Im Schatten des Waldes. Barbara Kuhn

Im Schatten des Waldes - Barbara Kuhn


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verbrachte ich die meiste Zeit mit dem Sohn eines Schmieds. Dies war wahrhaftig auch das Einzige was mein Vater mir jemals zubilligte.

      Raven würde mir gegenwärtig ebenfalls beistehen, unerheblich welche Strafe mein Vater für mich aussprechen würde. Dies wusste ich in meinem tiefsten Inneren sehr genau. Raven würde zu mir stehen und dies beruhigte mich in gewisser Weise.

      Langsam öffnete ich die Tür zu meinen Gemächern und schaute ihn aufgelöst an. Mit einem schweren Seufzer trat ich in meine Kammer, worauf er mir gemächlich folgte. Brigitt meine Amme wartete bereits aufgeregt in meinen Gemächern. Ich drehte mich zu Raven und blickte ihn mehr als verzweifelt an.

      „Raven erinnerst du dich, wie wir - genau genommen ich, Sir Gundsrad mit den Äpfeln beworfen habe?!“ Zustimmend nickte er und wartete schweigend.

       „Er hat sich wahrhaftig bei meinem Vater beklagt, ich hätte dies aus purer Absicht getan.“ Ein wenig empört blickte ich ihn an.

      „War dies denn keinesfalls so, Lucia?“, meinte Raven sichtlich amüsiert.

      „Gewiss… wahrhaftig… in der Tat. Allerdings dieser eingebildete, arrogante, aufgeblasene Gockelhahn… schlägt den armen Bauernburschen beinahe tot und belustigt sich allenfalls dabei. Am liebsten würde ich ihm einen ganzen Korb mit Äpfeln an seinen adligen Kopf werfen. - Er hat eine angemessene Bestrafung meiner Wenigkeit gefordert! … Nun, was sich dieser Sir Gundsrad darunter wohl vorstellen mag, darüber möchte ich keinesfalls einmal nachdenken. Gundsrad hat mich außerdem mit seinen ekelhaften Fingern berührt. Mich schaudert es jetzig noch.“ Wiederum rieb ich aufgebracht über meine Hand sowie über den Unterarm. Inzwischen hatte ich das Gefühl, seine Finger hätten mich mit seinen Gräueltaten für immer beschmutzt.

      Verunsichert blickte ich zu Brigitt, atmete tief aus und fuhr fort: „Wenn ich dieses Gewand keinesfalls getragen hätte… sodann hätte ich wahrlich ohne Umstände von diesem Baum steigen können. Dieser Mistkäfer hätte mich gewiss keinesfalls bemerkt.“ Ich schaute zu Brigitt die mich erschrocken ansah und ihre Sprache wiedergefunden hatte.

      „Genau genommen, wenn Sir Gundsrad Euch in bäuerlichem Gewand überrascht hätte, wäret Ihr gewiss bereits tot. - Was denkt Ihr Euch eigentlich? Ihr wisst genau, dass dieses keinesfalls gestattet ist, als Adlige bäuerliche Gewänder zu tragen sowie dieses auch umgekehrt verboten wart. Er hätte Euch, gleichgültig wessen Tochter Ihr in diesem Augenblick seid, bestraft können. Wahrscheinlich hätte ihm dies großes Vergnügen bereitet. Mitunter ist Sir Gundsrad ein äußerst skrupelloser, anmaßender sowie grausamer Mann. - Lucia, Ihr müsst wahrhaftig äußerst vorsichtig bei diesem Mann sein.“ Brigitt blickte mich voller Sorge auf eine beunruhigende Weise an.

      „Hat Sir Gundsrad deinen Vater wissen lassen, was eine angemessene Bestrafung in seinen Augen wäre?“, fragte Raven jetzig neugierig. Allerdings konnte ich lediglich mit den Schultern zucken, gleichzeitig ging ich unruhig in meinen Gemächern auf und ab.

      „Nein, er kam keinesfalls einmal dazu. - Mein Vater hat ihm nachdrücklich mitgeteilt, dass dies seine Aufgabe wäre mich diesbezüglich zu tadeln. Natürlich war Sir Gundsrad darüber keineswegs sonderlich erfreut, ich meine…“

      ***

      „Hinaus! Verlasst augenblicklich die Gemächer meiner Tochter! - Raven dein Vater benötigt dich auf der Stelle in der Schmiede! - Brigitt, du hast gewiss noch andere Dinge zu verrichten…! Somit hinfort mit euch… sofort!“, herrisch blickte mein Vater beide an.

      „Ja, Herr!“, gehorsam verbeugten sich beide und eilten hinaus. Allerdings warfen Brigitt sowie Raven mir noch einen äußerst bemitleideten Blick zu, sodann verschwanden sie.

      „Vater ich…“

      „Schweigt!“, aufgebracht starrte er mich an.

      „Hast du eigentlich eine Vorstellung in welche furchtbare Lage du uns alle gebracht hast?“ Mein Vater schäumte regelrecht vor Wut und musterte mich überaus zornig. Stumm schüttelte ich den Kopf, zugleich schaute ich ihn mehr als verwirrt an.

