Im Schatten des Waldes. Barbara Kuhn
1 Veränderung
Kapitel 2 Das Urteil
Kapitel 3 Flucht
Kapitel 4 Gefallener Engel
Kapitel 5 Sonnenschein der Nacht
Kapitel 6 Feuer und Wasser
Kapitel 7 Erwachen
Kapitel 8 Pfeil der Erkenntnis
Kapitel 9 Enthüllung
Kapitel 10 Ins rechte Licht
Kapitel 11 Aus anderer Sicht
Kapitel 12 Überfall
Kapitel 13 Geständnis
Kapitel 14 Aufbruch
Kapitel 15 Verkauft
Kapitel 16 Die Jagd beginnt
Kapitel 17 Morgenröte
Kapitel 18 Hochebene
Kapitel 19 Abgrund
Kapitel 20 Der Fluch
Kapitel 21 Hoffnung stirbt zuletzt
Kapitel 22 Die Stimme
Kapitel 23 Entscheidung
Kapitel 24 Macht der Zuversicht
Kapitel 25 Blick nach vorn
Kapitel 26 Freund oder Feind
Kapitel 27 Verzweiflung
Kapitel 28 Kränkung
Leseprobe: Teil zwei
Danksagung / Weitere Bücher
Autorin
Impressum
Prolog
Wir schreiben das 12. Jahrhundert in England, genau genommen das Jahr 1189 in der Grafschaft Dudley, die zwischen Wolverhampton und Birmingham liegt. Hier lebt Lillian, die einzige Tochter von Lord Anthony Anselm von Dudley. Sie ist mit ihren sechszehn Jahren eine überaus energische, junge Frau. Ihr ist die festgelegten Standesgesellschaften zuwider, auch wenn sie eine bessergestellte junge Maid ist. Für sie gibt es keine Adligen die frei sowie Bauern die unfrei ohne jegliches Rechte sind. Mensch bleibt Mensch!
In ihren Augen sind alle Menschen gleich, so sollten diese auch behandelt werden, was natürlich erheblichen Widerstand in ihrem Leben hervorruft. Besonders verhasst sind ihr die Adligen, die immer wieder den niedrigen Stand ausbeuten sowie foltern. Hauptsächlich ein gewisser Sir Gundsrad von Hereford. Ein junger, arroganter, reicher Adliger, der aus Zeitvertreib die Niedrigen lediglich zum Spaß quält.
Irgendwann kann Lillian, alias Lucia, dies in keinster Weise mehr ertragen. Sie muss mit ansehen wie ein junger Bauernbursche beinahe zu Tode geschlagen wird. Außer sich vor Wut bewirft sie den arroganten Gundsrad von Hereford mit Äpfeln, sodass dieser von dem Burschen ablässt. Was natürlich keinesfalls ohne Folgen bleibt und das Schicksal nimmt seinen Lauf…
1. Veränderung
„Lucia, Euer Vater verlangt nach Euch! Kommt rasch! Legt unverzüglich dieses Gewand an, bevor der gnädige Herr Euch so erblickt.“ Meine Amme Brigitt kam sichtlich aufgeregt die große Steintreppe hinunter und hielt ein Stück Stoff mit rotsilberner Darmastspitze über ihrem Arm. Verwundert blickte ich sie an, ließ allerdings gleichzeitig meinen Bogen sinken.
Mein Vater erahnte keinesfalls, dass ich mir die Zeit mit Pfeil und Bogen vertrieb. Er war stattdessen der Meinung, dass meine gänzliche Aufmerksamkeit dem Erlernen des vornehmen Benehmens und dem Sticken galt. Würde er jedoch dieses erahnt, wie ich meine Zeit wahrhaftig verbrachte, hätte er mich sehr wahrscheinlich in den höchsten Turm, der auf dieser Burg existierte, einsperren.
Im 12ten Jahrhundert, genau genommen im Jahre 1189 zurzeit König Richard I, war dieses Verhalten keinesfalls geduldet. Die Tochter von Sir Anthony Anselm von Dudley sollte in keinster Weise über diese Art der Dinge nachdenken. Mit Widerwillen nahm ich dieses Denken täglich wahr. Selbst das vornehme Gehabe der Adligen verabscheute ich abgrundtief. Lediglich meine Amme Brigitt sowie mein bester Freund Raven, dies war der Sohn von meines Vaters Schmied, waren die Einzigen die in mein Geheimnis eingeweiht waren.
