Ssabena - Wilde Wege zum Seelenheil. Imme Demos

Ssabena - Wilde Wege zum Seelenheil - Imme Demos


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      Radshif brachte die Schlagzeugkoffer in das Hotel, kam nach kurzer Zeit wieder heraus, nahm das Kind auf den Arm, die Frau an die Hand und sagte: „Lass uns gehen.“

      Wie kam ein so hässlicher Kerl an so eine hübsche Frau? Und ein Kind hatte er auch schon. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

      Wir anderen saßen noch eine Weile beisammen, bevor wir den Rest von der Bühne räumten.

      Raffael verkündete mir: „Mittwoch sind wir im King Salomon, ich hole dich und Orit mit dem Van ab. Bye.“

      Orit und Aviel fuhren mit dem Taxi nach Hause, ich ging zum Strand, noch ein wenig die warme Luft genießen.

      Fantastisch, wie die Luft in der Nacht glühte. Ein anderes Klima als in Spanien oder Florida, Wüstenklima eben. So dermaßen trocken, dass man trotz Hitze nicht schwitzt.

      Noch lange saß ich am Strand und schaute auf das Rote Meer, bis ich mir ein Taxi nach Hause nahm.

      Tagsüber waren Orit und Aviel nicht da, Stunden um Stunden verbrachte ich am Strand. Endlich Licht und Wärme satt.

      Bei Orit fühlte ich mich bereits wie zu Hause.

      Doch nach einer Woche teilte sie mir mit, ich könne nicht mehr bei ihr wohnen.

      „Aviel fühlt sich nicht wohl und mein Vermieter sieht es auch nicht gern, du musst dir etwas anderes suchen. Ich werde dir helfen. Ruf doch mal bei Radshifs Frau an. Sie bekommt ein Baby und wird sich sicher freuen, jemanden im Haus zu haben, der ihr helfen kann. Außerdem wird sie deine Miete gut gebrauchen können. Ihr Name ist Peggy.“ Schon hatte sie den Telefonhörer in der Hand und wählte. Sie übergab mir das Telefon, noch bevor ich eine Frage stellen konnte.

      „Hallo Peggy, hier ist Marlisa, die neue Sängerin aus Deutschland. Wir haben uns im Hotel Neptun kurz gesehen.“

      „Hi“, kam es teilnahmslos zurück.

      „Bislang habe ich bei Orit gewohnt, aber das geht nicht mehr. Sie empfahl mir, dich zu fragen, ob ich mich bei dir einmieten kann?“

      „Das passt im Moment nicht. Es wird Radshif auch nicht gefallen. Tut mir leid, du wirst etwas anderes finden. Bye.“ Aufgelegt.

      „Das war keine gute Idee, wie bist du überhaupt darauf gekommen?“, wollte ich von Orit erfahren.

      „Ich habe gehört, dass Radshif mal wieder von zu Hause abgehauen ist, und da dachte ich, Peggy braucht bestimmt Unterstützung. Die beiden streiten sich viel und er verschwindet dann einfach, schläft am Strand. Das macht ihm nichts aus. Er ist Inder, weißt du, er war ein Junky, als er hier ankam. Ich glaube, er hat immer noch Probleme. Er ist ein bisschen verrückt, aber er ist der beste Schlagzeuger, den ich kenne.“

      „Und nun?“

      „Weiß ich auch nicht, ich werde mich umhören. Geh in die Stadt und hör dich um, irgendwo wird schon ein Zimmer frei sein, frag doch mal Sarah. Ich muss jetzt los, bye, Marlisa.“

      Etwas bedripst saß ich da. Na gut, mal sehen, wohin das Schicksal mich verschlägt.

      Frischen Mutes ging ich am nächsten Morgen in die Stadt, gönnte mir erst einmal ein schönes, großes Eis.

      „Weißt du zufällig, wo jemand ein Zimmer frei hat?“, fragte ich den Eisverkäufer.

      Er sprach kein Englisch, aber das Wort room war hier jedem bekannt. Lächelnd deutete er mir an zu warten, indem er seine Handfläche nach oben drehte, alle Finger an den Daumen legte und die Hand leicht auf und ab schüttelte, die typische Handbewegung der Israelis für ,Warte!’ Der Alte ging aus dem Laden und kam nach zwei Minuten zurück mit einem Mann im Schlepptau. Der sprach mich gleich auf Englisch an: „Du suchst ein Zimmer? Ich habe eins. Du kannst bei mir im Haus wohnen. Ich bin sein Schwager“, auf den Alten zeigend. „Komm heute Nachmittag, dann fahren wir hin, willst du noch ein Eis?“

      „Nein, vielen Dank. Wann heute Nachmittag?“

      „So um fünf.“

      Ich lief nach Hause meinen Rucksack packen.