      „Sir Gundsrad ist der Vetter des Beraters von König Johann. Falls dir dieses gänzlich entfallen ist. König Johann ist der Bruder von König Richard I. Damit kann Sir Gundsrad nach Belieben, wenn ihm wahrlich der Sinn danach steht, deinen Kopf fordern. - Was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht? Denkst du überhaupt an jegliche Folgen deines Tuns?“ Seine Stimme wurde immerfort lauter und ich zuckte sichtlich zusammen. Aufgebracht schritt mein Vater in meinen Gemächern auf und ab. Urplötzlich blieb er stehen und starrte mich wutschnaubend an.

      „Diesbezüglich habe ich keinerlei Wahl mehr, zumindest kann ich keinen anderen Ausweg erblicken! - Lillian, er will dich! Gundsrad will dich zu seinem angetrauten Weib!“ Seine Worte hallten im Raum, zugleich starrte ich ihn fassungslos an.

       Nein!! Dies konnte er doch keinesfalls zulassen… Gundsrad würde mich demütigen… oder vielleicht noch schlimmere Dinge mir zufügen. Als sein Weib müsste ich ihm die Stiefel lecken, wenn er dieses von mir verlangte. Wenn ich ihm keinesfalls gehorchen würde… könnte er mich einfach bestrafen sowie es dem gnädigen Herrn eben gefiel! … Er könnte mich foltern oder sogar einfach töten! Keiner… selbst mein Vater könnte und würde mir diesbezüglich zur Hilfe eilen. - Als sein Weib… wäre ich von seiner Gnade abhängig und so gut wie tot!

      Auf der Stelle spürte ich wie mir die Angst die Kehle zuschnürte und ich nach Luft rang. Bedächtig ging ich auf meinen Vater zu, gleichzeitig versuchte ich in seine Augen zu sehen. Ich musste ihn irgendwie in dieser Sache umstimmen, egal was es mich kosten würde.

      „Vater bitte… tut dies keinesfalls unbedacht. Ich bitte Euch inständig überdenkt diesen Wunsch. Habt Ihr nicht meiner werten Mutter versprochen diesbezüglich zu warten?“, flehend blickte ich ihn an, jedoch wandte er sein Gesicht von mir ab.

      „Lucia“, ich erschrak ein wenig. Dies wart das erste Mal das mein Vater diesen Namen in meiner Gegenwart benutzte. Überrascht sowie ungläubig schaute ich ihn an. Was hatte das alles zu bedeuten? Mein Vater stand geradewegs vor mir und atmete schwer aus.

      „Mein Kind ich weiß mit Sicherheit was ich deiner Mutter am Sterbebett versprochen habe. Jedoch habe ich keinerlei Wahl. - Gundsrad will die Ländereien, er will mehr Macht. Verstehst du dies? Mit dieser Heirat wäre es das Einfachste für ihn und keiner würde seine Absichten infrage stellen. - Du bist jung, gebildet und keinesfalls mittellos. Mit dieser Heirat hätte er mehr Einfluss auf die Lakaien und würde so König Johann irgendwann ins Auge fallen. Für Gundsrad bist du lediglich ein Mittel zum Zweck. Eine verzogene Adlige mit Ländereien, keinesfalls mehr.“

      Laut atmete ich aus, wobei ich meinen Vater entgeistert anstarrte. Jedoch ungeachtet meiner Miene sprach er weiter: „Wenn ich mich weigern sollte, sodann werden wir allesamt des Hochverrats angeklagt. Du weißt genau was dieses für uns alle wahrlich bedeutet.“ Prüfend betrachtete er mich, sodann räusperte er sich.

      Ich war wie versteinert, unfähig ein einziges Wort über meine Lippen zu bringen, geschweige denn ihn anzublicken. Schwermütig seufzte ich. Sir Gundsrad konnte uns alle ohne Ausnahme töten. War ich dafür wahrhaftig bereit? Nein, es sollte niemand wegen meiner Wenigkeit sein Leben verlieren. Dies würde ich niemals zulassen, selbst wenn ich die Hölle wahrhaftig betreten müsste.

      Hörbar atmete ich aus, gleichzeitig blickte ich meinen Vater an. „Wann? Wann soll die Vermählung stattfinden?“, fragte ich ihn beklommen. Mittlerweile starrte ich auf den hölzernen Fußboden in meiner Kammer und versuchte meine zitternden Finger irgendwie zu beruhigen.

      „Beim nächsten Vollmond“, erwiderte er kühl.

      „Nein!“, stammelte ich entsetzt. „Vater dies sind lediglich noch zehn Tagen… bitte! Vater bitte, gibt es denn keinerlei Hoffnung… keinen anderen Ausweg… keine andere Möglichkeit? Bitte… tut dies keinesfalls. - Wenn Ihr es wünscht, begebe ich mich augenblicklich ins Kloster. Auch wenn es mir schwerfallen würde. Bitte Vater… bitte.“ Inzwischen hatte ich mich auf die Knie fallengelassen und nahm hilfesuchend seine Hand.

      „Bitte


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