte, diesen mit einem heftigen Stoß nach vorne zu bringen, und löste sich dadurch soweit von der Hauswand, dass sie ein Kribbeln in ihrem Rücken wahrnehmen konnte.

      Mit einem Mal zuckte sie zusammen, krümmte ihren Rücken und aus dem ledernen Stoff an ihrer Wirbelsäule brachen Knochen heraus, die sich zu Neuem formten.

      Im Reflex hatte Lindsay mit den Flügeln schlagen wollen, doch schaffte sie es lediglich, sich wenige Zentimeter vom Boden zu erheben und mit einem harten Aufprall wieder auf ihren Füßen zu landen, sodass es sie in die Knie trieb.

      Mit einem schnellen Blick sah Lindsay zu ihrem Rücken und erkannte die verkrümmten, zerfledderten Stummel an der Stelle, an der sie Flügel erwartet hatte.

      Das Blutrot der weichen Federn hing in gebrochenen Strähnen beinahe schon leblos herunter und ließen ihr den Atem anhalten.

       „Das ist nicht deine Welt“, sagte die tiefe Stimme und sie verschränkte langsam die Arme.

       „Dann sag mir, wo meine Welt ist. Bring mich hin. Leite mich. Führe mich“, erwiderte sie und trat mit jedem Satz immer näher an ihn heran.

       „Verdammt nochmal, das bist du mir nach allem schuldig!“, fügte sie hinzu und in ihren Augen blitzte etwas auf, welches sich in Gebrochenheit verlor.

       Er hatte seinen kalten Blick auf sie gerichtet, ließ die Armbrust in seiner Hand sinken und verdrehte die Augen, ehe er sich von ihr abwandte.

       Das war nicht das, was er geplant hatte.

       Er hatte sich nicht vor einigen Jahren dazu entschieden, das Kloster zu verlassen, um nun wieder bei ihr zu sein.

       Das passte nicht zusammen.

       Auch wenn seine primären Gründe andere gewesen waren, so war ein Teil von ihm auch gegangen, um ihr aus dem Weg zu gehen.

       Wie sollte er nach all dem, was seine Kindheit geprägt hatte, einem Dämonen in die Augen sehen, der seine eigene Schwester war?

       Langsam fuhr er sich durch die Haare, als sie noch immer auf eine Antwort von ihm wartete und die Ungeduld in ihm wuchs.

       Was sollte er ihr denn antworten?

       So sehr er das, was sie auch war, verabscheute, so sehr liebte er sie noch.

       Oder zumindest den Teil in ihr, der nichts mit all der Dunkelheit zu tun hatte.

       Ihre Worte hallten in seinem Kopf immer wieder.

       War er ihr das wirklich schuldig?

       Langsam schüttelte er den Kopf und wandte sich erneut zu ihr.

       „Knie nieder“, sagte er ihr in dunklem Tonfall und erwartete keinen Widerstand.

       Sie blickte ihm entgegen und holte tief Luft.

       Dieses starre Befehlen hatte er schon gehabt, als sie noch Kinder gewesen waren und damals hatte sie sich nie dagegen gewehrt.

       Er war ihr großer Bruder.

       Er traf immer die richtigen Entscheidungen, dessen war sie sich sicher, auch wenn sie das ein oder andere Mal Schwierigkeiten hatte, diese zu verstehen.

       Auch wenn sich etwas in ihr dagegen sträubte, zuckte sie leicht mit den Schultern und tat, wie ihr geheißen wurde, als sie vor ihm auf die Knie ging.

       „Breite deine Flügel aus“, befahl er und sie blickte ihm einen Moment überrascht entgegen.

       „Wie meinst du-?“, begann sie, doch er unterbrach sie direkt.

       „Das ist das, was einen Dämon ausmacht“, erwiderte er barsch, beinahe schon mit Abscheu in seiner Stimme.

       Sie zögerte, als sie jedoch sich auf das konzentrierte, was er von ihr verlangte.

       In ihrem Rücken kitzelte es und sie verkrümmte sich, als sich ein harter Knochen schmerzhaft aus ihrer Haut bohrte und zu großen, blutroten Flügeln erstrahlte.

       Jedes verdammte Mal schmerzte es, wenn ihre Flügel zum Vorschein kamen.

       Doch jedes Mal gaben sie ihr das Gefühl von Freiheit, von gnadenloser Grenzenlosigkeit.

       Gabriel ließ die Armbrust auf den Boden gleiten und wandte sich noch einmal von Lindsay ab, um zu einem Mann zu treten, der einige Meter von ihnen entfernt gestanden hatte.

       Es war einer der patrouillierenden Krieger um Tiéfwâas gewesen.

       Er streckte die Hand nach ihm aus und verlangte wortlos die kleine


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