Bevor ich etwas erwidern konnte stand Brigitt völlig außer Atem, mit weit aufgerissenen Augen, neben mir. Sie nahm mir den Bogen aus der Hand, reichte diesen Raven und zog mir unbeeindruckt von meiner Miene, das Gewand über den Kopf. Schließlich nahm sie eilig einen mit Silber verzierten Gürtel, verschloss diesen und schob mich in Richtung Treppe.
„Rasch Lucia. Euer Vater ist außer sich vor Wut. Er erwartet Euch im großen Saal. Allerdings ist er keineswegs allein.“ Verwirrt blickte ich sie an, jedoch war ich mir gänzlich keiner Schuld bewusst. Wieso war mein Vater so erzürnt?
„Lillian!!!“ Unwillkürlich zuckte ich zusammen, alsdann ich die energische Stimme meines Vaters vernahm. Ich eilte die Steintreppe hinauf, durch den langen Korridor in Richtung großen Saal. Wo jetzig mein Vater auf mich wartete. Brigitt blieb am Ende des Ganges stehen, mir war diesbezüglich bewusst, dass ich allein gehen musste. Mitunter war es den Bediensteten, wie ihr, untersagt die Herrschaften grundlos zu stören.
Natürlich hatte ich hingegen meine eigenen Verpflichtungen. Die Tochter von Lord Anthony Anselm von Dudley und Lady Aethal Juna Lucia von Dudley musste selbstverständlich den Adel repräsentieren. Da meine ehrenwerte Mutter im Kindbett starb, hatte ich diesbezüglich ihre Pflichten übernommen. Was mich keinesfalls sonderlich erfreute.
Brigitt war einst die Kammerzofe meiner Mutter sowie ungeachtet ihres Standes, eine gute Gefährtin ihrer Herrin gewesen. Manchmal erzählte sie mir wundervolle Dinge über meine Mutter: Über ihre Großzügigkeit… die Standhaftigkeit sowie ihrer Herzensgüte. Sie hatte anscheinend wunderbares, rotbraunes, langes Haar und eine elfenbeinfarbene reine Haut.
Sie ward keinesfalls sonderlich groß, vielleicht ein Meter fünfzig. Dieses konnte ich an ihren verbleibenden Kleidern erkennen. Allerdings soll ihr Lachen atemberaubend gewesen sein. Selbst wenn ich meine Mutter niemals gekannt hatte, vermisste ich sie.
Mein Vater war so gänzlich grundverschieden als meine Mutter. Wahrscheinlich hatte er ihren Verlust niemals wahrhaftig überwunden. Auf dem Sterbebett musste er meiner Mutter ein Versprechen geben. Ihre Tochter, demzufolge ich, sollte erst am Anfang ihres siebzehnten Lebensjahrs vermählt werden. Was mich ehrlich gesagt verwunderte, da die meisten adligen Edelfräuleins bereits mit vierzehn Jahren versprochen oder vermählt wurden. Was sie tatsächlich zu diesem Wunsch bewogen hatte, blieb mir allerdings für immer ein Rätsel. Selbst Brigitt konnte mir dies keineswegs beantworten.
Wie oft erblickte ich meinen Vater gedankenverloren vor dem Gemälde meiner Mutter. In der Tat hätte er gelegentlich einen Rat von ihr benötigt, bei dem Umgang und Bestrafung seiner sechszehn Jahre alten Tochter. Mein Vater war überaus gewissenhafter und strenger Mann, dennoch hatte er ein gutes Herz. Falls er allerdings etwas beschlossen hatte, existierte lediglich dieser eine Weg, ohne Wenn und Aber. Was unter Umständen keinesfalls immer in meinem Sinne war.
Wenn er diesbezüglich augenblicklich im großen Saal auf mich wartete, konnte dies kein gutes Zeichen sein. Darüber hinaus mit der Betonung keinesfalls allein, war gänzlich überaus fragwürdig. Ich konnte nur hoffen, dass ihm niemand etwas über meine wahren Lehrmethoden berichtet hatte. Zum