      Punkt fünf war ich zurück. Der Alte lächelte erfreut. Seine braunen Zähne wurden sichtbar. Mit Selbstverständlichkeit drückte er mir ein Eis in die Hand und winkte ab, als ich bezahlen wollte.

      Über eine Stunde wartete ich, bis mein neuer Vermieter endlich auftauchte.

      „Komm!“, sagte er nur.

      Ich folgte ihm zum Parkplatz in einen teuren Wagen. Der Mann sah gut angezogen aus.

      In seinem Apartment, großzügig und ordentlich, führte er mich in eins der Zimmer. „Hier kannst du wohnen.“ Diskret verließ er den Raum.

      Er würde mir schon noch Bescheid geben, wie viel Miete er haben wollte.

      Eine gehäkelte Tagesdecke zierte das große Bett. Auf der Kommode glänzten mehrere Parfumflakons. Freudig begann ich meine Sachen auszupacken. Der Kleiderschrank war voller Damenwäsche. Plötzlich hörte ich im Flur eine Frauenstimme. Sie klang ziemlich aufgebracht. Der Mann verteidigte und erklärte. Sie wurde immer lauter. Meine Zimmertür ging auf, die Dame überschüttete mich mit einem hebräischen Wortschwall. Ich verstand zwar nichts, aber mir dämmerte, meine Anwesenheit war nicht erwünscht.

      Sie ging, er kam. „Entschuldigung, tut mir wirklich leid, aber du kannst hier nicht wohnen. Sie will es nicht. Komm mit, ich fahre dich zurück.“

      Na sowas! Ich weiß zwar nicht, ob die Dame seine Frau war oder seine Geliebte, noch ob sie überhaupt hier wohnt. Auf jeden Fall hatte sie zu sagen. Offensichtlich hat er sie nicht gefragt, ob sie damit einverstanden ist, dass er vorübergehend einen Gast bei sich aufnimmt. Wahrscheinlich waren die Sachen im Zimmer ihre.

      Ich packte wieder ein und fuhr mit dem Mann zurück zur Eisdiele. Er sprach kurz mit dem Alten. Der schenkte mir ein weiteres Lächeln und der Schwager erklärte: „Du kannst bei ihm wohnen, er nimmt dich nachher mit. Er heißt Nachum, er ist okay, tschau.“

      Geduldig wartete ich noch zwei Stunden, bis Nachum mir anzeigte, ihm zu folgen.

      Wir stiegen in einen klapperigen Lieferwagen und fuhren einige Häuserblocks weiter zu seiner Wohnung.

      Das Zimmer, in das er mich bat, war mit einem breiten Bett ausgestattet, einer Kommode und einem Kleiderschrank. Er machte eine einladende Handbewegung und neigte den Kopf. Aha, hier sollte ich also schlafen. Es roch etwas muffig und war nicht so sauber wie bei seinem Schwager, aber es war ein Schlafplatz.

      Nachum ging wieder.

      Das Alleinsein nutzte ich, um mir die Wohnstätte anzuschauen. Weder Tapeten noch Teppiche noch Gardinen. Die Wände weiß gestrichen, Fußböden gefliest. Kühlschrank mannshoch mit großem Gefrierfach, fast leer. Volle Mülltüte in der Ecke. Augenscheinlich gab es keine Frau in diesem Haushalt. Ich sann noch ein wenig vor mich hin und ging schlafen.

      Mitten in der Nacht wurde ich geweckt. Jemand stieg zu mir ins Bett. Es war Nachum. Erschrocken richtete ich mich auf.

      „Dis my bed“, sagte er und kümmerte sich nicht weiter um mich, drehte sich zur Seite und holte aus seinem Nachtschrank ein eigentümliches Gerät heraus, eine Art Pfeife. Eine gewöhnliche Halbliterflasche mit ein wenig Wasser drin, auf halber Höhe war ein Stück schwarzer Gummischlauch steil durchs Plastik gesteckt, oben ins offene Ende des Schlauches ein kleiner, eiserner Pfeifenkopf reingedrückt, mit Tesafilm befestigt und abgedichtet. Aus der Schublade nahm er ein zusammengeknülltes Stück Papier, das er auf seinem Bauch behutsam auseinanderfaltete. Von dem Tabak darin stopfte er eine geringe Menge, die zwischen Daumen und Zeigefinger passt, in den Pfeifenkopf. Mit einem Feuerzeug in der Rechten setzte er die Flasche schräg an den Mund, zündete den Tabak an und sog währenddessen tief ein, so dass der Tabak erst langsam anbrannte, bis er glühte, um dann als Asche mit einem ffffffopp durch den Schlauch ins Wasser zu fallen. Den Rauch behielt er eine Weile in seinen Lungen, bevor er ihn mit einem kräftigen Stoß in die Luft blies wie eine Dampflokomotive. Er hustete fürchterlich. Nachdem


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